Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
mir geschnappt.« Er grinste zufrieden. »Der Hauptmann sagt, das wär der gewesen, der den gnädigen Herrn von Meuren sprechen wollte.«
»Sehr gut. Den muss ich mir ansehen.«
Nikolaus rauschte los, Gottfried folgte auf dem Fuß. Doch der junge Mann blieb plötzlich stehen und lief wieder zurück zu Elises Kammer.
Er steckte den Kopf hinein und raunte dem verschüchterten Mädchen zu: »Wir müssen Vittorio ins Gefängnis bringen. Das dauert bestimmt einen Moment. Wenn wir dann anschließend dich einsperren wollen und du bist nicht mehr da, dann ... dann haben wir halt Pech gehabt.«
Elise schaute erst verständnislos. Als Nikolaus aber zwinkerte, sprang sie auf, lief zur Tür und drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund. Erst jetzt merkte sie, dass sie nichts anhatte. Schnell griff sie sich die Decke vom Bett und warf sie sich um.
»Danke«, hauchte sie ihm mit einem hinreißenden Lächeln zu.
Nikolaus drehte sich um und trabte wieder davon. Was hatte er da nur getan? Warum? Hätte er dies auch für einen Mann gemacht? Er musste mehrmals tief durchatmen. Ihm war plötzlich sehr warm geworden. Auf dem Weg nach unten zwang er sich, an etwas anderes zu denken. Er brauchte einen klaren Kopf, um herauszufinden, was Vittorio ausgetauscht hatte.
An der hinteren Tür standen die Soldaten und hatten den Italiener fest in ihrer Mitte. Er lächelte herausfordernd in die Runde, als wäre die Verhaftung nur ein Spiel, ein harmloser Zeitvertreib.
Nikolaus kam sofort auf den Punkt. »Ihr habt Konstantins Freunde umgebracht.«
Vittorio schüttelte den Kopf. »No.«
»Ihr habt den Dompropst beschäftigt, damit Elise die mit Arsen vergifteten Speisen bringen konnte. So konntet Ihr sicherstellen, dass die drei nichts mehr ausplaudern konnten.«
Mit einem breiten Grinsen antwortete er: »No.«
»Wie war es denn? Immerhin haben die Soldaten Elise und Euch wiedererkannt.«
»Mio fratello, so versteht doch. Ich bin betrogen worden. Diese Elise da, ich wusste nicht, was sie wollte bei den Männern. Sie bat mich: ›Komm mit, weil ich habe Angst ganz allein mit die vielen soldati.‹ Sie hat die Männer vergiftet? Oh, mamma mia! Das wusste ich nicht!«
»Und warum habt Ihr Euch als Giuliano Cesarini ausgegeben?«
»No, no. Das der padre falsch verstanden. Ich heiße Vittorio Cesarini. Nicht Giuliano. Ich kenne keinen Giuliano.«
Nikolaus zog die Augenbrauen zusammen. Dies konnte kein Zufall sein. Vielleicht hieß er Vittorio, aber bestimmt nicht Cesarini. Der Name war eindeutig beabsichtigt gewesen, um Simeon von Meuren abzulenken. Der Italiener wusste genau, wer sich hinter dem Namen verbarg. Diese Ausrede mit der verschlampten Abschrift war zu konkret, um nur eine spontan erfundene Geschichte zu sein. Woher kannte dieser Mann den Kammerauditor an der Kurie in Rom?
»Ihr habt die Speisen und vielleicht auch den Wein mit Arsen versetzt und Elise damit losgeschickt.«
»No. Ich doch schon sagte: ist falsch.«
»Das hat uns aber Elise gesagt.«
Er lachte herzhaft. »Elise? Sie ... äh ... puttana ... eine Hure. Sie lügt, damit Männer ihr Geld geben. Sie alles sagen, damit nicht in Gefängnis.«
»Das Gericht wird es glauben.«
»Pah!« Der Italiener spuckte Nikolaus verächtlich vor die Füße, aber sein Selbstvertrauen war erschüttert. »Niemand mich verurteilen. No.«
Nikolaus war sich nicht sicher, was er aus diesem Mann herauskitzeln konnte. Jetzt war aber die einzige Möglichkeit, überhaupt etwas von ihm zu erfahren. Später, wenn der Schreck der Verhaftung verflogen war, konnte er sich neue Ausreden ausdenken. Und wenn Meuren ihn erst in die Finger bekam, würde der Kerl aufgrund von Folter oder einfach ihrer Androhung irgendetwas gestehen, nur um den Schmerzen zu entgehen.
»Ihr habt Konstantin Junk, seinen Bruder und Thomas von Buschfeld umgebracht.«
»Ich? No. Bestimmt nicht. Sie mir schulden Geld. Warum dann töten? Warte auf Geld. Sonst ich komme nicht wieder nach Venezia. Wenn töte Konstantin, bekomme nie Geld. Besser warten.«
»Ihr habt Eure Ware also schon übergeben?«
»Sì. Leider. Sonst wieder genommen und nach Venezia.«
»Was habt Ihr denn geliefert?«
»Oh, no, no. Ich bin Handwerker, guter Handwerker. Nicht verraten, was ich mache. Sonst kommt anderer und nimmt mir Arbeit weg. Und ich muss hungern. Alle bambini zu Hause dann auch hungern.« Er griente breit.
»Und wohin sind die drei dann verschwunden, wenn Ihr sie nicht umgebracht habt?«
»Ich auch gerne
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