Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schweig um dein Leben

Schweig um dein Leben

Titel: Schweig um dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
Vom Netzwerk:
aus ihrem alten Leben beizubehalten. Der Bowlingspieler tritt einem Bowlingverein bei, der Bridgespieler einem Bridgeclub, der Skifahrer fährt in den Winterferien nach Crested Butter oder Aspen. Glaubst du wirklich, du könntest bei deinem Stammverlag ein Buch herausbringen und keiner würde merken, wer es geschrieben hat? Plötzlich taucht diese neue, völlig unbekannte Autorin auf, die genau wie die verschwundene Elizabeth Corrigan schreibt, und niemand würde auch nur eine Frage stellen? Wach endlich auf, Schatz, und schau den Tatsachen ins Auge!«
    »Tatsachen, Tatsachen!«, gab Mom aufgebracht zurück. »Wer hat uns denn überhaupt in diese Lage gebracht? Du weißt, wie viel mir das Schreiben bedeutet, wie kannst du da von mir erwarten, alles aufzugeben, wofür ich mein Leben lang gearbeitet habe? Wenn ich meine Karriere auf Eis lege, bis wir das alles hinter uns haben und wieder zu Hause sind, kann ich noch mal ganz vorn anfangen!«
    Dad drehte sich zu Jason und mir um und räusperte sich. »Warum geht ihr nicht nach oben, wenn ihr mit essen fertig seid, und spielt ein bisschen Karten? Eure Mutter und ich müssen noch ein paar Dinge miteinander klären.«
    Also gingen Jason und ich in mein Zimmer und spielten Rommé, während unsere Eltern sich in der Küche weiterstritten. Am nächsten Tag schienen sie Waffenstillstand geschlossen zu haben, aber die Stimmung zwischen ihnen war kühl und feindselig. Weil Mom nicht lockerließ, brachte Dad schließlich die Schreibmaschine mit nach Hause. Von da an saß sie jede freie Minute davor, tippte Seite um Seite, weil es sie, wie sie sagte, davon abhielt, einen Lagerkoller zu bekommen. Das Klappern der alten Tasten war ohrenbetäubend, und es gab keinen Ort im Haus, an dem man dem nervigen Geräusch entkommen konnte. Hinzu kam der Lärm, den Jason und seine Freunde veranstalteten. Sie hatten entdeckt, dass die Einbauschränke in unseren Zimmern Falltüren hatten, die auf den Dachboden führten, und seitdem tobten sie beinahe täglich dort oben in ihrem »Geheimversteck« herum. Sie machten ein solches Getöse, dass ich Angst hatte, die Decke über mir würde einstürzen.
    Nachts dagegen war es viel zu still. Vor dem Einschlafen dachte ich immer mit derselben Sehnsucht an zu Hause, mit der Dorothy aus Der Zauberer von Oz an Kansas gedacht hatte. Ich stellte mir unser Haus vor, wie ich es zuletzt gesehen hatte – wie ein im Heckfenster von Max’ Wagen gerahmtes Gemälde, die leuchtenden Blumen im Garten und meine Großmutter in der Einfahrt. Es ist nicht für immer, versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Sobald die neue Verhandlung beginnt, kann es nicht mehr lange dauern. Bis spätestens Weihnachten ist dieser Albtraum vorbei.
    Eines Abends, als wir gerade beim Essen waren, klingelte zum ersten Mal, seit der Anschluss gelegt worden war, das Telefon. Jeder von uns zuckte erschrocken zusammen, aber keiner rührte sich, um dranzugehen.
    Schließlich gab Dad Jason ein Zeichen, aufzustehen. »Deine Stimme ist die, die am wenigstens erkannt werden kann. Wenn es jemand ist, der nach ›George Corrigan‹ fragt, sagst du, dass er sich verwählt hat. Fragt jemand nach Philip Weber, rufst du mich.«
    Jason ging zum Telefon und hob vorsichtig den Hörer ab.
    »Hallo?«, sagte er. Pause. »Wen wollen Sie sprechen?« Wieder Pause. »Ach so. Moment.« Er drehte sich zu mir um. »Da ist ein Junge, der mit ›Val‹ sprechen will.«
    Mein Herz begann zu rasen und meine Gedanken überschlugen sich. Steve! So lächerlich es klingt, ich war mir sicher, dass er mich gefunden hatte. Dass er mich so sehr liebte, dass er das Unmögliche geschafft hatte. Ich sprang von meinem Stuhl auf und riss Jason den Hörer aus der Hand.
    »Hallo?« Meine Stimme zitterte vor Aufregung.
    »Hi«, sagte Larry. »Was machst du gerade? Hast du Lust, ins Kino zu gehen?«
    Einen Moment lang war ich so enttäuscht, dass ich nicht antworten konnte.
    »Nett, dass du fragst«, sagte ich schließlich, »aber ich hab meinen Eltern versprochen, heute Abend zu Hause zu bleiben.« Mir war klar, dass das nach einer ziemlich lahmen Ausrede klang, aber es war eine Sache, mit ihm Tennis zu spielen, eine komplett andere aber, abends mit ihm auszugehen. Ich war immer noch Steves Freundin, auch wenn wir gerade nicht zusammen sein konnten, und ich hatte nicht vor, ihn zu betrügen, indem ich mich mit einem anderen Jungen traf.
    »Komm schon, Val.« Larry blieb hartnäckig. »Du weißt doch, dass Kims Stiefschwester gerade zu

Weitere Kostenlose Bücher