Schweinehunde / Roman
eigenen Worten sterbend daniederlag und vermutlich nur darauf hoffen konnte, dass der Tod alsbald so gnädig war, ihn von seinem Leiden zu erlösen.
Seine Frau hatte hingegen nur von einem abendlichen Unwohlsein gesprochen, so dass Konrad Simonsen davon ausging, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte lag. Unstrittig war jedoch, dass er wohl oder übel auf ihn verzichten musste. Die anderen versprachen, gegen zehn Uhr da zu sein. Nur Pauline Berg protestierte, und Konrad Simonsen stauchte sie am Telefon zusammen: »Keine Diskussion, Pauline. Du holst Anita Dahlgren um elf Uhr in der Dagbladet-Redaktion ab und fährst sie in den Landgasthof in Søllerød. Auf dem Weg sammelt ihr Malte im HS ein, und dann bleibt ihr alle drei da, bis ihr wieder von mir hört. Dein Job ist es, auf die beiden aufzupassen, und das ist ein Befehl.«
Da Pauline Berg noch immer nicht überzeugt klang, versuchte Konrad Simonsen etwas auf sie zuzugehen: »Du bist dabei, Pauline, auf jeden Fall am Anfang, und ich verspreche dir, dass ich dich fortlaufend informieren werde, es bleibt aber trotzdem dabei, versuch dich damit abzufinden.«
Kasper Planck, der auf dem Beifahrersitz saß, schnappte sich das Handy und sagte leise: »Hallo, Pauline. Du musst tun, worum Konrad dich bittet. Es ist wichtig.«
Kurz darauf beendete er das Gespräch, und Konrad Simonsen bemerkte überrascht: »Wie zum Henker hast du das denn wieder gemacht, die war doch auf hundertachtzig.«
»Man muss langsam reden und ihnen klare Anweisungen geben, dann klappt das schon. Das ist immer so bei Frauen.«
Konrad Simonsen grübelte noch den Rest der Fahrt nach Kopenhagen über diesen Satz nach.
Zu Hause holte er das Schachspiel heraus, aber der alte Mann war erschöpft, und dieses Mal war seine Müdigkeit nicht gespielt. Konrad Simonsen räusperte sich ein paarmal vielsagend, wenn sein Gegenspieler plötzlich ungebührlich lange über einen vergleichsweise banalen Zug nachdachte. Aber es nützte nichts. Weiß konnte sich noch so viel räuspern, Schwarz war eingeschlafen. Konrad Simonsen bugsierte ihn in sein Bett und zog ihm die Schuhe aus. Es ärgerte ihn, dass sie das Spiel nicht fortsetzen konnten, da er nach eigener Meinung im Vorteil war. Aber der Spielabbruch hatte auch etwas Gutes, denn kurz darauf kam die Comtesse. Sie war anderthalb Stunden zu früh und ziemlich geladen.
Sie hatte kaum ihre Jacke ausgezogen, als sie auch schon zu schimpfen begann.
»Ich fühle mich hintergangen, Konrad, hintergangen und unterschätzt. Und das ärgert mich! Besonders, wenn ich an unseren Montagabend denke. Das war richtig schön, aber inzwischen frage ich mich, ob du mir das alles nur vorgespielt hast. Ich meine, jetzt bist du ja nicht einmal bereit, dein Wissen mit mir zu teilen, um das mal vorsichtig auszudrücken. Du kannst noch so oft sagen, dass wir Beruf und Privatleben trennen sollen, du selbst tust das doch auch nicht, aber mich einfach nicht zu informieren …«
Sie blieb dem Thema noch eine ganze Weile mit reichlich viel Energie treu. Ein paarmal versuchte Konrad Kasper Plancks Rat zu befolgen, aber es half nicht einmal im Ansatz, sondern verschlimmerte alles nur noch. Zu guter Letzt blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr recht zu geben und darauf zu hoffen, dass ihr irgendwann die Munition ausging. Was tatsächlich geschah, aber auf eine beinahe unangenehme Art und Weise.
»Ich habe mich schon mehrfach gefragt, ob ich bei dieser Sache überhaupt mitmachen will. Job und Karriere für eine Vorgehensweise zu riskieren, die nicht nur ungesetzlich ist, sondern in die Privatsphäre der Menschen eindringt. Das Private ist dabei wirklich das Schlüsselwort, und ich frage mich, warum ich dir helfen sollte, Konrad, wenn du nicht einmal bereit bist, dir selbst zu helfen.«
Er kam nicht ganz mit, was sich aber bald ändern sollte, da sie seine Einwände nicht zuließ, sondern weiterredete: »Anna Mia hat mich in der letzten Zeit mehrmals angerufen. Sie weiß sich keinen Rat mehr und macht sich große Sorgen, was ich absolut verstehe. Sie liebt dich nämlich, und das tue ich vermutlich auch, jedenfalls glaube ich das. Also, jetzt kommen die Bedingungen: Arne und ich, wir stehen zu dir in dieser Sache, wohin sie uns auch führt. Du versprichst aber hoch und heilig von Montag an folgende Verhaltensmaßregeln einzuhalten: Erstens: Du nimmst pünktlich deine Diabetesmedikamente. Zweitens: Du gehst zu einem Spezialisten und befolgst, was immer er dir empfiehlt. Und drittens: Du
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