Schwein gehabt
den Boxen schallte.
Wenn es eine Art von Musik gab, die ich auf den Tod nicht ausstehen konnte, dann war es italienische Popmusik. Jederzeit würde ich Ernst Mosch und seine originellen Dingenskirchener den Ergüssen von Eros Ramazotti , Toto Cotugno , und wie diese ekelhaften Gestalten sonst noch hießen, vorziehen.
Neben zwei älteren Damen, die laut schmatzend Torte in sich hineinstopften und pausenlos Zucker in den Kaffee rührten, waren wir die einzigen Gäste.
Wir ließen uns in einer Ecknische nieder und bestellten Cappuccino.
»Okay. Jetzt zur Story. Was kannst du mir über die Schule sagen ?«
»Werde ich tatsächlich im Artikel erwähnt ?«
»Nicht nur das. Wenn er sich gut verkauft, sind sogar ein paar Euro für dich drin. Die Hauptsache ist, dass du die Wahrheit erzählst, denn ich bin bei einem seriösen Blatt beschäftigt .«
Selbstverständlich wusste ich, dass mit derartigen Artikeln nicht ein Cent zu verdienen war, aber solange Andreas darauf hereinfiel, erfüllte die Lüge ihren Zweck. Und Andreas machte mir keinen besonders hellen Eindruck.
»Ich würde dich doch nicht anlügen. Außerdem brauche ich das nicht, denn die Wahrheit ist brisant genug .« Meine Güte, war der Kleine aufgeregt.
»Wenn deine Geschichte nur halb so interessant ist wie deine Andeutungen, dann kannst du dir deiner Prämie sicher sein«, trug ich zentimeterdick auf. »Doch zunächst muss ich dir ein paar allgemeine Fragen stellen .«
Ich war zwar überzeugt, dass es sich bei der »heißen Sache« um den Mord an Barbara handelte, und konnte meine Ungeduld kaum in Zaum halten, aber zunächst musste ich den professionellen Schreiberling mimen.
»Ein großes Problem an den städtischen Schulen sind Drogen. Wie sieht es hier aus ?«
»Drogen sind bei uns kein Thema. Ab und zu macht e m Joint die Runde, aber mehr als Hasch ist nicht drin. So bescheuert sind wir nicht, dass wir uns mit harten Sachen voll pumpen .«
»Auch keine Tabletten oder andere Aufputschmittel?«
»Nein, nicht dass ich wüsste .«
Stegemanns Gesichtsausdruck verriet, dass ich einen wunden Punkt berührt hatte. Ich würde Wilpert darauf verwetten, dass mein Gegenüber gelegentlich Pillen einwarf.
»Aber hier geschehen andere seltsame Dinge«, versuchte er das Thema zu wechseln, »habt ihr in der Großstadt auch Probleme mit religiösem Scheiß ?«
»Was meinst du damit, Bibeltreffen ?« , fragte ich betont gelangweilt.
»Quatsch, Teufelsbeschwörungen natürlich. Ich weiß zwar nicht genau, was da abläuft, aber auf jeden Fall halten sie schwarze Messen ab .«
»Bist du sicher ?«
»Na klar. Die Mitglieder treffen sich mehrmals im Monat und ziehen ihren Satanskram ab. Ich kenne aber nur wenige von ihnen. Der Herausgeber der Schülerzeitung ist auch dabei .«
»Jens Kofler?«
Er schaute mich verdutzt an. »Woher kennst du den ?«
»Als guter Reporter habe ich natürlich Erkundigungen eingezogen. Zu ihm will ich nachher, weil der Chef der Schülerzeitung bestimmt den besten Überblick über Schulinterna hat .« Wir wurden durch den Kellner unterbrochen, der die Heißgetränke vor uns postierte.
»Verrat ihm bloß nicht, was ich gesagt habe .« Stegemann kippte so viel Zucker in seinen Cappuccino, dass die Flüssigkeit fast aus der Tasse schwappte.
»Das gehört zu meinem Ehrenkodex: Erzähl nie etwas über deine Quellen .«
»Dann bin ich ja beruhigt .« Erleichtert versuchte er das Zuckergebräu umzurühren.
Die nächste Minute verbrachten wir schweigend. Andreas nippte an seinem Cappuccino und ich trug das eben Gehörte ins Notizbuch ein.
»Was hältst du von Mord ?«
Ich schaute hoch und zauberte einen überraschten Ausdruck auf mein Gesicht. »Was hast du gesagt? Mord?«
»Ja genau. Mord !«
»Wer?«
»Eine Schülerin namens Barbara Rudolph, Tochter eines betuchten Arztes.«
»Wann ist das passiert ?« , spielte ich den sensationslüsternen Reporter.
»Gestern. Sie wurde auf einem Feld gefunden, erstochen .«
»Warte einen Moment, ich muss telefonieren .« Ich zog mein Handy aus der Jacke, wählte die Essener Vorwahl und meine Kontonummer und drehte mich etwas zur Seite. Als abgehoben wurde, sagte ich so etwas wie: »Ja Chef, Mord — Heiße Sache — Ungelogen — Tote Schülerin .«
Am anderen Ende der Leitung hörte ich eine alte Vettel keifen: »Mein Mann ist tot? Wann ist er gestorben, sagten Sie ?«
»Gestern.«
»Deswegen ist er nicht nach Hause gekommen. Und ich dachte schon, es wäre wieder eine seiner
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