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Schweig um dein Leben

Schweig um dein Leben

Titel: Schweig um dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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Mindesten verunsichert zu sein. »Dein Name ist April«, wiederholte sie. »Wir haben auf dem Flug von Richmond nach Sarasota nebeneinander gesessen und uns über deinen verunglückten Haarschnitt unterhalten und …«
    »Abby, was soll das?«, ging Kim genervt dazwischen. »Wie würdest du es finden, wenn ich eine Freundin von dir kennenlerne und so unhöflich zu ihr bin?«
    »Darum geht es doch gar nicht«, gab Abby zurück. »Aber ich werde mich ja wohl noch an das Mädchen erinnern können, neben dem ich auf dem Flug hierher gesessen habe! Zumal ich ein extrem gutes Gesichter- und Namensgedächtnis habe, das sagt auch meine Mom immer, deswegen …«
    »Du irrst dich«, unterbrach ich sie mit fester Stimme. »Vielleicht hast du neben jemandem gesessen, der wie ich aussieht, aber mein Name ist Valerie. Meine Eltern, mein Bruder und ich kommen aus North Carolina und wir sind noch nie in Virginia gewesen. Ich sehe dich jedenfalls heute zum ersten Mal.«
    »Jetzt halt mal die Luft an«, knurrte Larry, als Abby zu einer empörten Erwiderung ansetzen wollte, und bedeutete mir, mich auf die Rückbank zu setzen. »Du hast doch gehört, was Val gesagt hat«, fuhr er fort, während er sich neben mich setzte. »Sie hat dich noch nie vorher gesehen. Also gib endlich Ruhe und sieh ein, dass du sie verwechselt hast.« Er tippte Kim auf die Schulter. »Fahr los, bevor wir noch den Anfang vom Film verpassen. Heute ist Kinotag, da sind die Schlangen immer ewig lang.«
    Was nur leicht übertrieben war. Als wir vor dem Kino ankamen, standen dort mindestens zwei Dutzend Menschen vor dem Kartenhäuschen, und bis Kim geparkt hatte und wir zurückgelaufen waren, hatte sich die Warteschlange beinahe verdoppelt. Die meisten der anderen Kinogänger waren in unserem Alter und fast alle von ihnen schienen Kim und Larry zu kennen. Die beiden stellten mich allen möglichen Leuten vor – Sandi, Heidi, Erby, Fran, Amy, Scott, Jennifer –, und ich versuchte vergeblich, mir die ganzen Namen in der kurzen Zeit zu merken. Vor allem die Mädchen musterten mich neugierig, und diejenige, die Sandi hieß, erwiderte mein »Hi, nett dich kennenzulernen« derart kühl, dass ich mir sicher war, dass sie ein mehr als nur freundschaftliches Interesse an Larry hatte.
    Als wir endlich an der Reihe waren, bestand Larry darauf, meine Karte zu bezahlen und uns außerdem noch Popcorn zu besorgen. Da Kim und Abby schon vorgegangen waren und der Andrang so groß gewesen war, dass sie es nicht geschafft hatten, uns neben ihnen Plätze freizuhalten, saßen wir schließlich ein paar Sitzreihen hinter den beiden. Der Abend zählte definitiv nicht zu den besten meines Lebens. In dem kleinen Kinosaal war es heiß und stickig, die Sitze waren hart und unbequem und die Lautstärke viel zu hoch eingestellt, sodass mir beinahe die Ohren abfielen. Und auch der Film selbst schaffte es nicht, mich in seinen Bann zu ziehen. Seit einer Pyjamaparty in der vierten Klasse, bei der wir The Lost Boys geschaut hatten und ich vor Angst fast hysterisch geworden war, fand ich Vampirfilme grauenhaft. Daran konnte auch der extrem süße Edward alias Robert Pattinson nichts ändern.
    Ich wäre gern aufgestanden und gegangen, aber so unhöflich wollte ich nicht sein. Larry hatte meine Karte und das Popcorn bezahlt, wodurch unsere Verabredung plötzlich so etwas wie ein Date geworden war. Er schien derselben Meinung zu sein, denn als Bella von einer Horde Betrunkener belästigt wurde und Edward zu ihrer Rettung eilte, legte er den Arm auf die Rückenlehne meines Sitzes und ließ ihn nach unten gleiten, bis er wie zufällig auf meinen Schultern landete.
    Die Geste hatte etwas so Besitzergreifendes, dass ich den Arm am liebsten abgeschüttelt hätte. Larry schien sich seiner Sache so sicher zu sein, dass er noch nicht einmal zu mir rüberspähte, um meine Reaktion zu sehen. Damit nicht alles noch komplizierter wurde, ertrug ich seine Aufdringlichkeit, stopfte stoisch Popcorn in mich hinein, das ich gar nicht gewollt hatte, schaute mir einen Film an, den ich schrecklich fand, und war todunglücklich. Als Larrys Finger schließlich anfingen, meinen Oberam zu streicheln, hielt ich es nicht mehr aus. Ich murmelte etwas davon, dass ich auf die Toilette müsste, und flüchtete aus dem stickigen Saal.
    Im Kinofoyer beschloss ich, meine guten Manieren zu vergessen und einfach nach Hause zu gehen. Ich hatte schon die Hand am Türgriff und grübelte über eine Entschuldigung für mein unhöfliches

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