Schweigfeinstill
für ein Irrsinn!« , sagte Freiflug. »Meinen Sie wirklich, dass …«
»Wenn unsere Annahme stimmt, dass Gina Steinfelder Lehrs Komplizin in der Pornogeschichte ist, dann möchte Müller sie genauso aus dem Geschäft raushaben, wie er Lehr raushaben wollte.« Nero rieb sich die Stirn. »Dass Müllers Leute sich an der Tochter vergreifen, um die Mutter zur Einsicht zu bringen, ist schlüssig, oder?«
»War schon jemand in dem Apartment in Thalkirchen?«, fragte Freiflug in Sigruns Richtung. »Hat überhaupt schon jemand die Steinfelderin zu ihrer Beziehung mit Johannes Lehr befragt?«
»Nein.«
»Verdammt noch mal …«
»Beruhige dich«, sagte Sigrun kalt. »Wir haben kurz nach 3 Uhr nachts. Wir arbeiten unter maximalem Druck und mit maximalem Einsatz. Mehr ist nicht drin.«
Freiflug wollte etwas sagen, aber Nero unterbrach: »Lassen Sie uns nach Bogenhausen fahren. Sigrun und Köster schauen sich in Thalkirchen um.«
»Wir alleine?« Freiflug lachte bitter auf. »Jeweils zwei Beamte gegen …«
» Ich fahre nach Bogenhausen«, erklärte Nero. »Wenn jemand mitmöchte: in fünf Minuten am Wagen.« Es war ihm tatsächlich völlig gleichgültig, ob irgendjemand sich den Anordnungen des Neuen unterordnete oder nicht. Er schlüpfte in seinen Mantel und verließ das Besprechungszimmer. Mit langen Schritten stürmte er über den Gang zur Toilette. Er brauchte eine Minute für sich.
76.
Die Nase noch in dem feuchten Fußabtreter hörte ich Andys Wüten . Aus seinem Mund kamen unverständliche Silben, durchbrochen von verstümmelten Wörtern und Satzfetzen. Ich hob den Kopf. Er lehnte an der Wand, das Gesicht gerötet. Juliane stand neben ihm. Einer der beiden Angreifer fesselte sie und Andy mit Kabelbindern aneinander. Der andere checkte unsere Taschen durch und sammelte die Handys ein.
»Wo ist deine Tochter?«, schnappte der Erste und schwenkte seine Pistole. Die beiden trugen Masken, aber ich erkannte die Stimmen. Derjenige, der jetzt Sissi und ihre Mutter zusammenband, war Müllers Fahrer. Der andere, der nach meinem Arm griff und mich hochzog, war derjenige, den ich auf Kellers Foto identifiziert hatte. Mister.jpg.
»Wo ist deine Tochter, Arschloch!«, brüllte Müllers Fahrer.
Ich hielt den Atem an, während ich zu den anderen gezerrt wurde. Jenny steckte im Badezimmer, und wenn sie schlau war, kroch sie aus dem Fenster und verduftete. Hoffentlich hatten sie nicht noch einen Mann draußen im Garten postiert.
»Könnten wir uns setzen?«, fragte Juliane höflich. Sie kämpfte gegen Andys zuckende Bewegungen, die ihre Lage, da sie aneinander gefesselt waren, reichlich unbequem machten. Mister ging auf Sissi zu. »Du«, knurrte er. »Du bist genauso gut. Dich nehmen wir mit. Haben noch eine Rolle frei für dich. In deinem Alter träumen alle davon, zum Film zu gehen.«
Frau Schmidt begann hysterisch zu schreien, verstummte aber sofort, als Mister ihr ins Gesicht schlug. Sissi schluchzte.
»Sag deiner Freundin, dass sie aus ihrem Versteck kriecht«, blökte Mister.
Erstarrt lehnte ich an der Wand und sah zu, wie der andere, der Müllers Wagen gefahren hatte, nach und nach die Zimmer im Erdgeschoss abging. Bisher war keiner auf die Idee gekommen, mich zu fesseln. Vielleicht, weil ich dastand wie festgefroren und mich nicht rührte. Hustenreiz stieg meinen Hals hoch. Ich versuchte, ihn zu beherrschen, damit sie nicht auf mich aufmerksam wurden. Sissi wimmerte noch immer.
»Halt die Klappe!« Mister zog Klebeband hervor und presste Sissi einen Streifen über die Lippen.
Wenn sie das mit mir machen, bin ich tot, dachte ich. Meine Nase war zugeschwollen. Ich bekam nur durch den Mund Luft. Erst in dieser Sekunde sprang mich die Angst an. Zuvor hatte ich einfach zugesehen, als sei ich in die Dreharbeiten zu einem drittklassigen Actionfilm geraten.
»Jenny!«, schrie Andy, und fast war ich ihm dankbar, dass er es war, der den Ärger machte. »Lauf! We… wa… la…!«
Mister schüttete sich aus vor Lachen.
»Krüppel«, höhnte er, bevor er Andy mit dem Kolben seiner Pistole ins Gesicht schlug. Wir alle hörten ein lautes ›Knack‹. Andy knickten die Knie ein, und mit erstauntem Gesichtsausdruck sank er zu Boden, Juliane mit sich ziehend. Blut sickerte aus seinem Mund. Mister sah uns der Reihe nach an. Ich senkte den Blick. Keinen Augenkontakt, dachte ich. Ermögliche auf keinen Fall Augenkontakt. Ich starrte den Teppichboden an.
»Jenny!«, hörte ich Mister rufen. »Bist du da drin?«
Es war
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