Schweineblut
Schreibtischschublade und schob Ecki
einen post-it -Zettel hin. »Ihre Marotte hat sie
jedenfalls nicht abgelegt.«
Ecki las die handgeschriebenen Zeilen: Nur vor
dem Verlieren hatte ich Angst. – Arthur Abraham .
»Klingt nach einer starken Frau.« Ecki grinste Frank an. »Du
solltest nicht immer diesen düsteren Blues hören. Von wegen: Die Frau ist weg,
das Haus ist weg und zum Schluss auch noch der Hund. Hör dir lieber mal was von
den Flippers an. Da verschwinden die dunklen Gedanken ganz von alleine. Ja,
der Oscar meines Herzens, der geht heute nur an dich.« Ecki summte die
Kirmeszelt-Melodie.
Frank musste unweigerlich lachen.
»Siehst du? Geht doch.«
Einen Tag später wussten alle, dass der Einsatz von Viola Kaumanns
unmittelbar bevorstand. Gegen Ende der Woche sollte sie auf van Bommel treffen.
Viola hatte bereits das umfangreiche Dossier gelesen, das über van Bommel und
seine unmittelbare Umgebung angelegt worden war. Sie wusste nun, wo van Bommel
geboren und aufgewachsen war, wie seine alte Lehrerin über ihn dachte, welchen
Herrenausstatter er bevorzugte und welchen Duft. Sie wusste, welche Kunstwerke
er besaß, welche Künstler er nicht mochte, was er wo kaufte und verkaufte, sie
kannte seine Verbindungen in den Balkan und nach Griechenland. Viola Kaumanns
wusste, wie er seine Drogengeschäfte abwickelte und wie er mit denen umging,
die ihm dabei im Weg waren, wen er traf, wo er gerne aß, mit welchen Frauen er
schon im Bett gewesen war.
Frank und Ecki hatten gerade ihre PCs heruntergefahren,
als Eckis Telefon klingelte.
»Eckers hier. – Was? – Gut.« Ecki legte auf.
»Wichtig?« Frank hatte schon seine Jacke in der Hand.
»Es gibt Neues aus dem Computer von Barbara Thofondern.«
Torsten Linder wartete schon auf sie.
»Wir haben auf dem Computer noch eine Menge weiterer Dateien
gefunden. Urlaubsfotos, eine Rezeptsammlung für Diäten, ein bisschen
Korrespondenz mit Freundinnen, Online-Banking. Das Übliche halt, was man auf
dem Computer einer Frau findet.«
»Ich weiß nicht, was man üblicherweise auf dem Computer einer Frau
findet.« Frank war sauer, in Linders Büro stand die Luft.
»Schon gut. Ich wollte nur sagen, dass wir nichts Auffälliges
gefunden haben. Bis auf die Pornos eben. Insgesamt 17. Sie waren übrigens sehr gut versteckt. Wir sind
nur durch Zufall auf sie gestoßen.«
»Toll, Linder. Weiter so.«
»Im Wesentlichen unterscheiden sich die Aufnahmen kaum voneinander.
Die Umgebung ist ziemlich unpersönlich. Bett, Kommode, ein billiger Druck über
dem Bett, Nachtschrank. Das war’s. Leider kann man kein Fenster sehen,
geschweige denn irgendetwas von der Umgebung. Der Ton ist eher schlecht. Also,
Autolärm oder Ähnliches ist nicht zu hören. Die Bettwäsche unauffällig. Wenn
ihr mich fragt, könnten die Aufnahmen immer im selben Zimmer aufgenommen worden
sein. Ein Hotel vielleicht. Kein Stundenhotel, aber bestimmt nichts Nobles.«
»Was ist denn nun zu sehen?« Frank zwang sich, ruhig zu bleiben.
Torsten Linder grinste anzüglich. »Auf den einzelnen Clips sind
jeweils andere Frauen zu sehen: blonde, dunkelhaarige, brünette, rasiert, nicht
rasiert. Durchweg schlank und gut gebaut. Leider sind ihre Gesichter nicht zu
identifizieren. Dafür ist der Typ zu erkennen. Es ist immer derselbe Mann.«
»Woran habt ihr das erkannt?«
»Willst du das wirklich wissen, Frank?«
»Nee, danke. Schon gut.«
»Wer er ist, kann ich nicht sagen. Er ist meist nur von hinten zu
sehen.«
»Meist?«
»Na ja, die Kameraeinstellung ist auf allen Aufnahmen nahezu
identisch. Die Kamera steht vor dem Bett auf einem Stativ. Davor liegen die
Frauen; erst auf dem Rücken; später auf dem Bauch. Und dann kommt der Mann ins
Bild. Nackt. Und ich würde mal sagen, dass er noch keine vierzig ist.
Jedenfalls ist sein Körper noch einigermaßen straff. Zu sehen sind aber immer
nur Rücken und nackter Hintern. Einige Male auch sein bestes Stück. Echt beachtlich.
Wollt ihr mal sehen?«
»Linder!«
»Ist ja schon gut.«
»Ist das alles?«
»Nicht ganz.«
»Was denn noch?« Ecki wurde langsam auch ungeduldig.
»Na ja, auf zwei Aufnahmen ist sein Profil für den Bruchteil einer
Sekunde zu sehen. Allerdings sind ausgerechnet diese Sequenzen unscharf.
Vielleicht, weil der Typ an der Kamera rumgefummelt hat. Keine Ahnung. Da
müssen dann doch die Spezialisten aus dem LKA ran. Vielleicht können sie die
Profilaufnahmen so weit stabilisieren, dass wir ein vernünftiges Bild von dem
Mann bekommen.
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