Schwarzwaldstrand
einer schmalen Gasse der historischen Villinger Innenstadt. »Giorgio «, rief er. »Du musst mir helfen!«
Giorgio war alles andere als begeistert, denn in wenigen Minuten würde das Abendgeschäft beginnen.
Von seiner Pizzeria aus nach Italien telefonieren wollte er schon gar nicht.
»Es dauert nur zehn Minuten! Komm bitte kurz mit«, bettelte Riesle.
Der Journalist blickte auf das gerahmte Poster der italienischen FuÃball-Nationalmannschaft, summte ungeduldig den Schlager von Toto Cutugno mit, der aus den kleinen Lautsprechern über der Theke kam, und beobachtete den kleinen grün-weiÃ-roten Ventilator.
Als er den Pizzeriabetreiber endlich in die nur einige Meter entfernt gelegene Redaktion bugsiert hatte, sträubte der sich noch immer. Dreimal hatte ihm der Journalist jetzt schon erklärt, dass er beim Bestatter in Jesolo anrufen müsse, um abzuklären, wie und wann die Leiche nach Deutschland kam.
Nachdem er mithilfe einer Ãbersetzungshomepage die Nummer von »Onoranze funebri Rossi«, Jesolo, ausfindig gemacht hatte, hatte Riesle es zunächst selbst versucht, doch derjenige, der in Italien das Telefon abnahm, war weder des Deutschen noch des Englischen mächtig gewesen. Folgerichtig musste ein waschechter Italiener ran.
Riesle wählte also kurzerhand die Nummer und drückte Giorgio den Hörer ans Ohr, aber der legte auf.
»Giorgio«, drohte Riesle. »Wenn du jetzt nicht mitmachst, bin ich die längste Zeit euer Gast gewesen. Und ich kenne einige Leute, die das genauso handhaben werden â¦Â«
Nach einer neuerlichen Instruktion wählte der Journalist erneut die italienische Nummer â und diesmal blieb Giorgio auch dran.
»Si. Si«, hörte er ihn kurz darauf sagen. Dann wieder: »Si.«
SchlieÃlich legte er auf.
»Und?«, fragte Riesle gespannt.
»Hm«, machte Giorgio.
Riesle schwante nichts Gutes.
Zu viel »si«, zu wenig Sonstiges.
»Hand aufs Herz: Wie gut kannst du überhaupt Italienisch?«, fragte er ihn schlieÃlich.
Giorgio schüttelte zaghaft den Kopf. »Nicht so ganz gut. Ich verstehe schon viel, aber mit dem Sprechen habe ich Probleme. Ich ⦠eigentlich heiÃe ich Arbin und bin Albaner. Aber bitte nichts verraten, sonst ist meine Pizzeria erledigt!«
Wortlos griff Riesle wieder zum Hörer, während Arbin bedröppelt neben ihm stand. Mit einer wilden Mischung aus deutschen, englischen und italienischen Brocken, die Winterhalter alle Ehre gemacht hätten, schaffte es der Redakteur schlieÃlich, sein Anliegen zu erklären.
Er sei von der Familie beauftragt, die Leiche nach Deutschland zu überführen, log er wieder. Und er müsse für die Akten wissen, was denn nun die Todesursache sei.
Das italienische Wort verstand er nicht, dafür aber etwas von »heat«. Offenbar blieben sie nach wie vor dabei, dass ein Gewaltverbrechen ausgeschlossen werden konnte.
Als er schlieÃlich nach der Ãberführung der Leiche fragte, war der Mann am anderen Ende auch auf Englisch überfordert.
Das italienische Wort reichte Riesle aber auch: »crematorio«.
»Frag sofort nach, ob die Tote schon kremiert wurde«, blaffte er Arbin an und reichte ihm den Hörer, während die Redaktionskollegen im Nebenzimmer allmählich neugierig wurden. Als Arbin nicht reagierte, instruierte Riesle ihn weiter: »Du wirst doch wenigstens wissen, was âºwannâ¹ oder âºmorgenâ¹ oder âºÃ¼bermorgenâ¹ heiÃt.«
Arbin sprach ein wirklich schauderhaftes, aber doch noch minimal besseres Italienisch als Riesle. Mit reichlich Gestottere hatte er dann aber offenbar tatsächlich etwas herausbekommen.
»Wenn bis übermorgen keine gegenteilige Vereinbarung vorgelegt wird, verbrennen sie die Leiche dort«, sagte er nach dem kurzen Gespräch schlieÃlich völlig erschöpft.
23. Manipulation
Der Abend neigte sich bereits zur Nacht, als Riesle endlich wieder Hummel-Kontakt bekam â erneut via Skype.
Nach einer wilden Suada von Vorwürfen an seinen kaum erreichbaren Freund, machte Riesle Hummel klar, dass er die bereits übermorgen drohende Einäscherung der Toten verhindern müsse, wenn sie diesen Mord aufklären wollten.
»Des war ziemlich sicher kein Mord«, mischte sich zugleich Winterhalter von jenseits der Kamera ein.
Riesle überkam die Eifersucht. Wo Hummel war, war inzwischen jedes Mal auch
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