Schweig um dein Leben
hatte, abgesehen davon war Larrys arrogantes Gehabe einfach völlig daneben. Aber auf einer Party konnte man mit ihm bestimmt eine Menge Spaß haben, und Spaß war etwas, das ich dringend nötig hatte.
Ich ging mit dem festen Vorsatz auf die Party, mich zu amüsieren. Stattdessen redete ich zu viel. Wofür ich zum Teil mir selbst die Schuld geben muss, zum Teil aber auch der Bowle. Amys Eltern waren übers Wochenende weggefahren, und sie und ihre Freundinnen hatten ein schaumiges Gebräu angesetzt, das sie »Suizid« tauften. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich mörderische Kopfschmerzen, und meine Zunge schien an meinem Gaumen festgewachsen zu sein.
Die Bowle war trügerisch gewesen, weil sie wie Fruchtsaft schmeckte. Mir war natürlich klar gewesen, dass sie trotzdem mehr als gut gemixt war, aber ich hatte einfach Lust, mir keine Sorgen um irgendetwas zu machen, und trank ein Glas nach dem anderen. Als Larry und ich auf der Party angekommen waren, war ich noch extrem unsicher und nervös gewesen, weil ich die Einzige war, die nicht alle schon seit dem Kindergarten kannte. Sandi war auch da, und sie und ihre Freundinnen schauten immer wieder mit giftigen Blicken und tuschelnd zu mir rüber, weswegen ich mich noch unwohler fühlte. Aber nach dem zweiten Glas Bowle fiel die Anspannung allmählich von mir ab, und als Amy irgendwann die Musik aufdrehte, ließ ich mich lachend von Larry auf die Tanzfläche in der Mitte des Wohnzimmers ziehen. Als wir schließlich atemlos und verschwitzt eine Pause einlegten, versorgte er mich mit dem nächsten Glas, das ich in einem Zug leerte.
Eine Weile später lag ich im Garten auf einer dieser Liegen, die einem wie ein Waffeleisen in den Rücken schnitten. Aber ich spürte es kaum, denn das Tolle war, dass Steve neben mir lag. Meine Augen waren geschlossen, und der Teil von mir, der noch halbwegs nüchtern war, wusste, dass ich mir das alles nur einbildete, dass ich träumte. Doch der Traum war so schön, dass ich nicht aufwachen wollte. Steves Arme waren eng um mich geschlungen, und er küsste mein Gesicht und meinen Hals und flüsterte mir alle möglichen süßen Dinge ins Ohr.
»Baby«, wisperte er. »Val …« Sein Mund landete hart auf meinem, und seine Hände, die sich einen Weg unter meine Bluse gearbeitet hatten, nestelten ungeschickt am Verschluss meines BH . Die Lippen, die sich auf meine pressten, schmeckten fremd, und plötzlich wurde aus dem wunderschönen Traum schreckliche Realität. Steve fühlte sich komplett anders an und Steve nannte mich auch nicht Val.
»Nicht. Hör auf, Larry«, sagte ich und versuchte, ihn von mir wegzuschieben.
»Komm schon«, raunte Larry heiser. »Wir sehen uns jetzt schon seit einem Monat fast jeden Tag. Wenn du mich nicht mögen würdest, würdest du nicht so viel Zeit mit mir verbringen.«
»Du verstehst das nicht«, sagte ich. »Ich bin mit jemandem zusammen. In Virginia. Ich kann meinen Freund nicht betrügen.«
Einen Moment lang herrschte Stille.
»Virginia?«, sagte Larry schließlich ungläubig. »Du hast doch zu Abby gesagt, dass du noch nie dort gewesen bist.«
»Ich … hab ich Virginia gesagt?«, stotterte ich. »Ich meinte natürlich North Carolina. Das muss an der Bowle liegen.«
Larry zog seinen Arm unter meinem Rücken hervor und richtete sich auf. Sein Gesicht lag im Dunkeln, aber meines wurde vom Mondlicht erleuchtet, und ich senkte hastig den Kopf, um ihn nicht ansehen zu müssen.
»Ein blöder Versprecher. Ich bin noch nie in Virginia …«, begann ich.
»Hör auf, mich für dumm zu verkaufen«, unterbrach Larry mich leise. »Abby ist vielleicht eine Nervensäge, aber nicht dämlich. Du hast wirklich neben ihr im Flugzeug gesessen. Sie wusste, dass du aus Virginia bist, weil du es ihr gesagt hast.«
»Was spielt das denn für eine Rolle?« Ich setzte mich auf und versuchte, meine Panik mit einem Lächeln zu überspielen. »Wen interessiert es, woher ich komme? Es ist doch egal, ob aus Durham oder aus Norwood.«
»Es spielt eine Rolle, weil du gelogen hast«, gab Larry zurück. »Abby sagte, du hättest ihr erzählt, dass du April heißt. Warum hast du Kim und mich angelogen und behauptet, dein Name wäre Valerie?«
»Weil es wahr ist!«, sagte ich verzweifelt. »Mein Name ist Valerie! Das Einzige, worin ich gelogen habe, ist, dass ich aus Durham komme.« Mir stieß die Bowle auf, und ich musste heftig schlucken, damit mir die saure Flüssigkeit nicht hochkam. »Mir ist total schlecht, Larry.
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