Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
die Wachen gesehen haben. Der Rest der Beschreibung passte ebenfalls auf dich. Außerdem kanntest du Konstantins Kumpane. Eure Begrüßung im Kerker passte dazu. Sie nannten dich Lise. Nicht wahr?«
Gottfried antwortete stattdessen. »Genau das haben die Burschen gesagt. Jetzt bin ich mir sicher.«
Elise begann leise zu weinen.
Nikolaus wollte aber noch eine weitere Person dingfest machen: »Wo ist der Italiener, der bei dir hier übernachtet?«
»Vittorio?«
»Ist das der, bei dem du die Tage auf dem Schoß gesessen hast?«
Sie nickte.
»Wo ist er hin?«
»Er wollte zum Abort gehen.«
»Wo steht der?«
»Im Hinterhof.«
Nikolaus wandte sich an die beiden Wachen. »Schnell, damit er uns nicht entwischt!«
Sofort rasten die beiden los. Es war zu hoffen, dass Vittorio nicht schon längst verschwunden war. Die Präsenz der Bewaffneten war ja schlecht zu verbergen gewesen.
Nikolaus wollte mit der jungen Frau ungestört sprechen und sagte deshalb zum Wirt gewandt: »Wartet draußen, am besten hinten an der Treppe. Und macht die Tür zu.«
Der zog nur ein mürrisches Gesicht und schlurfte ohne ein Wort hinaus. Mit einem lauten Krachen warf er die Tür zu. Nikolaus drehte sich wieder zu Elise herum. »Vittorio hat doch den Dompropst abgelenkt, damit du währenddessen Konstantins Freunde besuchen konntest. Oder?«
»Er wollte halt, dass die Jungs gut versorgt sind. Im Kerker bekommt man doch sowieso nichts Vernünftiges. Er hatte Angst, dass der Pfaffe das verbietet.«
»Ihr sagtet, die Sachen seien vom Caesar.«
Die junge Frau wurde sichtlich nervöser. Sie rutschte weiter in die Ecke.
»Vorgestern sagtest du, Thomas von Buschfeld sei der Caesar. Hat Thomas dir das aufgetragen?«
Nach einem Augenblick des Nachdenkens antwortete sie zaghaft. »Nein. Vittorio wollte das so.«
Langsam lichtete sich der Nebel. Dieser Italiener wurde immer interessanter. »Vittorio hat dir also befohlen, das zu behaupten?«
Elise verzog ihr Gesicht, als hätte sie Schmerzen. »Auch nicht. Vittorio hat mir gestern erst gesagt, dass er der zweite Caesar wär. Ich wusste das gar nicht. Das hatte mir Konstantin nicht gesagt. Aber ist das denn so schlimm?«
Nikolaus kratzte sich am Kinn. Sie wusste es nicht. »Vittorio hat dir die Speisen gegeben?«
»Ja, und?«
»Sie waren vergiftet.«
Plötzlich schoss ihr Kopf in die Höhe. »Was?« Vor Schreck rutschte ihre Decke herunter und entblößte ihre nackten Schultern. »Vergiftet?« Entsetzt schlug sie die Hände vors Gesicht und begann zu weinen. »Was ist mit ihnen?«
»Rudolf ist bereits gestorben, und für die beiden anderen besteht kaum noch Hoffnung.«
»Oh, nein!« Elise schüttelte sich vor lauter Schluchzen. »Was habe ich getan!«
Nikolaus versuchte, sie zu beruhigen. Er setzte sich neben sie auf das Bett, wagte es aber nicht, sie zu berühren. Die Frau tat ihm leid. So jung und musste sich als Hure ihren Lebensunterhalt verdienen. Umgeben von Mördern, Erpressern und anderem Abschaum, die sie skrupellos für ihre Teufeleien benutzten. Ohne Hoffnung, diesen unsäglichen Verhältnissen jemals entkommen zu können. Aber schlimmer war, dass ihr jetzt noch der Galgen oder das Richtschwert drohten. Auch wenn sie nur eine Mörderin wider besseres Wissen war.
Das Weinen ließ nach, sie schniefte ein paarmal herzhaft und wischte sich die Tränen ab. »Musst du mich mitnehmen?«
Nikolaus nickte.
»Ich hab sie doch nicht mit Absicht vergiftet. Das war Vittorio!«
»Ich weiß. Vielleicht wird man deshalb mit dir gnädig sein.«
»Und was heißt das?«
»Du kannst froh sein, wenn du mit dem Leben davonkommst. Am besten, du sagst alles, was du weißt. Dann sieht das Gericht, dass dir die Sache wirklich leidtut.« Nikolaus wollte aber noch ein bisschen mehr erfahren: »Woher kannten Konstantin und die anderen denn Vittorio?«
»Ich hatte doch von der Reise nach Venedig erzählt. Da haben sie ihn kennengelernt.«
Nikolaus erinnerte sich. »Konstantin wollte jemanden treffen, der ihnen helfen sollte, Trier berühmt zu machen. Das war Vittorio?«
Sie nickte.
»Wie sollte er denn helfen?«
»Das weiß ich nicht so genau. Das war ja das Geheimnis. Als ich Konstantin mal fragte, hat er mir eine runtergehauen. Da hab ich lieber nicht mehr gefragt. Aber ich habe mitbekommen, dass Vittorio irgendetwas besorgen sollte.«
»Du weißt also nicht, was es war?«
Elise schüttelte den Kopf. »Vor einer Woche hörte ich dann nur noch, dass Vittorio dieses Dingsda ausgetauscht hatte
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