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Schwein gehabt

Schwein gehabt

Titel: Schwein gehabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Bahnhof gekauft hatte, wanderte in den Abfall. Ich wechselte das Abteil.
    In Münster bekam ich sofort einen Anschluss nach Essen. Während der Fahrt saß ich die meiste Zeit allein im Abteil und dachte an das Bevorstehende. Bei meinem Kollegen Peter Grabowski, genannt Gurkennase, lagerten noch das Keyboard samt Verstärker, der Fernseher mit Videorekorder und meine CD-Sammlung nebst Anlage. Die konnte man bestimmt zu einem guten Preis verticken. Außerdem besaß ich Telekom-Aktien, die etwa dreihundert wert waren, und ein Sparbuch.
    Bei der Ankunft entschied ich, zuerst zur Bank zu fahren und die Wertpapiere und das Ersparte flüssig zu machen.
    Als ich die Bank verließ, drängelten sich knappe zweihundert Euro im Portemonnaie. Der Aktienkurs war natürlich noch weiter gefallen und auf dem Sparbuch hatten sich stolze einundfünfzig Euro versammelt. Ich machte mich auf den Weg zu Gurkennase.
    Nach einem gut einstündigen Fußmarsch — ich hatte mich entschieden, das Fahrgeld für den Bus in eine Schachtel Zigaretten zu investieren — erreichte ich das Haus oder besser gesagt das Loch, in dem Grabowski vegetierte. Es war ein achtstöckiger Kasten, voll gepfropft mit Sozialwohnungen und den passenden Bewohnern. Gurkennase erfüllte die Anforderungen; er war chronisch arbeitslos.
    Ich betete, dass er die Sachen nicht versetzt hatte, denn er steckte dauernd in der Klemme und brauchte Geld, um sich daraus zu befreien, nur um kurz darauf erneut in der Patsche zu sitzen. Für einen Arbeitslosen hatte er nämlich ein verhängnisvolles Laster: Er spielte.
    Ich konnte nicht aufzählen, wie oft wir bei ihm einen zur Brust genommen und plötzlich zwei Schläger in der Tür gestanden hatten, die seine Schulden vom Roulette, Würfeln oder Pokern kassieren wollten. Bei der Hälfte dieser Begebenheiten konnte er bezahlen, in den anderen Fällen wurde sein Gesicht als Schuldschein missbraucht. Totschlägen durften sie ihn natürlich nicht, also dachten sie wohl, dass sie stattdessen uns beide halb totschlagen müssten.
    Ich betrat den Fahrstuhl und drückte auf den achten Knopf. Nichts. Hätte mich auch gewundert, wenn dieses verdammte Ding funktioniert hätte. Bei allen bisherigen Besuchen bei Gurkennase hatte sich der Lift nur ein einziges Mal in Bewegung gesetzt. Der Aufzug und ich hatten es bis knapp vors sechste Stockwerk geschafft, bevor er wieder in die gewohnte Lethargie verfallen war. Nach fünf Stunden hatte man mich schließlich befreit.
    Ich quälte mich die zweihundertsechsundfünfzig verfluchten Stufen hoch und klopfte an Grabowskis Tür.
    »Moment, komm sofort !« Die Tür flog auf und Gurkennase stand in seiner ganzen Pracht vor mir.
    Er war eine jämmerliche Erscheinung. Sein linkes Bein war vier Zentimeter kürzer als das rechte, weshalb er Schuhe mit unterschiedlich hohen Absätzen trug. Dazu Hosen mit enormem Schlag und Hemden, die bis zum Bauchnabel geöffnet waren.
    Ich kannte ihn nur in diesen Klamotten, ausgenommen der Anzug, den er stets anzog, wenn er einige Scheine zu viel hatte und zum Roulettespielen in eine staatliche Spielbank ging.
    Er war nie rasiert, was bei seinem unregelmäßigen Bartwuchs sein Erscheinungsbild nicht zum Positiven wendete. Die halblangen Haare klebten fettig am Schädel, doch die Krönung war die Nase, der sein Spitzname bestenfalls annähernd gerecht wurde.
    »Was machst du hier? Ich dachte, du würdest in einem Bauernkaff Schweine melken. Schon die Schnauze voll?«
    »Nee, ich brauche nur etwas Startkapital und...«
    »Komm erst mal rein, was willst du trinken ?«
    »Bier. Wenns geht, kalt .«
    »Hau dich hin, ich hol zwei Pullen .«
    Ich haute mich hin.
    Peters Wohnung war eine Mischung aus Müllhalde, Kleiderkammer der Caritas und Brauereikeller. Vom schmalen Gang, der im Mietvertrag wohl als Flur bezeichnet wurde, ging rechts das Badezimmer ab, großzügig angelegt mit seinen drei Quadratmetern. Die Toilette und das Waschbecken waren so versifft, dass als Putzmittel nur noch Sprengstoff in Frage kam. Toilettenpapier fehlte völlig, aber schließlich gab es ja Reklameprospekte. Grabowskis Briefkasten war wohl der einzige in Deutschland, auf dem »Bitte Werbung einwerfen« stand. Der wenige Freiraum wurde als Sammelstelle für Bierkästen genutzt. Ich hatte Gurkennase schon mehrfach vorgeschlagen, das Leergut zurückzubringen und sich vom Pfandgeld ein Appartement an der Düsseldorfer Kö zu kaufen, aber der Aufwand war ihm wohl zu groß.
    Hatte man das Badezimmer unfallfrei

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