Schweineblut
gehäkelte Deckchen,
darauf standen Aschenbecher aus dunkelgrünem Marmor. In der Luft lag Tannennadelduft.
»Möchten Sie Kaffee oder ein Wasser?« Barbara Thofondern sah aus,
als würde sie lieber flüchten, statt die Gastgeberin zu spielen.
Beide Ermittler schüttelten den Kopf.
»Ja, also, ich hole mir dann ein Wasser.«
»Ich kriege Beklemmungen hier drin.« Frank rutschte an den Rand des
gepolsterten Sessels, um eine aufrechte Haltung zu wahren.
»Ist doch ganz gemütlich.« Ecki hatte sich zurückgelehnt. »Meine
Eltern haben fast die gleiche Garnitur. Außerdem sind die Sessel doch
superbequem.«
Barbara Thofondern hatte offenbar Eckis letzten Satz gehört. »Ich
bin auch eher für moderne schlichte Möbel.«
Frank musterte Barbara Thofondern. Sie mochte Ende zwanzig sein, war
nicht sehr groß und nicht übermäßig schlank. Sie hatte ein rundes Gesicht und
eine fast weiße Haut. Ihre rotblonden Haare hatte sie zu zwei Zöpfchen
zusammengebunden, die wie Stummel fast waagerecht von ihrem Kopf abstanden.
Über einem bauchfreien T-Shirt trug sie eine offene türkisfarbene Strickjacke.
Ihre Beine steckten in einer grauen Hose mit an der Seite aufgenähten Taschen.
Sie sah interessant aus, war aber sicher keine Schönheit. Ecki
räusperte sich. »Wollen Sie sich nicht setzen?«
Sie nickte und setzte sich auf den Rand eines Sessels.
»Sind Sie Einzelkind oder haben Sie Geschwister?« Frank lächelte
Barbara Thofondern freundlich an.
»Einzelkind.« Sie zögerte. »Ich … ich hatte eine Schwester. Aber sie
ist einen Tag nach ihrer Geburt gestorben. Als ich dann auf der Welt war,
durfte meine Mutter aus medizinischen Gründen keine Kinder mehr bekommen.«
»Oh.« Ecki hob bedauernd die Hände.
»Aber Sie sind bestimmt nicht gekommen, um mit mir über meine tote
Schwester zu sprechen.«
Frank räusperte sich. »Nein. Wir würden mit Ihnen gerne über Raimund
Kamphausen und Michael Voogt sprechen.«
»Wir haben Ihren Namen und Ihre Nummer in den Notizbüchern der
beiden gefunden«, assistierte Ecki.
»Ja, und?« Barbara Thofondern sah die beiden aus ruhigen Augen an.
»In welcher Beziehung standen Sie zu den beiden?«
»Was verstehen Sie unter ›Beziehung‹, meine Herren?«
Eben noch eine unsichere junge Frau hatte sie nun die Haltung einer
unnahbaren Gutsherrin eingenommen.
»Nun, wie würden Sie ›Beziehung‹ definieren in Bezug auf die beiden
Männer?« Ecki musterte Barbara Thofondern aufmerksam.
»Raimund und Michael sind Kameraden meines Vaters. Übrigens wie fast
alle Männer hier.«
»Und deshalb steht Ihr Name in den beiden Verzeichnissen?«, fragte
Ecki mit butterweichem Unterton.
Barbara Thofondern zuckte mit den Schultern. »Man kennt sich in einem
Dorf wie Bracht. Es ist nicht verkehrt, wenn man weiß, wen man anrufen kann.«
»Das müssen Sie mir erklären.« Frank lächelte.
Barbara Thofondern schien auf die Frage gewartet zu haben. »Michael,
zum Beispiel, arbeitete in einer Brauerei. Und da kann es nicht schaden, ihn,
wenn man ein Fest macht, anzurufen, um ein Fässchen spendiert zu bekommen.«
»Und Raimund Kamphausen?«
Auch auf diese Frage kam postwendend die Antwort. Vielleicht eine
Spur zu selbstsicher, fand Ecki.
»Raimund arbeitet im Landhandel. Wenn mein Vater Probleme mit einer
seiner Maschinen hat, rufen wir immer Raimund an.«
Frank nickte. »Das sind die einzigen Berührungspunkte?«
»Ich habe oder hatte kein Verhältnis mit den beiden. Wenn es das
ist, was Sie meinen, Herr Kommissar.«
»In der Tat.« Frank nickte.
»Frau Thofondern, haben Sie eine Idee, wer Michael Voogt umgebracht
haben könnte?«
»Warum fragen Sie das ausgerechnet mich? Nein, ich habe keine
Ahnung.« Ihre Haltung blieb tadellos.
»Haben Sie eine Ahnung, wo Raimund Kamphausen stecken könnte?« Frank
versuchte, seine Sitzhaltung zu verändern, scheiterte aber kläglich an den
tiefen Polstern.
Um Barbara Thofonderns Mund deutete sich ein amüsiertes Lächeln an.
»Schrecklich, nicht? Diese Sessel sind einfach nur furchtbar.«
Frank nickte und rutschte wieder in Richtung Sesselkante.
Das Lächeln verschwand. »Um Ihre Frage zu beantworten, Herr Borsch,
ich weiß nicht, wo Raimund stecken könnte.«
»Haben Sie einen Freund, Frau Thofondern?« Frank folgte einer
plötzlichen Eingebung.
»Nein.« Ihre kurze Antwort klang harsch.
»Warum nicht, wenn ich fragen darf?«
»Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht.«
»Was sagt Ihr Vater, wenn Sie sich mit Männern treffen?«
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