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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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berührt von ihren Worten. Schnell sah er in seine Teetasse. »Bruno wollte zu Sina. Sie ist seine Rosa Osiria.«
    Sie legte eine Hand vor sich hin. Der Nagellack war abgesplittert, und sie trug keinen Schmuck. »Nein. Felix ist seine Rosa Osiria.«
    Er war zu ausgelaugt, um sich zu fragen, ob sie ihm so besser gefiel, als mit Kettchen und Ringen behängt. Und wieso sie glaubte, dass Felix diese Rose war. »Er wollte Sina retten. Und Hermann auch. Er versteht nicht, was gut ist und was böse. Was muss in ihm vorgegangen sein, als er sah, wie Sina abstürzte und Hermann springen wollte? Es muss ihn doch zerrissen haben.« Nach einer Pause fügte er hinzu: »Er hat
Sie
bei Sina gesehen – und sich dann selbst um Hermann gekümmert.«
    Abermals schüttelte sie den Kopf und sagte: »Dass er überhaupt da rausgekommen ist.«
    »Ein alter Trick. Aber sehr wirkungsvoll. Sprengen mit Holz.« Ehrlinspiel zollte Bruno heimlich Respekt für seinen raffinierten Ausbruch aus der Psychiatrie.
Sprengen mit Holz: Chemie unserer Ahnen
 – so hatte der Buchtitel gelautet, den er während der Hofdurchsuchung in Brunos Zimmer gelesen hatte. »In der jüngeren Steinzeit hat man trockene Holzkeile in die feinen Haarklüfte großer Felsblöcke getrieben. Die Keile wurden mit Wasser übergossen, damit sie quollen und der Stein zerbarst. Auf diese Weise hat man zum Beispiel die Deck- und Tragsteine für die Hünengräber gewonnen. Auch die Ägypter haben so den Stein für ihre Obelisken aus dem Fels gebrochen.«
    »Und woher hatte er das Holz?«
    »Ein einfacher Türkeil. Er hat ihn zwischen den Sims und die Vergitterung geschoben, gewässert und so die Verankerung der Stäbe aus dem Mauerwerk gebrochen.« Der Hauptkommissar zog einen Mundwinkel leicht nach oben. »Das Haus ist alt.«
    »Irre.«
    »Draußen hat er sich auf das nächstbeste Mofa geschwungen …
voilà tout

    Freitag hatte ihn über Brunos Ausbruch informiert, in dem Anruf, den Ehrlinspiel direkt nach dem von Evers erhalten hatte. Und direkt, bevor Renate ihm gesagt hatte, dass Hermann mit Sina zur Schlucht gegangen war.
    Renate hatte Hermann von Anfang an in Verdacht gehabt, seine Angst gespürt, die in ihrer Tiefe hatte weit mehr sein müssen als bloße Sorge um den offensichtlich in den Mord verwickelten Bruno. Natürlich hatte sie es nicht wahrhaben wollen und die schleichende Erkenntnis verdrängt. Nach dem Mord an ihrem Bruder hatte sie sich verzweifelt an die Vorstellung geklammert, dass doch Sina die Täterin gewesen sein musste. Lieber die Freundin eine Doppelmörderin als der Mann, den sie liebte. Mit dem sie ihre Kinder großziehen wollte, der sich mit ihr gegen jeden Sturm gestellt und von dem sie geglaubt hatte, er würde für immer ihr Anker sein, bis ans Ende der Welt. Dort war sie hinkatapultiert worden, als sie am Abend Hermann und Sina belauscht hatte. Als sie zu Hermanns »Ich kenne die Wahrheit« und seinem Versprechen, Sina die Erlösung zu zeigen, ihr eigenes Wissen addiert hatte: dass er während des Mordes an Elisabeth nicht im Bett gelegen hatte. Dass er die Trennwand im Stall nicht, wie vor der Polizei behauptet, an dem Vormittag repariert hatte, als Johannes getötet worden war. Sondern am Nachmittag. Als sie die Wahrheit nicht länger hatte verleugnen können.
    Dass Bruno nach dem Ausbruch allerdings so schnell die Schlucht erreichen würde – damit hätte Ehrlinspiel nicht gerechnet. Er schalt sich selbst dafür, denn die siebzehn Kilometer von Emmendingen nach Freiburg waren hervorragend ausgeschildert, und lesen konnte Bruno bestens. Von Freiburg war ihm dann die Strecke ins Dorf vertraut. Er musste Dutzende Male im
Akademischen Blätterwald
Bücher gekauft haben.
    Hanna nickte. Nach einer Pause sagte sie: »Wie konnte das alles passieren?«
    Ehrlinspiel schnaubte. »Emotionaler Druck. Den Tod von Felix, Elisabeths Flucht – das alles hatte Hermann verdrängt, hatte sich ein eigenes Leben und eine Familie aufgebaut, und er hat für Bruno gesorgt. Die Bücher, das Gewächshaus, das hat alles er finanziert.«
    »Schlechtes Gewissen?«
    »Nicht nur. Ich glaube, er liebt seine Frau, die Kinder und Bruno wirklich. Der Tod von Sinas Sohn war eine echte Tragödie. Hermann wollte Gutes. Er wollte, so wie sie es von klein an eingeredet bekommen hatten, für Sina den Gang zur Schlucht und den Reueschwur nachholen. Es ist schiefgegangen. Er ist unschuldig schuldig geworden und hat nie den Mut gefunden, die Wahrheit einzugestehen. Er hat in der

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