Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente
kriegt, beginnt er von vorne.
»Da kommt’s ihr nie drauf!«
Er wirft auffordernde Blicke aus einem geheimnisumwitterten Gesicht. Der Wolfi und ich sind uns einig. Keinerlei Reaktion.
»Den Flötzinger!«, sagt der Simmerl.
Wenn man davon ausgeht, dass der Simmerl und der Flötzinger im Regelfall mindestens einmal täglich aufeinanderprallen, ist diese Auskunft mehr als unspektakulär. Aber er gibt noch nicht auf.
»Und ratet’s mal, wo!«
Meine Herren, kann der nicht einfach das Maul halten und sein Bier trinken? Oder wenigstens nur das Maul halten?
»In der Apotheke!«
Aha.
»Aha«, sag ich, weil er mir fast schon leid tut mit der ganzen Ignoriererei.
»Und ratet’s mal, was er gekauft hat!«
»Du, Simmerl«, sagt der Wolfi ganz ruhig. »Entweder erzählst du es jetzt oder du lasst es bleiben. Aber hör mit diesem Kindergartenspielchen auf, kapiert?«
|66| »Also, gut. Das war so, die Gisela … die Gisela hat eine Nasennebenhöhlenentzündung, das kann man sich gar nicht vorstellen. Verschleimt bis zum Gehtnichtmehr. Alles zu. Ein Gerotze den ganzen Tag, erbärmlich. Also renn ich los und hol Medizin.«
Der Wolfi und ich fangen zu würfeln an.
»Jetzt passt’s doch einmal auf, Herrschaft! Das Beste kommt doch erst«, sagt der Simmerl, und es beruhigt mich, dass wir das Beste nicht etwa schon versäumt haben.
»Und da steht der Flötzinger an der Kasse, gell. Und was kauft er, der Flötzinger? Ein Viagra kauft er! Ist das nicht super?«
Der Wolfi und ich verbeißen uns ein Grinserl.
Der Simmerl ist enttäuscht. Weil er halt jetzt ein Mordshurra für seine Exclusive-News erwartet hat.
»Ach, leckt’s mich doch am Arsch!«, knurrt er uns her, trinkt sein Bier aus und geht. Das heißt, genau in dem Moment, wo er zur Tür raus will, will der Papa rein. Sie schütteln sich kurz die Hand.
»Wolltest du zu mir?«, fragt der Simmerl den Papa.
»Nein, zum Franz«, sagt der Papa.
»Mit dem brauchst heut gar nicht reden, weil er deppert ist«, sagt der Simmerl.
»Deppert ist der immer. Reden muss ich trotzdem mit ihm«, sagt der Papa und grinst.
Der Neugier halber bleibt der Simmerl im Türrahmen stehen.
Dann erfahr ich, dass morgen die Sushi zu Besuch kommt. Und zwar allein. Weil ihre Ernährer in ihrer großartigen Buchhandlung eine großartige Autorin beweihräuchern müssen. Und weil ich der auserwählte Lieblings-Babysitter vom Zwerg Nase bin, ordert der Papa meine Anwesenheit. Da hat er sich aber geschnitten. Weil der Franz nämlich |67| morgen den Birkenberger Rudi in München besucht. So ist es vereinbart. Also nix mit Onkel Franz.
»Ich hab’s dir ja gleich gesagt, Eberhofer. Der ist deppert«, sagt der Simmerl noch. Dann verlassen sie Schulter an Schulter das Lokal.
»Viagra!«, grinst der Wolfi und schenkt uns ein Schnapserl ein.
»Sechserpasch«, sag ich.
»Unglaublich«, sagt der Wolfi, und wir stürzen den Schnaps in unsere Kehlen.
›I can’t get no satisfaction‹ tönt es übern Hof, genau wie ich heimkomm. Ich schau so durchs Fenster und kann sie schon sehen. Ein mittlerweile vertrautes Bild, zwei ältere Herren zwischen Schallplatten des gleichen Semesters und Rotweinflaschen, nicht wesentlich jünger. Neu an dem Bild ist aber der Simmerl. Der Simmerl sitzt auf einem Sessel, weil er vermutlich nie mehr in die Höh käm, würde er am Boden sitzen. Er sitzt etwas seitlich, rechts außen, würd ich mal sagen, und raucht einen Joint. Den reicht er dann weiter an den Papa. Nach einem tiefen Zug wechselt das Rauschgift erneut seinen Genießer und klebt jetzt an richterlichen Lippen.
Ich hab das Wohnzimmer noch kaum betreten, da zielen zwei Pistolen genau in meine Richtung.
»Keinen Schritt weiter!«, schreit der Papa.
Der Moratschek lacht.
»Sag einmal, was wird das hier?«, frag ich so durch den süßlichen Qualm hindurch.
Der Moratschek lacht.
»Keinen Schritt weiter!«, schreit der Papa.
»Leg die Waffe weg«, sag ich und geh direkt auf ihn zu.
Ein Schuss löst sich und schlägt genau über mir in den Deckenbalken ein. Ich schau auf das Einschussloch.
|68| »Keinen Schritt weiter!«, schreit der Papa.
Aber ich denk gar nicht dran, sondern geh vielmehr pfeilgrad auf ihn zu.
»Der ist deppert«, sagt der Simmerl.
Der Moratschek lacht.
Ich geh hinter in die Ecke und stell die Musik ab.
»Keinen Schritt weiter!«, schreit der Papa, und in der nun eingetretenen Stille ist das natürlich unglaublich laut. So laut, dass er selber erschrickt.
Ich nehm ihm seine
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