Schweinehunde / Roman
jeder Seite prangte das Logo der Zeitung. Bereits nachdem er den ersten Abschnitt gelesen hatte, brach ihm der Schweiß aus, und er musste sich setzen. Nachdem er den Text gelesen hatte, blieb er sitzen und starrte wie gebannt auf das Papier, um seine Gedanken zu sammeln. Als er aufblickte und in die anklagenden Gesichter der Anwesenden sah, hatte er sich wieder gefangen und übernahm die Regie. Er wandte sich an die junge Frau: »Wie sind Sie an diese Papiere gekommen? Und warum kommen Sie damit hierher?«
Anita Dahlgren erklärte ihm, dass sie viel Sympathie für seine Sache empfinde, und berichtete weiter, dass Anni Staal überraschend ein Exklusivinterview mit Hauptkommissar Simonsen erhalten habe.
»Aber da Sie uns im Voraus informieren, schenken Sie der Sache wohl keinen Glauben?«
»Ich bin gekommen, weil ich protestieren will. Als ich von dem Interview erfahren habe, wusste ich noch nicht, was dabei herauskommen würde, Anni Staal hat sich darüber nicht geäußert. Aber ich dachte natürlich, dass es Ihrer Sache zuträglich wäre, wenn ich Sie bereits vorher informiere, und als sich mir die Chance bot, habe ich den Artikel kopiert. Als ich ihn dann aber gelesen habe … ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie wütend ich da geworden bin … und das bin ich noch immer. Auf dem Weg hierher habe ich mir überlegt, was ich Ihnen alles an den Kopf werfen könnte, aber … aber … irgendwie wurde daraus nichts. Erst hier … ich weiß nicht … mir sind einfach die Worte im Hals stecken geblieben, aber ich wünschte, es wäre anders.«
Die Frau pflichtete ihr bei: »Es ist gut, dass Sie gekommen sind, und ich verstehe Ihre Wut nur zu gut. Auch ich bin wütend.«
Erik Mørk gab sein Vorhaben auf, die junge Frau zu kritisieren. Sie war zwar naiv, aber äußerst glaubwürdig.
»Wann wird das gedruckt?«
»Keine Ahnung, morgen oder in der Wochenendausgabe, denke ich. Ich hoffe nur, dass Sie mir irgendeine vernünftige Erklärung geben können, sonst sind wir geschiedene Leute.«
Die Frau unterstützte sie erneut, indem sie Erik Mørk einen finsteren Blick zuwarf.
»Das hoffe ich auch. Ich weiß nicht, vor was für einen Wagen Sie da gespannt worden sind, aber ich steige auf der Stelle aus, wenn das wahr sein sollte.«
Erik Mørk ignorierte sie und konzentrierte sich auf die junge Journalistin.
»Haben Sie die Durchwahl von Anni Staal?«
Die Antwort kam zögernd, obgleich Anita Dahlgren innerlich jubelte.
»Ich weiß nicht … das heißt, natürlich habe ich die, es ist nur so, dass ich, wenn Sie ihr sagen …«
Er unterbrach sie.
»Natürlich tue ich das nicht, unter keinen Umständen. Die Polizei hat ihr da eine gigantische Lügengeschichte aufgebunden, und es liegt ebenso in meinem wie in Ihrem Interesse, Klartext zu reden.«
Die Skepsis unter seinen Mitarbeitern wich nur marginal. Bei seinen nächsten Worten versuchte er so überzeugend wie möglich zu wirken.
»Das ist kompletter Blödsinn!«
»Warum sollte die Polizei lügen? Das ergibt doch keinen Sinn.« Wieder hatte sich die Frau geäußert, die als eine Art Sprecherin der anderen zu fungieren schien.
»O doch, das macht Sinn. Die Polizei braucht für die Aufklärung dieses Falls die Hilfe der Bevölkerung, und sobald dieses betrügerische Märchen hier publiziert worden ist, kommen sie bestimmt mit der einen oder anderen Fahndungsmeldung.«
Er zeigte auf sie.
»Ziehen Sie Ihre eigenen Schlüsse. Sie sind mir eine phantastische Hilfe, aber wenn es Ihnen jetzt nicht mehr möglich ist, mir den Rücken zu stärken, ist es besser, Sie gehen nach Hause. Ich brauche Sie mehr als jemals zuvor, aber nur wenn Sie voll und ganz hinter unserer Sache stehen.«
Es war nicht zu übersehen, dass die Frau seinen Vorschlag gewissenhaft überdachte. Der Puls hämmerte in seinen Schläfen. Nicht wegen ihr persönlich, sie war ihm egal, aber sie konnte eine Lawine lostreten. Nach einer Ewigkeit fasste sie endlich einen Entschluss: »Wenn das gedruckt wird, bin ich weg. Im Übrigen haben mich in der letzten Zeit auch andere Dinge gestört. Dass Menschen einfach auf offener Straße verprügelt wurden und so weiter. Aber das da …« – sie zeigte auf die Fotokopien – »… damit kann ich nicht leben!«
Einige gaben zu erkennen, dass sie ihrer Meinung waren. Erik Mørks Möglichkeiten waren beschränkt, aber er versuchte, mit so viel Selbstsicherheit wie möglich aufzutreten, und sagte: »Das wird nicht gedruckt werden.«
Wie schwer dieses
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