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Schweigfeinstill

Schweigfeinstill

Titel: Schweigfeinstill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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beschleunigen. In ihm verstärkte sich die Angst, dass gerade jetzt etwas Schreckliches geschehen könnte. Dankbar registrierte er das Klopfen an der Tür, denn schlafen würde er ohnehin nicht können. Besser, er schuftete bis zum Morgen durch, so lange, bis die Erschöpfung ihm keine andere Wahl ließ, als sich auszuruhen. Sigrun West wirbelte herein.
    »In Flughafennähe ist ein Lieferwagen aufgefallen! Es gab einen Unfall, der Lieferwagen landete im Graben. Der Fahrer ist getürmt, bevor die anderen Beteiligten noch ›Piep‹ sagen konnten. Als die Kollegen das Auto überprüften, fanden sie Blutspuren.« Sigrun sah Freiflug, Nero und Köster an. »Viel Blut.«
    »Testen!«, befahl Freiflug sofort. Nero fragte sich, wie es kam, dass er als der Jüngste im Team sich eine derartige Autorität erarbeitet hatte.
    »Ist schon in die Wege geleitet. Allerdings, um diese Zeit …«
    »Verflucht, hol die Leute aus dem Bett!« Freiflug funkelte Sigrun an. Er war ihr Freund, dachte Nero. Er und Sigrun hatten ein Verhältnis, es ging in die Brüche, und seitdem hassen sie einander.
    »Hier!« Sigrun warf Nero sein Handy zu. »Das lag bei mir im Büro. Sie haben es wohl vergessen, als Sie vorhin die Mail von meinem PC abschickten.«
    Nero fing das Telefon auf und steckte es in sein Sakko.

72.
    »Ihr könnt rauskommen«, wisperte ich in mein Handy . »Es ist niemand zu sehen.« Der Schnee knirschte unter meinen Stiefeln. Die Gesellschaft, die vor der Kneipe herumgestanden hatte, war von dannen gezogen. Stille schwang zwischen den Häusern im Franzosenviertel. »Steigen Sie ein, Andy«, raunte ich ihm zu. Die Nacht trug die Stimmen unwirklich weit. Ich ließ den Motor an. Nach dem Schwächeanfall oben in der Wohnung fühlte ich mich unerwartet besser. Mir war nicht mehr so kalt, und das Brummen in meinem Kopf klang auf ein erträgliches Maß ab. Angespannt sah ich in den Rückspiegel. Da kam Juliane mit den beiden Mädchen im Schlepptau. Hinter ihnen lief Frau Schmidt, geduckt, wie in einem von diesen Krimis italo-französischer Machart aus den 70ern. Bestimmt bog gleich Lino Ventura um die Ecke.
    »Rein mit euch!« Sie quetschten sich zu viert auf die Rückbank. Ich fuhr an, kaum dass sie die Tür zugeschlagen hatten.
    »Siehst du jemanden?«, fragte Juliane.
    »Nein. Andy, helfen Sie mir. Ich habe keinen guten Orientierungssinn. Wie kommen wir am schnellsten zu Ihnen nach Hause?«
    »Halten Sie es für eine vernünftige Idee, wenn wir zu Steinfelders fahren?«, meldete sich Frau Schmidt. »Was, wenn diese Leute in Bogenhausen schon auf uns warten?«
    »Warum sollten sie? Andy hat ihnen gesagt, dass Jenny bei einer Freundin ist. Sie werden versuchen, dorthin zu kommen«, widersprach Juliane.
    Irgendwie entging mir der zentrale Punkt von allem. Ich musste es noch mal bei Keller versuchen.
    »Sollten wir besser zu dir fahren, Juliane?«, fragte ich, während mein Daumen schon über den Tasten schwebte.
    »Zu mir?«
    Mein Handy klingelte, und ich ging dran.
    »Laverde?«
    »Kea? Hörst du mich? Hier ist Carlo.«
    Mir stockte der Atem. Schlitternd kam der Alfa an einer roten Ampel zum Stehen. Der Schnee fiel dichter. Ich schaltete die Scheibenwischer auf höchste Stufe.
    »Ich muss mir dir reden.«
    »Dann mach’s.«
    »Nicht am Telefon.«
    »Verflucht, Carlo, im Moment passt es gar nicht. Was ist denn los?«
    »Sie haben mich gezwungen. Ich wollte das nicht.«
    »Fahr, es ist grün«, schnappte Juliane von hinten.
    »Wer hat dich wozu gezwungen?«
    »Wo bist du jetzt, Kea?«
    »Das geht dich nichts an. Sag mir lieber, was da für ein Ding läuft.«
    »Die haben mich am Haken. Die haben mich gezwungen, deinen Schlüssel rauszugeben.«
    Ein Hustenanfall raubte mir den Atem.
    »Wer sind ›die‹?«, keuchte ich.
    »Ich hatte da eine saublöde … Kea, es tut mir leid …«
    »Mein Haus liegt in Trümmern, Carlo.« Ich sah in den Rückspiegel. Bildete mir ein, dass uns jemand folgte, und hielt am Straßenrand. Der BMW, der dicht aufgefahren war, überholte.
    »Das … habe ich nicht gewollt.«
    Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. »Arbeitest du für Müller?«
    »Für wen?«
    »Für einen Kerl, der sich Müller nennt und Pornos produziert?« Hinter mir hörte ich Frau Schmidt aufstöhnen.
    »Kea, bei meiner letzten Arbeitsstätte habe ich Mist gebaut. Richtigen Mist. Mona, die Restaurantchefin, meinte, sie könne mir einen neuen Job besorgen, weit genug weg von allem, nur dass ich für sie bereitstehen müsse, wenn

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