Schweinehunde / Roman
hörst auf zu rauchen. Die Entscheidung liegt bei dir, Konrad, aber erzähl mir nicht, dass mich dein Privatleben nichts angeht. Du hast A gesagt, jetzt musst du auch B sagen.«
Das war viel auf einmal, sogar für einen abgebrühten Mann im besten Alter. Vielleicht machte die Liebe blind, aber ganz offensichtlich nicht stumm, auf jeden Fall nicht die Comtesse. Außerdem war in ihren durchnumerierten Forderungen nicht gerade viel Romantik auszumachen. Konrad Simonsens Blick flackerte, und er wechselte schnell das Thema, er versuchte es jedenfalls.
»Kasper Planck und ich haben heute die Identität von
Kletterer
herausgefunden, er heißt Andreas Linke. Aber ich kenne seinen Aufenthaltsort nicht, wir müssen also darauf hoffen, dass es uns tatsächlich gelingt, ihn aus seinem Versteck zu locken.«
Die Überraschung der Comtesse war nicht zu übersehen.
»Ihr habt ihn gefunden? Warum hast du das nicht gleich gesagt? Wo wart ihr denn?«
Die Stimme des pensionierten Ermittlungsleiters kam trocken und unüberhörbar aus dem Schlafzimmer.
»Er schmeißt Juwelen aus dem Fenster, um sich selbst zu retten, wie Rolf Krake.«
Konrad Simonsen blickte verblüfft in Richtung Schlafzimmer. Er hatte gedacht, der Alte würde schlafen. Dann tippte er sich an die Stirn, um der Comtesse zu signalisieren, dass sein Vorgänger geistig nicht mehr ganz auf der Höhe war. Es half nicht sonderlich, denn Kasper Plancks nächster Satz verlor sich nicht im Nebel alter Heldensagen.
»Der windet sich raus. Jetzt nagle ihn doch fest, du dumme Pute.«
Konrad Simonsen rief verärgert aus: »Halte dich zurück! So reden wir nicht mehr miteinander.«
Entschuldigend versuchte er, den Blick der Comtesse aufzufangen, vergeblich.
»Ich habe dir eine Frage gestellt, Konrad, bitte sei so nett und gib mir eine Antwort.«
Ein paar Stunden später saßen Kasper Planck, Arne Pedersen, Pauline Berg und die Comtesse um Konrad Simonsens Sofatisch herum, während ihr Gastgeber in der Balkontür stand und rauchte. Arne Pedersen hatte eine telefonische Standleitung mit Anita Dahlgren, die in der
Dagbladet
-Redaktion war. Er berichtete den anderen: »Sie trägt ein Headset und kann einigermaßen frei reden. Ihr Computer ist mit dem Bildschirm von Anni Staal verbunden, doch noch ist alles schwarz, Anni Staal ist noch nicht gekommen. Anita macht sich Sorgen, weil immer weniger Leute da sind. Die meisten sind schon nach Hause gegangen.«
Konrad Simonsen warf die Zigarette weg und schloss die Tür. Dann sagte er: »Anni Staal ist auf dem Weg, Erik Mørk hat sie gerade angerufen und ihr mitgeteilt, dass sie im Laufe der nächsten halben Stunde kontaktiert wird.«
Eine Weile sagte niemand etwas. Alle warteten gespannt, bis die Comtesse das Schweigen brach: »Ich habe eine gute Neuigkeit. Konrad hört ab Montag auf zu rauchen.«
Die anderen nickten ihm anerkennend zu und lobten ihn, ausgenommen Kasper Planck, der heiser wieherte.
Im gleichen Moment tat sich etwas, und Arne Pedersen sagte: »Anni Staal ist gekommen.«
Sein nächster Satz ließ so lange auf sich warten, dass die anderen bereits auf heißen Kohlen saßen.
»Jetzt hat sie ihren Computer eingeschaltet und einen USB-Stick in den … Moment, eine Sekunde … sie scheint einen Film zu starten, Anita ist sich nicht ganz sicher, doch, jetzt, eine Szene von der Hinrichtung. Anita hat keinen Ton, aber der Mann in dem Film weint, sie glaubt, dass es Thor Gran ist. Ja, es ist Gran. Jetzt hängt er. Es ist grausam, abscheulich und widerwärtig, sagt Anita. Nun hat Anni Staal den Film unterbrochen und telefoniert auf ihrem Festnetztelefon.«
Er machte eine kurze Pause.
»Sie scheint keine Verbindung zu bekommen.«
Plötzlich rief er: »Verdammt, ich muss auflegen, Anita, ich rufe dich wieder an.«
Er unterbrach das Gespräch und nahm das nächste an. Jetzt klang er mürrisch wie ein Donnergrollen.
»Mann, was soll das, Anni? Kriegen Sie es nicht in Ihren dummen Schädel, dass Sie mich nicht anrufen sollen! Sie haben mir beim letzten Mal hoch und heilig versprochen, es nie wieder zu tun! Also, was haben Sie dieses Mal für eine halbseidene Entschuldigung?«
Er hörte ihr zu und knurrte: »Inzwischen glaube ich das nicht nur, ich weiß es, aber wenn Sie an mir zweifeln, können Sie sich ja eine andere Quelle suchen!«
Wieder hörte er zu und antwortete dann: »Nein, das ist richtig, die Reihenfolge auf dem Film war anders. Als Erstes wurde Jens Allan Karlsen umgebracht, er hing vorne links, und der
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