Schweineblut
Grinsen hinter seiner noch breiteren
Sonnenbrille, die er trotz der Dunkelheit immer noch trug.
»Arbeiten Sie schon lange für Ihren Chef?«
Jan schwieg und betätigte stattdessen den Blinker.
Zu Füßen der Kaiser-Friedrich-Halle bogen sie ab.
Sie fuhren in die Auffahrt zum »Dorint-Hotel« und hielten exakt vor
dem Eingang. Jan stieg aus und öffnete den Schlag.
»Marco erwartet Sie in der Lobby.«
Das Hotel kannte sie bisher nur von außen. Es war von seinem
Architekten wie ein dunkler Klotz aus einem übergroßen Baukasten direkt neben
das sorgsam bewahrte Jugendstilgebäude der alten Halle platziert worden. Wie
ein Riegel lag es an der Flanke zum Bunten Garten .
Viola zwang sich, sich nicht umzudrehen und nach einem Hinweis auf
die Anwesenheit ihrer Kollegen zu suchen.
Marco van Bommel stand neben dem Tresen der Rezeption. Kaum hatte er
sie erkannt, kam er ihr mit offenen Armen entgegen. Bevor sie es hätte
verhindern können, nahm der Holländer sie in den Arm und küsste sie sanft auf
die Wange. Der herbe Duft verwirrte sie wie bei ihrer ersten Begegnung.
»Gefällt dir das Bild?« Van Bommel hielt sie einen Moment in seinen
Armen, bevor er sie freigab.
»Ja, sehr sogar.« Viola Kaumanns atmete tief ein und aus.
»Ich wusste es. Schön, dass du gekommen bist.«
Hatte ich denn eine andere Wahl?, dachte sie.
»Hast du Hunger? Wollen wir etwas essen gehen? Oder möchtest du hier
essen?« Van Bommel machte eine einladende Handbewegung.
Viola zögerte. Sie hatte keine Lust, in van Bommels Zimmer zu
landen.
»Du hast natürlich recht.« Van Bommel hatte ihre Ablehnung gespürt.
»Ich habe eine bessere Idee. Wir fahren in den Volksgarten. Ich kenne dort ein
Restaurant, das dir gefallen wird. Oder warst du schon einmal im Pavillon?«
»Ich kenne das Restaurant, war aber noch nie dort.«
»Wir nehmen ein Taxi. Bis Jan hier ist, dauert es mir zu lange.«
Der »Volksgarten-Pavillon« lag etwas versteckt hinter einem
Altenstift, das den Volksgartenweiher gegen den großen und ungepflegten
Parkplatz abgrenzte.
Der Weg zum Restaurant wurde von Lichterketten illuminiert, die in
den Bäumen hingen. Das Lokal war gut gefüllt.
»Sie haben Glück. Dieser Tisch ist gerade erst frei geworden.« Die
Kellnerin beugte sich vertraulich vor. »Das ist der Stammplatz des Ehepaars
Erbers. Volksbank, wissen Sie. Herr Erbers hat heute leider nicht so viel Zeit.
Wissen Sie, er …« Weiter kam sie nicht.
»Bringen Sie uns bitte die Speisekarte.« Van Bommels unwirsche
Anweisung machte deutlich, dass er nicht das geringste Interesse an lokalem
Klatsch hatte.
Die Kellnerin verlor schlagartig ihr unbekümmertes Lächeln und
wandte sich zum Gehen. »Selbstverständlich. Sofort.«
»Die Ärmste wollte doch nur nett sein.« Viola Kaumanns sah Marco van
Bommel leicht tadelnd an.
»Sie soll ihren Job machen und ansonsten die Klappe halten. Sie wird
fürs Servieren bezahlt und nicht für den Smalltalk.« Marco van Bommel bemerkte,
dass er immer noch in einem harschen Ton sprach. »Aber du hast recht. Ich
sollte nicht so ungerecht sein. Ich werde es nachher mit dem Trinkgeld wieder gutmachen.
Okay?«
Sie lächelte ihn an. »Wenn du meinst.«
Während sie auf das Essen warteten, beobachteten sie das Treiben im
Lokal. In der Tat ein gehobenes Publikum, dachte die Kriminalkommissarin, und
vielleicht ein bisschen überaltert.
»Gefällt’s dir hier?« Van Bommel ergriff über den Tisch hinweg ihre
Hände.
»Bisschen plüschig, oder? Die Weihnachtsdeko ist aber schön.« Viola
zwang sich, ihre Hände nicht zurückzuziehen.
»Ich komme gerne hierher, wenn ich in Mönchengladbach bin. Man kann
in aller Ruhe reden und Geschäfte machen.«
Endlich hatte van Bommel das richtige Stichwort genannt. »Welche
Geschäfte machst du eigentlich, wenn ich fragen darf?« Viola Kaumanns
versuchte, ihrem Blick einen möglichst neutralen Ausdruck zu geben.
»Lass uns nicht von Geschäften reden. Du bist wichtiger.« Er drückte
sanft ihre Hände.
Ein echter Romantiker. Viola Kaumanns wollte aber nicht so leicht
aufgeben. »Du bist sicher oft in Deutschland.«
»Immer, wenn ich hier sein muss.« Er sah ihr tief in die Augen.
»Entschuldigen Sie bitte. Die Gans für die Dame, der Lachs ist für
Sie.«
Van Bommel ließ Violas Hände los und lehnte sich zurück. Die
Kellnerin servierte und schenkte Wein nach.
»Wie war dein Tag in der Klinik?«
»In der Klinik? Ach so, ja, Routine, reine Routine.«
»Ich denke, da ist kein Tag wie der
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