Schweinsgalopp
sagte Sideney. »Grünes Licht ist der Schlüssel. Im wahrsten Sinne des Wortes. Äh… in diesem Zusammenhang fällt mir das berühmte Schloß von Murgels Saal ein. Es konnte nur durch den mittwärtigen Wind geöffnet werden, obwohl…«
»Deine Sachkenntnis ist lobenswert«, unterbrach Kaffeetrinken den Zauberer. »Und die vier anderen Schlösser?«
Sideney sah zu dem stummen Wall namens Banjo auf und befeuchtete sich die Lippen.
»Nun… äh… wenn ich mit meiner Vermutung recht habe und es bei den Schlössern um bestimmte Zustände geht, könnte es Jahre dauern, sie alle zu knacken«, verkündete er unsicher. »Angenommen, sie lassen sich nur von einem blonden Jungen öffnen, der eine Maus in der Hand hält? An einem Dienstag? Wenn’s regnet?«
»Kannst du die Art des Zaubers feststellen?« fragte Kaffeetrinken.
»Ja, ja, natürlich, ja.« Sideney gestikulierte ausladend. »Umgekehrte Thaumaturgie. Ja, natürlich. Allerdings… äh… es dauert.«
»Zeit haben wir genug«, sagte Kaffeetrinken.
»Vielleicht dauert’s noch etwas länger«, erwiderte Sideney mit zitternder Stimme. »Der Vorgang ist sehr, sehr, sehr… kompliziert.«
»Meine Güte. Wenn du überfordert bist, brauchst es nur zu sagen.«
»Nein!« quiekte Sideney. Er versuchte, sich wieder zu fassen. »Nein. Nein. Nein. Ich… äh… bin sicher, daß ich auch bei den anderen Schlössern bald Erfolg habe…«
» Aus gezeichnet«, kommentierte Kaffeetrinken.
Der Zauberer senkte den Blick. Dampf quoll durch eine Ritze zwischen den beiden Türhälften.
»Weißt du, was sich auf der anderen Seite befindet?« fragte er.
»Nein«, antwortete Kaffeetrinken.
»Oh. Na schön.« Sideney starrte kummervoll auf das vierte Schloß. Es war erstaunlich, an wieviel man sich erinnerte, wenn Kaffeetrinken in der Nähe weilte.
Er sah nervös zu ihm auf. »Es gibt doch keine weiteren gewaltsamen Tode, oder? Den Anblick eines gewaltsamen Todes kann ich einfach nicht ertragen!«
Kaffeetrinken legte ihm tröstend den Arm um die Schultern. »Keine Sorge «, sagte er. »Ich bin auf deiner Seite. Ein gewaltsamer Tod wäre das letzte, was dir passiert.«
»Herr Kaffeetrinken?«
Er drehte sich um. Mittlerer Dave stand auf dem Treppenabsatz.
»Es sind Fremde im Turm. Sie haben Katzenauge erwischt. Wie, ist mir ein Rätsel. Pfirsich überwacht die Treppe, und ich habe keine Ahnung, wo Hühnerdraht steckt.«
Kaffeetrinken sah zu Sideney, der sich sofort dem vierten Schloß zuwandte und fieberhaft versuchte, nicht zu sterben.
»Warum erzählst du mir das? Ich dachte, ich bezahle euch großen, starken Männern viel Geld, damit ihr euch um solche Dinge kümmert.«
Die Lippen des Mittleren Dave formten einige Worte, doch folgendes kam ihm über die Lippen: »Na schön, aber mit wem haben wir es hier zu tun? Mit Des Alten Mannes Schwierigkeiten? Oder dem Schwarzen Mann?«
Kaffeetrinken seufzte.
»Vermutlich sind es Angestellte der Zahnfee«, sagte er.
»Die Leute, die wir hier antrafen, waren nur Zivilisten«, erwiderte Mittlerer Dave. »Ich meine jemand – etwas – anderes. Der Boden scheint sich geöffnet und Katzenauge verschlungen zu haben.« Er dachte darüber nach. »Ich meine die Decke«, berichtigte er sich, als seine nur selten benutzte Phantasie ein gräßliches Bild vor seinem inneren Auge malte.
Kaffeetrinken trat zur Treppe und blickte nach unten. Der Zahnhaufen in ferner Tiefe wirkte wie ein kleiner, weißer Kreis.
»Und die junge Frau ist fort«, fügte Mittlerer Dave hinzu.
»Ach? Ich habe doch angeordnet, daß sie getötet werden sollte.«
Mittlerer Dave zögerte. Ma Blütenweiß hatte ihre Söhne dazu erzogen, Frauen als zarte und sensible Geschöpfe zu respektieren – die Jungen waren ordentlich verdroschen worden, wenn Ma Blütenweiß’ empfindliches Radar irgendwelche respektlosen Tendenzen ortete. In dieser Hinsicht hatte Ma Blütenweiß fast übersinnliche Fähigkeiten entwickelt: Sie konnte Respektlosigkeiten selbst dann erkennen, wenn man sie drei Zimmer entfernt flüsterte.
So etwas ging natürlich nicht spurlos an einem vorüber. Ma Blütenweiß hatte es immer verstanden, dem Rest der Welt ihren Stempel aufzudrücken. Was die anderen betraf… Sie fanden nichts dabei, die Leute aus dem Weg zu räumen, die zwischen ihnen und viel Geld standen. Allerdings behagte ihnen ganz und gar nicht, wenn Kaffeetrinken sie dazu aufforderte, jemanden nur deshalb umzubringen, weil er seinen Zweck erfüllt hatte. Es erschien ihnen nicht etwa
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