Schwein gehabt
Nannen mein Name. Ich hätte gerne einige Worte mit Herrn Zollner gewechselt .«
Nach einem kurzen Blick in die Runde öffnete erneut Billardkugel den Mund: »Der werte Herr Zollner kommt nur noch sehr sporadisch vorbei. Offensichtlich will er seine Freizeit nicht mehr mit den Kollegen verbringen .«
Oha, das konnte sich sehen lassen. Meine Beauftragung lag nur wenige Stunden zurück und schon hatte ich einen Ehemann, der seiner Frau offensichtlich nicht die Wahrheit über seine Abendgestaltung erzählte.
Ich ließ mich am Tisch nieder.
»Ich bin Privatdetektiv und soll einer gewissen Barbara Rudolph etwas auf die Finger schauen. Kennt einer von Ihnen das Mädchen ?«
»Flotter Feger«, stieß der etwa Fünfzigjährige aus, der neben meinem bisherigen Gesprächspartner saß, ebenfalls nicht mehr nüchtern war und auch einen Rollkragenpullover trug.
»Fürwahr, fürwahr«, unterstrich der Jüngste in der Runde die Aussage. Als ich ihn studierte, war mir sofort klar, dass im Lehrerzimmer ein Computer stehen musste. In den Freistunden saßen die drei dann vor dem PC und ersteigerten bei Ebay gebrauchte Rollis.
Schnell stellte sich heraus, dass keiner der Herren Barbara unterrichtete, und bis auf das mir schon bekannte fantastische Aussehen konnte ich keine Informationen über die Arzttochter ergattern.
Hier verschwendete ich nur meine Zeit. Ich klopfte dreimal auf den Holztisch, verabschiedete mich von dem Quartett und ließ mich von der südeuropäischen Luxuskarosse nach Hause befördern.
Da ich mich noch relativ fit fühlte, als ich meine Kemenate betrat, ließ ich mich vor dem kalten Kamin nieder und kurbelte die Gehirnwindungen an. Am sinnvollsten schien es mir, gleich morgen Barbaras Beschattung in Angriff zu nehmen, was natürlich durch den nun vorhandenen fahrbaren Untersatz deutlich einfacher geworden war. Zwar hätte ich gerne vorher noch einige Informationen über Babsi bekommen, aber den Jahrgangsstufenleiter hatte ich nicht angetroffen und die anderen Pauker konnten oder wollten mir ja nichts verraten.
Froh, einen Plan zu haben, rauchte ich eine letzte Zigarette und ging zu Bett.
Am nächsten Morgen hatte ich bereits um halb sieben meinen Wagen gegenüber der Bushaltestelle geparkt, die dem Rudolphschen Heim am nächsten war. Nach und nach trotteten Kinder zur Sammelstelle und diskutierten aufgeregt; wahrscheinlich die neuesten Entwicklungen im Big-Brother-Container. Babsi war noch nicht dabei. Plötzlich stieß ein alter Golf aus der Straße, die zum ärztlichen Anwesen führte.
Wenn ich richtig hingeschaut hatte, saß die Arzttochter am Steuer, es sei denn, Frau Rudolph hatte sich die Haare blond gefärbt und war über Nacht dreißig Jahre jünger geworden.
Ich war ja ein toller Ermittler. Führte eine Überwachung durch und wusste nicht mal, dass die zu Beschattende ein Auto besaß.
Langsam ließ ich den Fiat losrollen und folgte Barbara in gebührendem Abstand. Sehr schnell merkte ich, dass die Fahrt nicht nach Dülmen zum Martin-Heidegger-Gymnasium, sondern in die entgegengesetzte Richtung ging. Einige Minuten später hielten wir in einer kleinen Geschäftsstraße. Barbara verließ den Golf und überquerte die Fahrbahn. Ich schaute ihr nach und konnte nicht behaupten, dass mir der Blick missfiel. In natura sah sie noch besser aus als auf dem Foto. Dieses Mal waren ihre Haare offen, und statt der engen Jeans trug sie einen halblangen, dunkelblauen Rock. Ihr Gang verriet, dass sie genau wusste, wie man männliche Begierden weckte. Ich ärgerte mich, dass die Straße nicht achtspurig war, denn kurz darauf war sie in einem Stehcafé verschwunden. Ich blieb im Auto sitzen. Durch die große Glasscheibe konnte ich erkennen, wie die Arzttochter einen Kaffee trank und rauchte. Dabei warf sie immer wieder einen Blick auf ihre Armbanduhr.
Punkt acht setzten wir die Fahrt fort. Nach fünf Minuten hielten wir erneut an, und zwar an einer gut befahrenen Straße vor einer Pension. Jetzt wurde es interessant. Barbara verließ den Golf und ging ohne Zögern ins Gebäude.
Während ich noch überlegte, ob ich folgen sollte, bemerkte ich einen etwa vierzigjährigen Mann in sportlichem Outfit, der etwas verstohlen um sich blickte und dann in der Pension verschwand.
Man konnte mir zwar vorwerfen, dass ich gänzlich unerfahren im Schnüfflerbusiness war, aber eines wusste ich aufgrund meiner mir durch die Lektüre von Chandler, Hammett, Estleman und Lehane angeeigneten theoretischen Vorkenntnisse: Keine
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