Schweinefleisch ist nicht Haram
Cousine Ayse in unserem Dorf wartete bereits sehnsüchtig auf mich, doch ich hatte kein Bock, dieses Dorfmädchen zu heiraten. Ihre Augenbrauen glichen denen von Breschnew und ihr Damenbart ebenfalls. Sie war wie die Sonne, je länger du sie angeblickt hast, desto gefährlicher war das für deine Augen. Meine Eltern besorgten aber bereits die ganzen Sachen für mein zukünftiges Leben im Dorf, neulich hatten sie mir sogar Bundschuhe und eine Sichel gekauft. Deswegen entschied ich mich, die Sache mit der Uni selber in die Hand zu nehmen, und besuchte die Universitäten persönlich, statt nur durch das Internet. Leider waren die Unis größer, als ich dachte, und es dauerte eine Weile, bis ich das jeweilige Sekretariat finden konnte.
„Melden Sie sich bitte vorher im Internet an und bringen Sie die Formulare ausgedruckt hierher“, wies mich die Sekretärin zurück.
Es gab also so oder so kein Entkommen mehr vor dem Internet. Ich druckte einige Formulare aus und brachte sie dann in die Uni.
„Es fehlen die Passfotos, ohne die können wir Sie nicht aufnehmen.“
Das hatte mir noch gefehlt, zum Glück stand eine Fotomaschine direkt am Bahnhof, wo ich schnell ein paar Schüsse machte. Mit den fertigen Fotos kehrte ich dann wieder zum Sekretariat zurück.
„Das Foto können wir nicht nehmen, da die Entfernung des oberen Kopfendes zum Kinn zwischen 32 und 36 mm liegen muss.“
Also besorgte ich mir richtige Passfotos, und als ich damit wieder im Sekretariat auftauchte, war bereits eine neue Angestellte dort.
„Ohne Termin kann ich Sie leider nicht aufnehmen.“
„Aber bei Ihrer Kollegin musste ich nie Termine machen.“
„Ja und deswegen ist sie auch nicht mehr hier, also bitte kehren Sie mit einem entsprechenden Termin zurück.“
Langsamer überlegte ich mir, ob das Leben im Dorf doch nicht besser wäre für mich, aber dann kamen mir die Riesenaugenbrauen von Ayse wieder in den Sinn. Ich machte also einen Termin im Internet und kam dann dementsprechend zum Sekretariat.
„Ich kann Ihnen leider nicht helfen, Sie müssen zum Einschreibungs- und Prüfungswesen an unserer Universität.“
Das war einfach unmöglich. Die Bürokratie in Deutschland funktionierte einfach überall. Ich bin sowieso überzeugt, dass die deutsche Bürokratie bewusst nach den 60ern gepuscht wurde, um den Gastarbeitern und den zukünftigen Generationen eins auszuwischen, denn niemand war ein besserer Spießbürger als der 0-8-15-Deutsche. Er steht gerne früh auf, füllt für sein Leben gerne Dokumente aus und lebt dann ganz alleine vor sich hin. Aber ich war nicht der Typ für solch ein Leben. Ich ging also verzweifelt zum Einschreibungs- und Prüfungswesen, um endlich meinen Studienplatz zu bekommen.
„Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte mich die Frau im Container, wo das Einschreibungs- und Prüfungswesen sich befand.
„Ich möchte einen Studienplatz!“
„Wenn Sie Bafög haben wollen, dann müssen Sie nicht unbedingt studieren, es gibt auch andere Möglichkeiten, Förderungsgeld zu beanspruchen.“
„Nein, darum geht es mir gar nicht, ich brauche einen Studienplatz, damit ich weiter in Deutschland bleiben kann.“
„Wenn Sie einen Aufenthalt genehmigt haben möchten, können Sie auch einfach eine deutsche Staatsbürgerin heiraten.“
„Nein, nein, ich bin schon deutscher Staatsbürger, meine Eltern wollen mich aber wieder in die Türkei schicken, wenn ich kein Studium hier habe.“
„Ach so, na dann.“
„Haben Sie etwas für mich?“
„Ja, wir haben viele Studienplätze zur Verfügung, was möchten Sie denn studieren?“
„Medizin oder Psychologie.“
„Unsere Universität bietet leider diese Fächer nicht an, was für ein NC haben Sie denn?“
„4.0“
Die Frau guckte mich leicht verwundert an.
„Da haben Sie sich aber im Abi nicht gerade angestrengt.“
„Ja, aber ich kann doch trotzdem was studieren, oder?“
Sie tippte was am Computer ein.
„Also, ich kann Ihnen Pseudowissenschaften anbieten, das ist NC-frei.“
„Pseudowissenschaften?“
„Ja, das sind Wissenschaften, die sind zwar in der Bundesrepublik gültig, haben aber überhaupt keinen Realitätsbezug.“
„Das klingt super, ich war schon immer bildungs- und realitätsfern!“, freute ich mich riesig.
„Das ist schön für Sie, dann füllen Sie bitte die Dokumente aus, mit der Post kriegen Sie dann Ihren Ausweis und einige Daten von der Universität zugeschickt.“
Mit einem breiten Grinsen nahm ich ihr die Dokumente aus der
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