Schweig still, mein Kind / Kriminalroman
hat. Ihre Beine tun ihr weh, das sieht er. Aber ihr Mund und die Form der Augenwinkel bedeuten, dass es ihr gutgeht. Früher ist es ihr nicht gutgegangen. Das war wegen Felix. Das hat er auch ohne das flimmernde Rechteck gemerkt. Weil es ihm auch nicht gutgegangen ist.
Wenn sie wieder weg ist, kann er sie besuchen. Sie geht nach Freiburg, das hat sie ihm gesagt. Hermann ist auch in Freiburg. Aber den Frühlingssonnenkrokus darf er nicht sehen. Nur wenn die Mutter oder der Vater dabei ist, hat ein Ganzweiß erklärt. Aber die Drosera besucht Hermann nicht. Sie klebt. Und die Krummholz-Kiefer sitzt im Zimmer von Liss und spricht nicht mehr. Der Vater ist jetzt nicht mehr so komisch wie früher.
Da vorn ist der Fingerhut. Er markiert den Eingang. Sie steht neben ihm. Sein Märzenbecher. Er fragt sich, ob sie immer noch nach Traubenzucker schmeckt.
»Was ist da, Bruno?«
Er summt und schiebt sich durch eine dichte Wand aus Berberitzen. Sie kommt ihm nach. Dann bleibt er stehen, presst die Arme an seine Seiten. Es riecht nach Torf. Warm und dunkel. Er würde gern etwas sagen, aber er bringt die Worte der Komischs immer noch nicht heraus. Manchmal versucht er es und spricht ihnen nach. Doch dann ziehen sie die Augenbrauen hoch.
Er sieht sie eine Sekunde von der Seite an. Ihre Mundwinkel zeigen nach oben.
Er muss es versuchen!
»Lix, lix«, kommt es aus seinem Mund, und er senkt seinen Blick auf die Rosenkreise, auf die weißen Blüten mit dem roten Rand.
Sie sagt nichts.
Er schielt zu ihr. Ihr Mund zuckt. Wasser kommt aus ihren Augen. Er denkt an den flimmernden Kasten. Traurig. Er muss vorsichtig sein.
»Lix«, sagt er leise und wartet, was passiert.
Sie tritt dicht neben ihn. »Felix«, flüstert sie.
Sie hat ihn verstanden! Er reißt die Arme hoch. »Lix!«, ruft er. »Lix!« Dann presst er die Arme wieder an seinen Körper.
Er spürt ihre Hand in seiner. Er zittert. Aber er will nicht weglaufen. Nichts treibt ihn. Es tut nicht weh. Bestimmt kann er es ein paar Minuten so aushalten. Das ist gut.
Er beginnt zu summen.
Ein Pflänzelein, mein Kindchen fein,
das setzen wir im Garten ein.
Aus dunkler Erde wird sein Leben
genährt und will uns Freude geben.
Wird grünen, blühn, der Sonn entgegen,
bringt Erlösung dir und Segen.
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Wirkliches, Fiktion und Dank
D ie Handlung, Personen und das Dorf sind Fiktion. Doch steckt bekanntlich in aller Dichtung ein Stückchen Wahrheit. So hat die Rabenschlucht reale Vorbilder, und ganz Wirklichkeit ist die Bestattungsform der Promession. Natürlich gibt es auch die Freiburger Polizeidirektion und Staatsanwaltschaft, das Institut für Rechtsmedizin sowie das Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen.
Wer sich allerdings auf die Suche nach einer der Romanfiguren macht, wird vergeblich durch den Schwarzwald und Freiburgs Straßen wandeln – vielleicht aber einem meiner Freunde und Helfer über den Weg laufen. Ihnen gebührt mein großer Dank:
Kriminalhauptkommissar Karl-Heinz Schmid. Endlich weiß ich, warum du auch außerhalb der Freiburger Polizeidirektion so viele Überstunden machen musst. Wenn du andere Autoren nur halb so engagiert in die Geheimnisse der Polizeiarbeit einweihst wie mich und zudem noch jedes Manuskript so präzise gegenliest, kannst du dein Bett bald der Wohlfahrt spenden. Dir Löcher in den Bauch zu fragen und dabei festzustellen, dass deine Geduld auch dem hundertsten Nachhaken noch mit Gelassenheit begegnet, ist Motivation und Vergnügen für mich.
Professor Doktor Michael Bohnert, leitender Oberarzt am Institut für Rechtsmedizin der Universität Freiburg. Hätte ich Sie als Vorbild für Reinhard Larsson genommen, so wäre aus der Figur ein anderer Mensch geworden: ein sympathischer, achtsamer und kritischer Kopf. Sie haben nicht gezögert, Ihre Kenntnisse an eine rechtsmedizinisch orientierungslose Autorin weiterzugeben, und mit Ihren durchdachten Schilderungen für so manches Aha-Erlebnis gesorgt. Ich hoffe, es werden noch viele folgen.
Mein Dank gilt auch …
… Momo Evers. Dein wertvolles Wissen und deine Leidenschaft für Bücher begeistern nicht nur mich immer wieder. Sie gehören zum Besten, was mir passieren konnte.
… Sylvia Koopmann und Jutta Scherer. Eure ehrliche Kritik hat so manche Szene ins Wanken gebracht. Und in mir die Erkenntnis gefestigt: Ihr müsst auch beim nächsten Mal wieder als Test-Leserinnen herhalten.
… Jürgen Loose und Manuel Widuckel, Firma
basi
, Rastatt. Dank Ihnen
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