Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente
Mädchen |71| auch gar nicht werden, oder? Ich geb ihr den Rest aus meinem Weinglas. Sie leert ihn auf Ex. Dann schläft sie ein.
Da meine Gehirnzellen jetzt völlig durcheinander wallen, übernimmt der Rudi wieder das Kommando.
»Du musst einen Köder auslegen, damit du es rauskriegst, Franz«, sagt er und nippt an seinem Glas, das ungerechterweise noch fast voll ist.
»Einen Köder? Du meinst, ich soll den Moratschek vor unserm Haus auf- und abgehen lassen?«
»Zum Beispiel«, sagt der Rudi und lehnt sich selbstgefällig zurück. »Schau, wenn der Küstner dem Moratschek was antun will, und du wissen willst, wo der Küstner so rumhängt, gibt’s keine andere Möglichkeit.«
Vermutlich hat er recht, der Rudi. Das heißt wohl, den Moratschek zu überzeugen, als Lockvogel in unserem Hof herumzuflattern. Begeisterungsstürme wird das bei ihm nicht grade auslösen.
»Und wie läuft’s bei dir so? Bist du wieder schwer am Hinterherschnüffeln?«, frag ich und weiß, dass ich mit diesem Begriff tief ins Innerste seiner Berufsehre stoße. Seine Mimik wechselt prompt von arrogant zu beleidigt.
»Ja, es läuft wie geschmiert, Eberhofer. Wirklich wie geschmiert. Irgendwer geht halt immer fremd, weißt du. Bin viel im Ausland unterwegs. Viel in Italien. Apropos Italien … wie geht’s eigentlich deiner Susi?«
Jetzt hat er mich. Die Susi ist nämlich ein empfindliches Thema für mich. Sehr empfindlich sogar. Und weil mich der Birkenberger eben kennt wie seine Westentasche, weiß er das auch.
»Was geht mich die Susi an?«, frag ich erst mal und versuch, einen bockigen Tonfall zu vermeiden. So ganz gelingt es wohl nicht.
Er grinst.
|72| »Wie kommst du überhaupt ausgerechnet auf die Susi?«, frag ich weiter.
»Bloß so halt«, sagt er und nuckelt lange an seinem Weinglas. Sehr lange sogar.
»Wie, bloß so halt?«, will ich nach einer unglaublich unverschämten Ewigkeit dann endlich von ihm wissen.
»Ja, weil ich sie halt manchmal sehe, deine Susi. Gut schaut sie aus. Wirklich gut. Wenn auch nicht sehr glücklich, muss ich vielleicht dazu sagen. Ein bisschen abgearbeitet halt. Aber sonst, wirklich klasse.«
»Und wieso siehst du die Susi manchmal?«
»Ja, weil ich eben viel in Italien zu observieren hab, gell. Und des Öfteren auch in der Nähe von der Susi ihrem neuen Zuhause, verstehst?«
Dann kommt Gott sei Dank die Oma rein. Das heißt, im ersten Moment kann ich sie als solche gar nicht erkennen. Erst wie sie zu schreien anfängt, ist mir klar, dass es sich um die Oma handelt.
»Na, Franz, was sagst?«, will sie wissen, wie sie auf meiner Höhe ist. Sie hat die Haare anders. Krausig und hellblau. Irgendwie schaut sie aus wie ein Pudel. Wie ein Zwergpudel natürlich.
»Ich war beim Friseur. Der war im Angebot. Zwanzig Euro für Dauerwelle und Farbe. Ist das nicht einwandfrei?«
Ja, ganz einwandfrei sogar. Damit dürfte die leidige Unterhaltung mit dem Rudi-Arsch endlich ihr Ende gefunden haben.
Dann erzählt der Zwergpudel, dass ein nettes junges Ding ihr die einwandfreie Frisur verpasst hat. Drei Männer mit Notizzetteln sind drum herum gestanden. Die waren weder nett noch jung. Am Schluss hat das nette junge Ding sogar geweint. Und die Männer haben die Köpfe geschüttelt. Die Oma hat dem Mädchen gesagt, es ist eine ganz |73| wunderbare Frisur. Die wunderbarste, die sie je hatte. Und hat ihr die Hand geschüttelt. Das hat sie gefreut. Und die Männer … die Männer haben blöd geschaut. So erzählt sie’s, die Oma.
»Zwanzig Euro«, sagt sie. »Das lass ich mir eingehen. Ich bin doch nicht der Onassis, gell.«
Nein, wie der Onassis schaut die Oma in keinem Fall aus. Nicht die geringste Ähnlichkeit. Und so fahren wir heim.
|74| Kapitel 8
Auf der Zugfahrt geht mir die ganze Sache mit der Susi noch mal so durch den Kopf. Gut schaut sie aus, hat er gesagt, der blöde Privatschnüffler. Wenn auch ein bisschen abgearbeitet. Wahrscheinlich lässt sie ihr toller italienischer Stecher von früh bis spät die Drecksarbeit machen, während er derweil am Strand entlangflaniert. Ja, so sind sie halt, die Südländer. Dolce vita, sag ich da nur. Und die Weiber kriegen womöglich ein Kopftuch um und dürfen sich totschuften. Aber sie hat’s ja nicht anders gewollt, die liebe Susi. Hat holterdipolter ihre wunderbare Stellung in unserer wunderbaren Gemeindeverwaltung aufgegeben. Hat die geliebte Heimat verlassen. Und ihre treuen Freunde. Ganz zu schweigen von ihrem lieben Franz. Und alles nur wegen
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