Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
wissen.«
Nikolaus wurde langsam klar, dass Vittorio nichts verraten würde. Der Mann hatte nichts zu verlieren und war abgebrüht genug, den Unschuldigen zu spielen. Dieser Halunke war mit allen Wassern gewaschen.
»Was hattet Ihr mit Herrmann Albrecht zu tun?«
»Ich? Gar nichts. Konstantin machte Geschäft mit Hermann. War ja auch Mann seiner Schwester. Ist Familie. Herrmann wusste, wo Konstantin und Crispus.«
»Woher wollt Ihr das denn wissen?«
Vittorio lachte wieder in seiner dreisten Art. »Stupido dieser Herrmann. Sagte mir: Hat Konstantin geschickt nach Jerusalem. Konstantin erst in tausend Jahren zurück. Was soll das bedeuten? Ihr mir sagen! Ich weiß nicht.«
Es half nichts. Aus dem Italiener war nichts herauszubekommen. Anstatt ein halbwegs glaubwürdiges Geständnis abzulegen, um so vor Gericht ein milderes Urteil erbitten zu können, nahm er Nikolaus auch noch auf den Arm.
»Bringt ihn in den Kerker.«
»Und was ist mit dem Wirt und dem Mädchen oben?«, wollte der Hauptmann wissen.
»Dem Wirt ist nichts vorzuwerfen. Der hat ja nur das Zimmer vermietet. Und Elise könnt Ihr später abholen.«
Die Soldaten nahmen Vittorio in die Mitte und zogen los. Auch Nikolaus machte sich langsam auf den Weg in Richtung Markt.
Endlich hatte er etwas Handfesteres erreichen können. Der Mord an den drei Gefangenen war geklärt, ebenso wie der an Sebastian Vierland. Nikolaus wusste nun auch mit Bestimmtheit, dass es bei der Abmachung zwischen Theodor Junk und Herrmann Albrecht um ein äußerst wichtiges Geschäft ging. Eins, für das man sogar seine ... Tochter einem nicht standesgemäßen Mann zu geben bereit war. Aber was war ausgetauscht worden? War dieses geheimnisvolle Etwas auch schon versteckt worden? Hatte Albrecht es versteckt?
Aber natürlich! Als er seine Aufgabe erfüllt hatte, war er überflüssig geworden. Eine Gefahr. Jemand, der den genialen Plan hätte verraten können. Er wurde von den drei Burschen vom Turm gestoßen. Und diese tauchten bestimmt genau zu dem Zeitpunkt wieder auf, wenn auch dieser sensationelle Fund entdeckt würde. Dann könnte sich die gesamte Familie Junk als Helden und Retter Triers feiern lassen.
Dass Helena nicht die Mörderin sein konnte – so wie Nikolaus dies heute Morgen noch gedacht hatte –, war ihm auf dem Spaziergang durch die Stadt immer klarer geworden. Die Erklärung war einfach nicht schlüssig gewesen. Warum hätte sie darüber traurig sein sollen, dass ihre Brüder ohne Verabschiedung fort waren? Warum sollte sie Nikolaus diesen Sachverhalt so deutlich unter die Nase reiben, wenn sie doch eine Komplizin in dem Mordkomplott war? Sie hätte ihre Brüder dann doch leichtsinnig in Gefahr gebracht.
Jetzt fiel Nikolaus etwas anderes wieder siedend heiß ein: Wo war Gesine? War sie tot? Oder war sie schon wieder aufgetaucht? Weder von den Nachbarn noch von Ulrich Trips hatte er bisher eine Nachricht bekommen. Wo war Herrmann Albrechts Mappe? Vielleicht sollte Nikolaus jetzt noch einmal versuchen, Helena im Katharinenkloster zu erwischen. Oder war sie schon wieder ausgeflogen?
Franz Albrecht
Nikolaus marschierte fast quer durch die Stadt zur Staffelgasse. Seine Sorgen und die Ungewissheit um Gesines Verbleib trieben seinen Schritt an. Schnell war er bei dem Haus, wo sie wohnte, eilte in den Hof und dann die Treppe hinauf. Die Tür zu Gesines Stube war noch immer unverschlossen, seitdem der Nachbar sie geöffnet hatte. Alles lag noch herum wie gestern, nichts war angerührt worden, auch die Blutflecken, die inzwischen ganz eingetrocknet waren, hatte noch niemand aufgewischt.
Nikolaus suchte die Wohnung nach Albrechts Mappe ab. So unwahrscheinlich es auch war, er wollte nichts unversucht lassen. Zum Glück war es nur dieser eine Raum. Schnell schaute er unters Bett, in die Kiste mit den wenigen Habseligkeiten, untersuchte alle Ecken. Aber er fand nichts.
Unverrichteter Dinge verließ er die Wohnung. Just in diesem Augenblick kam eine ältere Frau die Treppe hinauf. Völlig verschreckt starrte sie zu ihm hinauf.
»Wer seid Ihr?«, rief sie mit zitternder Stimme.
Nikolaus nannte seinen Namen und erklärte, dass er gestern schon einmal hier gewesen war und Gesine Albrecht gesucht hatte.
Etwas beruhigter antwortete sie: »Ach, Ihr seid das. Aber bis heute haben wir noch immer nichts von der Armen gehört. Wir befürchten schon das Schlimmste. Es ist so gar nicht ihre Art, ohne ein Wort zu verschwinden. Was sollen wir tun?«
»Weitersuchen und hoffen, dass
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