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Schwein gehabt

Schwein gehabt

Titel: Schwein gehabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Beschattung ohne Kamera.
    Nicht ohne einen leichten Anflug von Wehmut — aber nur einen leichten — schnappte ich mir den Fotoapparat vom Beifahrersitz, den ich vorsorglich heute Morgen mitgenommen hatte, und verstaute ihn in der Jacke. Bettina hatte mir zu unserem vierten Kennenlerntag — den fünften würden wir ja nicht mehr zusammen feiern — dieses kleine Wunderwerk der Technik geschenkt: eine Digitalkamera mit einer Auflösung von fünftausend Trillionen Pixel. Vielleicht bildete ich es mir ja auch nur ein, aber ich hatte das Gefühl, dass der kleine Kasten in meiner Innentasche voller Vorfreude vibrierte, endlich mal etwas anderes auf dem Chip speichern zu dürfen als Familien- oder Urlaubsfotos.
    Ich wartete einige Minuten, dann machte ich mich auf den Weg. An der Rezeption blickte mich ein blasses Jüngelchen mit Mittelscheitel erwartungsvoll an.
    »Was wünschen der Herr ?«
    »Der Herr wünscht schleunigst eine Auskunft«, herrschte ich ihn an. »In welches Zimmer ist die junge Dame verschwunden, die vor fünf Minuten hier reingekommen ist ?«
    »Das darf ich Ihnen nicht sagen«, kam es kleinlaut zurück. Ich musste härtere Seiten aufziehen.
    »Pass auf, mein Sohn. Die Lady, über die wir hier sprechen, ist minderjährig. Glaub mir, dein Puff wird schneller dicht sein, als du dir Clearasil auf die Pickel schmieren kannst, wenn du nicht augenblicklich mit der Zimmernummer rausrückst. Ich will nur kurz nachschaun , danach siehst du mich nie mehr wieder .«
    »Nummer vierzehn im ersten Stock. Ich verdiene mir hier nur ein bisschen Taschengeld dazu und möchte keinen Ärger .«
    »Deine Lebensgeschichte interessiert mich nicht. Liegt das Zimmer zur Straße ?« , unterbrach ich sein Gelaber.
    »Ja, genau in der Mitte.« Der Junge konnte einem richtig Leid tun.
    »Dann brauche ich den Schlüssel vom Nachbarzimmer, aber dalli .« Als Zeichen guten Willens ließ ich einen Zehner auf die Theke fallen.
    Mein Gegenüber griff unter den Tresen und reichte mir einen Schlüssel, auf dem eine Fünfzehn aufgedruckt war. Jetzt durfte ich keine Zeit verlieren. Ich hastete die Treppen hoch, fand sofort das gewünschte Zimmer und schloss es auf. Von außen hatte ich gesehen, dass an der Frontseite ein durchgehender Balkon angebracht war. Sekunden später stand ich auf ebendiesem und lugte durch die Vorhänge des Zimmers, in dem sich Barbara aufhalten musste, wenn der Kleine an der Rezeption die Wahrheit gesagt hatte.
    Zum Glück waren die Stores nicht komplett zugezogen, sodass ich einen freien Blick auf die Arzttochter hatte. Diese saß auf einem schmuddeligen Bett, wobei zwischen ihr und der Matratze der Typ lag, den ich unten gesehen hatte. Babsi bewegte sich so heftig, dass der Macker sich an ihren Brüsten festhalten musste.
    Ich ließ die Kamera ihren Dienst verrichten, wobei ich darauf achtete, dass auch das Gesicht des Mannes abgelichtet wurde. Nachdem ich genug Fotos geschossen hatte, trat ich den Rückzug an. Dem immer noch verschüchtert dreinblickenden Jungen am Empfang bläute ich ein, mich sofort zu vergessen.
    Im Auto steckte ich mir erst mal eine Fluppe an. Gut, jetzt wusste ich, was Babsi zeitweise vom Unterricht fernhielt. Wie hieß es so schön: Nicht für die Schule lernt ihr, sondern fürs Leben! Fehlte nur noch die Identität des Mannes. Ich musste mich an seine Fersen heften.
    Zwei Zigarettenlängen später verließ Barbara das Stundenhotel. Kurz darauf folgte der Unbekannte, der schnurstracks die Straße überquerte und in einen beigefarbenen Opel Astra stieg.
    Die Verfolgung brachte mich nach Dülmen, und zu meiner großen Überraschung endete unsere Fahrt vor dem Martin-Heidegger-Gymnasium. Mein Beschattungsopfer betrat das Schulgebäude durch eine imposante Drehtür, ich hielt mich etwa fünfzig Meter hinter ihm. Als ich das Innere betrat, sah ich zu meiner Linken das Sekretariat, das durch eine Glasscheibe vom Eingangsbereich getrennt war. Mit detektivischem Spürsinn machte ich den Zugang ausfindig und ging gemächlichen Schrittes auf einen Schreibtisch zu, an dem zwei angegraute Damen gerade ihre Pausenbrote auspackten.
    »Verzeihen Sie. Wer war der Herr, der vor mir das Gebäude betreten hat ?« , fragte ich die Lady, die mir am nächsten stand.
    »Herr Zollner, glaube ich, aber ich habe nicht so genau hingeschaut. Wieso fragen Sie ?«
    Mir wurde ein wenig schwindlig. Zufälle gab es, die gab es gar nicht. Gestern noch hatte ich versucht, Zollner zu befragen, und heute war er

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