Schweineblut
hat.« Sie wischte sich mit der Hand über die Augen. »Vater
hatte recht. Ich hätte mich nie mit Michael einlassen sollen.«
Frank räusperte sich. »Ich denke eher an das Verhältnis zwischen
Voogt und van Bommel. Wo haben sich die beiden getroffen? Hat Michael einmal
etwas erwähnt? Eine bestimmte Adresse? Hier in der Gegend? Oder in Holland?«
Barbara Thofondern nahm sich einen Löffel und rührte gedankenverloren
in ihrem Kaffee. Sie schien etwas sagen zu wollen.
»Ja?«
Sie legte den Löffel zurück auf die Untertasse. »Es fällt mir nichts
ein. Mein Kopf ist völlig leer.«
Enttäuscht sank Frank in sich zusammen.
»Michael hat sich mit van Bommel meist im Landhandel getroffen. In
Niederkrüchten. Mehr weiß ich nicht.«
»Haben wir alles durchsucht. Es gibt dort keine Möglichkeit, einen
Menschen auf Dauer zu verstecken.«
Sie war sein Strohhalm gewesen.
»Es tut mir wirklich leid.«
»Ich habe es immerhin versucht.« Er seufzte.
»Ihr Polizeiapparat ist doch so groß. Da muss es doch möglich sein,
ihre Kollegin aufzuspüren. Es gibt im Drogenmilieu doch so etwas wie Spitzel.«
Frank schüttelte nur den Kopf.
»Lieben Sie Ihre Kollegin?«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Sie machen ganz den Eindruck.«
»Ich. Nein, ich mag meine Kollegin. Sie ist eine gute Polizistin.
Und sie ist in der Gewalt eines Verbrechers. Ich muss sie, wir müssen sie
finden.«
Viola spürte ihre Hände und Beine nicht mehr. Sie spürte
auch den kühlen Luftzug nicht mehr, der beständig über ihre nackte Haut strich.
Sie wusste nicht mehr, wo sie war, welche Tageszeit war, ob sie gegessen hatte
oder nicht. Ihre Entführer hatten ihr im Wechsel Brot und Suppe angeboten. Es
war ein Spiel für sie gewesen, sie hatten jedes Mal über ihr Stöhnen und ihre
Abwehr gelacht. Dabei hatten sie ihren nackten Körper betrachtet, wie die
verlockend ausgebreitete Ware in einem Schaufenster. Schließlich hatten sie ihr
Essen auf einen Hocker gestellt, den sie nahe an ihren Kopf gerückt hatten. Am
Ende hatten sie ihr nur noch Mineralwasser gebracht.
Sie hatten sie quälen wollen, und das war ihnen gelungen.
Einmal hatte sie geglaubt, von ferne Kinderlachen und Singen zu
hören. Aber sie hatte nicht einschätzen können, ob sie sich die Geräusche nur
einbildete.
In ihrer Phantasie mischten sich die kaum hörbaren Verse mit den
Melodien ihrer Kindheit. Sie meinte sich selbst singen zu hören, draußen in der
Sonne an einem Junitag. Sie meinte, den Stoff und den Duft ihres Sommerkleides
zu spüren.
Die Fesseln schnitten tief in ihre Gelenke. Aber sie spürte keinen
Schmerz mehr.
Lass mich schlafen, lieber Gott. Lass mich endlich ausruhen.
Das Lachen! Wem gehörte das Lachen? Sie vermochte es nicht zu sagen.
Aus ihrer Kehle drang kein Laut.
Das Deckenlicht ging an. Sie spürte es durch ihre geschlossenen Lider.
Sie meinte die Sonne zu sehen. Ihr Vater stand lachend im Flur. Dann hörte sie
die Stimme, die die Angst in ihr aufwühlte. Sie riss an ihren Fesseln, wehrte
sich vergeblich gegen seine Hände.
»Was soll das heißen, ihr macht ohne uns weiter?« Kuhnert
drückte den Rest seiner Selbstgedrehten in den Aschenbecher und blies den Rauch
achtlos zur Seite. Dabei sah er den Archivar abschätzend an.
»Frank will dich nicht dabeihaben.«
Heinz-Jürgen Schrievers hatte den Leiter des KK 14 zufällig in der Kantine
getroffen.
»Immerhin leiten immer wir noch gemeinsam die Ermittlungen.« Er
griff nach seinem Tabak. »Aber ich kann mir schon vorstellen, woher der Wind
weht.«
Schrievers hatte genau diese Diskussion befürchtet.
»Borsch traut mir nicht.«
»Und? Kann man dir trauen?«
An Jan Kuhnerts unbewegtem Gesichtsausdruck ließ sich nicht ablesen,
ob er sich angegriffen fühlte. Scheinbar ungerührt begann er, eine neue
Zigarette zu drehen. »Jedenfalls stecke ich nicht mit van Bommel unter einer Decke.«
Der Archivar rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Jedenfalls tust
du wenig, um dir in die Karten sehen zu lassen.«
»Lasst mich einfach weiter in Ruhe arbeiten.«
»Warum tust du nichts, um …«, Schrievers zögerte, »… nun ja, den
Verdacht gegen dich auszuräumen?«
»Wer sich verteidigt, klagt sich an.«
»Du machst es dir ein bisschen zu einfach.« Der Archivar schob
seinen Stuhl zurück. »Ich verstehe dich nicht. Du provozierst den Ärger
geradezu. Was soll das, Kuhnert?«
Der Leiter der Drogenfahndung beugte sich vor. »Das willst du
wirklich wissen?«
»Hm.«
»Es geht dich aber einen
Weitere Kostenlose Bücher