Schwein gehabt
Verlegenheit kam, einen Preis zu nennen, erzählte sie mir, dass sie bereits bei einem anderen Detektiv gewesen ist, der ihr zu teuer war. Er wollte zweihundert Flöhe pro Tag plus Spesen, dabei kann sie höchstens hundert berappen. Sie hat sich richtig bei mir ausgeweint. Weil ihr Mann nicht genug Haushaltsgeld rüberschiebt, muss sie jeden Abend für einen Hungerlohn für irgendwelche reichen Scheißer die Villa putzen und sich, wenn die Damen des Hauses nicht da sind, von den alten Knackern an den Arsch packen lassen und...«
»Grabowski, wenn du noch ein Mal abschweifst, gibt’s was aufs Maul .«
»’ tschuldigung . Also weiter im Text. Wir kamen schließlich ins Geschäft. Ich kriege für mindestens eine Woche hundert pro Tag plus Spesen. Der Clou an der Sache aber ist, dass ich ihren Seitenstecher schon am ersten Tag in nicht jugendfreier Stellung auf Film gebannt habe. Natürlich hab ich ihr das nicht brühwarm erzählt. Wenn die Woche um ist, werde ich einen oder zwei zusätzliche Tage rausschlagen und ihr dann die hübschen Fotos auf einem Silbertablett servieren. So leicht hab ich noch nie einen großen Schein verdient. Was sagst du jetzt ?«
»Das war eine schöne Geschichte, aber davon kann ich meine Schulden nicht bezahlen. Hast du wenigstens ein paar Kröten hier, quasi als Anzahlung ?«
»Tut mir Leid, der Vorschuss ist für die Kamera draufgegangen, aber nächste Woche schick ich dir die dreihundert Piepen zu. Und damit du in deinem Bauernkaff nicht vertrocknest, werde ich gratis einige Fotos dazulegen, die ich geschossen habe .«
»Ich wusste gleich, dass es Zeitverschwendung war, hier hierher zu kommen. Dann fahr mich wenigstens zum Bahnhof, oder hast du deine alte Kiste verkauft und fährst nur noch Taxi ?«
»Nein, die steht unten. Ich fahr dich nachher hin .«
»Nicht nachher, sofort. Mein Zug geht in fünfundzwanzig Minuten. Das Keyboard und den Verstärker nehme ich mit. Nachher kommst du noch auf die Idee, dass du als Schnüffler unbedingt eine Pump- Gun und Tellerminen brauchst. Und wag’s ja nicht, die CDs zu verscherbeln. Jetzt aber los !«
Die acht Stockwerke nach unten schwiegen wir. Ich, weil ich darüber nachdenken musste, wie ich Karin Schumann die Verzögerung erklären sollte, und Gurkennase, weil er nicht reden, sondern nur schnaufen und keuchen konnte. Unfair von mir, ihn alles allein schleppen zu lassen.
Während der Fahrt erzählte er dafür umso mehr. Wenn das Geschäft so weiterlaufen würde, hätte er bald eine Sekretärin, die seine Berichte mit den Brüsten statt mit den Fingern schreiben würde.
Auf dem Bahnhof war endlich Ruhe, denn Grabowski traf einen Bekannten, dem er sofort seine Superdetektivgeschichte erzählen musste. Ich packte die günstige Gelegenheit beim Schopf und verdrückte mich. Am Bahnsteig erwischte mich Gurkennase aber doch noch, da der Zug Verspätung hatte. Er verabschiedete sich mit einem »Tschüs, Schweinebauer«, ich ahmte mit meinen Fingern eine Pistole nach, zielte auf ihn und sagte: »Schick mir die Kohle oder verrecke !« Dann drückte ich ab.
Auf der Rückfahrt war der Zug noch leerer. Ich hatte fast einen kompletten Wagen für mich. Es hatte zu regnen begonnen. Ich wusste nicht, ob es an der Ruhe im Abteil lag oder an den Regentropfen, die an der Scheibe herunterperlten, oder ob es mit der einsetzenden Dämmerung zusammenhing; auf jeden Fall kam mir eine wahnwitzige Idee:
Ich werde Privatdetektiv!
Was hatte ich zu verlieren? Gegen einen Tagesverdienst von hundert Euro gab es nichts einzuwenden. Ein weiterer Vorteil war das geringe Startkapital, das man für den Einstieg ins Schnüfflertum benötigte. Im Gegensatz zu Gurkennase brauchte ich keinen Büroraum anzumieten, da ich mindestens ein leer stehendes Zimmer hatte, das sich mit wenig Aufwand in ein respektables Büro verwandeln ließ. Außerdem war ich körperlich gut in Form. Mit ein wenig Training würde ich jede Auseinandersetzung, die der Beruf des Schnüfflers mit sich brachte, als Sieger verlassen. Wenn Grabowski es schaffte, dann dürfte ich überhaupt keine Probleme haben.
Als der Zug um Viertel vor fünf in Münster eintraf, packte ich meinen Krempel in ein Schließfach und begab ich mich auf direktem Weg zum Westfälischen Anzeiger, der in einem grauen Betonklotz residierte. Nur einige bunte Graffitis von DJ Choma und Sprayercool brachten etwas Farbe in die Tristesse. Münster als europäischer Trabant der Bronx. Ich gönnte mir ein Grinsen.
Die Anzeigenannahme
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