Schwein gehabt
einzugehen.
»Also, was wollen Sie ?«
Allmählich fragte ich mich, ob mir eine unattraktive und nach Stall stinkende, dafür aber gutmütige Bäuerin nicht lieber gewesen wäre.
»Ich weiß nicht, womit ich das Schwein füttern soll .«
»Mit Essensresten, womit sonst? Wenn Sie keine Ahnung von Viehhaltung haben, sollten Sie in der Stadt bleiben .«
Leider war ich auf sie angewiesen. Andernfalls hätte ich ihre Anfeindungen mit einem flotten Spruch gekontert. So aber versuchte ich, sie mit dem sprichwörtlichen Nannen-Charme zu erschlagen.
»Schöne Frau, würden Sie vielleicht die Liebenswürdigkeit besitzen, mir Essensreste zu borgen? Ich würde mich auch erkenntlich zeigen, sobald ich besser eingerichtet bin .«
»Sparen Sie sich das Gesülze. Sie stehen sowieso in meiner Schuld, schließlich füttere ich die Tiere seit sechs Wochen, von der Ausmisterei ganz zu schweigen .« Sie machte eine Pause, in der sie mich von Kopf bis Fuß musterte. »Na schön, ich geb Ihnen was. Aber nur, weil mir die Sau Leid tut.«
Den Umgang mit Frauen hatte ich nicht verlernt. Zudem wusste ich nun, dass das lebende Schnitzel auf meinem Hof weiblich war. Nannen, der Casanova. Kaum in der neuen Heimat eingetroffen, scharten sich auch schon die Frauen um ihn.
»Wie wär’s mit einer Telefonleitung? Pfarrer Wilpert hat für Sie angerufen. Ich bin schließlich nicht Ihre Sekretärin .« Offenbar schien Schumann zu glauben, dass ich an ihrem gesamten verpfuschten Leben schuld war.
»Was kann ich dafür, dass der Pfarrer angerufen hat? Was will er ?«
»Ihr Onkel war Organist, Pfarrer Wilpert sucht einen Nachfolger. Er erwartet Sie heute Nachmittag in der Kirche .«
Die Dorftrommeln schienen ausgezeichnet zu funktionieren.
»Was soll ich denn mit einem Organistenjob? Außerdem mache ich um Kirchen lieber einen großen Bogen .«
Karin zuckte genervt mit den Schultern.
»Ich habe jetzt wirklich keine Zeit und Lust, über Ihre religiöse Einstellung zu philosophieren. Ich geh das Schweinefutter holen .«
3
G egen neun war ich gerade damit beschäftigt, Schwein und Kaninchen zu füttern, als ein ohrenbetäubender Hupton die Idylle zerstörte.
Das musste Gerd sein, der sich netterweise bereit erklärt hatte, meine Sachen nach Buldern zu transportieren. Meinen Dienstwagen hatte ich ja abgeben müssen, und für eine private Karre fehlte mir das Geld, nachdem ich zwei Autos bei Wettrennen zu Schrott gefahren hatte.
Klatti war bereits ausgestiegen, als ich aus dem Stall trat.
»Hallo, alte Zecke !« , begrüßte ich den Gastronom.
»Na, gerade Fütterungszeit?« Wir schüttelten uns die Hände.
Nachdem wir weitere Nettigkeiten ausgetauscht hatten, schleppten wir den Krempel ins Haus: Drei Koffer mit Kleidung, mein Bettzeug, eine kleine Kommode, die ich mir vom ersten Gehalt zugelegt hatte, Geschirr und vier Pappkartons mit Krimskrams.
»Das Keyboard, der Verstärker, der Fernseher und ein paar andere Sachen passten nicht mehr ins Auto. Sie sind noch bei Grabowski .«
»Ich hab sowieso keinen Strom .«
»Wie bitte?« Gerd blickte mich ungläubig an.
» Jawoll . Onkel Hugo hat sich dem Fortschritt seit dem Ersten Weltkrieg komplett verweigert .« Ich zuckte mit den Achseln.
»Arme Sau.,«
»Im wahrsten Sinne des Wortes. Trinkst du noch was mit mir ?«
»Nein, bin sofort wieder weg. In zwei Stunden muss ich die Kneipe aufmachen. Aber ich habe noch ein Willkommensgeschenk für dich .« '
Klatti griff hinter den Fahrersitz und zog zwei Overalls und ein Paar Arbeitsstiefel hervor.
»Und wenn ich dich so anschaue, kannst du die auch gut gebrauchen. Aber halt sie in Ehren. Die Dinger sind aus der Zeit, als ich mir noch keine Handwerker leisten konnte und alles selbst gemacht habe. So, jetzt muss ich aber los .«
Ich bedankte mich bei Gerd sowohl für die Arbeitskluft und den Transport als auch für seine Gastfreundschaft während meiner einwöchigen Obdachlosigkeit.
»Nix für ungut, alter Schwede, und lass dich nicht unterkriegen .« Mit diesen Worten sprang er in seinen Wagen und verschwand.
In den nächsten zwei Stunden verstaute ich meine Besitztümer und machte anschließend ein kleines Nickerchen. Um drei schwang ich mich aufs Fahrrad und radelte Richtung Buldern.
Nach zwei Kilometern kam ich auf eine asphaltierte Straße — ein erstes Anzeichen von Zivilisation — und nach weiteren fünfhundert Pedaltritten sah ich das Dorf.
»Dorf« war übertrieben, denn hier wohnten weniger Leute, als am Wochenende in
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