Schwer verliebt: Roman (German Edition)
im Knast (Dad) oder ist mit meinem Geld durchgebrannt (Mom). Wahrscheinlich ist es gut, dass ich ein Einzelkind bin.
Auf jeden Fall habe ich in den Jahren, in denen ich mit Coopers Bruder zusammen war, festgestellt, dass das, was für Jordan wichtig war, nur selten auch für mich Bedeutung hatte. Deshalb greife ich auch nicht sofort zum Hörer, um ihn anzurufen, sondern höre mir alle Nachrichten an – eine Reihe von Auflegern, wahrscheinlich irgendwelche Telefonverkäufer – und eile dann wieder in die Kälte hinaus.
Jetzt, wo ich eins brauche, finde ich natürlich kein Taxi, deshalb muss ich die fünf oder sechs Blocks (Avenue-Blocks, keine kurzen Straßenblocks) zum Krankenhaus zu Fuß laufen. Aber das ist schon okay. Die Regierung empfiehlt, man sollte jeden Tag eine halbe Stunde lang trainieren. Oder eine Stunde? Na ja, was auch immer, fünf Blocks bei der bitteren Kälte kommt mir genug vor. Als ich im Krankenhaus ankomme, sind meine Nase und meine Wangen fast erfroren.
Aber im Wartezimmer ist es warm und nicht so chaotisch wie sonst. Offensichtlich hat die Wettervorhersage die meisten Hypochonder bewogen, zu Hause zu bleiben, und ich finde mit Leichtigkeit einen Platz. Eine freundliche Krankenschwester hat den Fernseher umgeschaltet, sodass jetzt statt der üblichen spanischen Soaps New York One alle über den herannahenden Blizzard auf dem Laufenden hält. Jetzt brauche ich nur noch einen heißen Kakao – dazu muss ich nur ein paar Münzen in den Kaffeeautomaten stecken – und etwas zum Frühstück.
Essen findet man allerdings im Wartezimmer der Notaufnahme des St. Vincent nicht so leicht, wenn man mal von den Schokoriegeln aus dem Automaten absieht.
Normalerweise würde mich das ja nicht abschrecken, aber nach den Ereignissen des Morgens ist mir ein bisschen übel, und ich bin mir nicht sicher, ob mein Magen den plötzlichen Zufluss von Salz und Karamell so leicht verkraften würde wie sonst.
Außerdem öffnen sich jetzt gerade die Türen, um Besucher einzulassen. Den Zettel, auf dem der Name und die Matrikelnummer des Studenten stehen, finde ich natürlich in der Eile nicht, und ich kann nur hoffen, dass nicht allzu viele Einundzwanzigjährige in der Notaufnahme ihren
Rausch ausschlafen, nachdem sie an ihrem Geburtstag zu viele Schnäpse getrunken haben. Die Schwestern können mir bestimmt weiterhelfen …
Letztendlich brauche ich ihre Hilfe jedoch gar nicht, weil ich den Studenten auf Anhieb erkenne. Er liegt mit einem weißen Laken zugedeckt auf einer Trage.
»Gavin!«
Stöhnend vergräbt er sein Gesicht im Kissen.
»Gavin!« Finster blicke ich auf ihn herunter. Ich hätte es wissen müssen. Gavin McGoren jun., Filmstudent und die größte Nervensäge in Fisher Hall: Wer sonst hätte meinen Chef die ganze Nacht lang auf Trab halten können?
»Ich weiß, dass du nicht schläfst, Gavin«, sage ich streng. »Mach die Augen auf.«
Gavins Augenlider flattern. »Himmelherrgott!«, schreit er. »Sehen Sie nicht, dass ich krank bin?« Er zeigt auf die Infusion an seinem Arm.
»Ach, bitte«, sage ich angewidert, »du bist nicht krank. Du bist nur blöd. Einundzwanzig Schnäpse, Gavin?«
»Na und?«, murmelt er und legt sich den freien Arm über die Augen, damit ihn das Licht aus den Neonröhren über ihm nicht so blendet. »Meine Kumpel waren ja bei mir. Ich wusste doch, dass mir nichts passieren konnte.«
»Ach so, deine Kumpel«, erwidere ich schneidend. »Oh ja, deine Kumpel haben toll auf dich aufgepasst.«
»Hey.« Gavin zuckt zusammen, als ob ihm der Klang seiner eigenen Stimme wehtäte, was vermutlich auch der Fall ist. »Schließlich haben sie mich hierhergebracht.«
»Sie haben dich hier abgeliefert «, korrigiere ich ihn. »Und allein gelassen. Ich sehe hier keinen mehr. Du?«
»Sie mussten in die Vorlesung«, sagt Gavin erschöpft. »Und woher wollen Sie das überhaupt wissen? Sie waren
ja nicht hier. Das war der andere Typ aus dem Wohnheimbüro, wo ist er überhaupt?«
»Wenn du Tom meinst, den Leiter des Wohnheims«, erwidere ich betont, »er musste zu einem anderen Notfall. Wie du weißt, bist du nicht der einzige Student bei uns, Gavin.«
»Warum machen Sie mich eigentlich an?«, will Gavin wissen. »Ich hatte Geburtstag.«
»Tolle Art zu feiern«, sage ich.
»Ich wollte es für eine Seminararbeit filmen.«
»Du filmst dich immer für Seminararbeiten, wenn du irgendwas Blödes machst«, sage ich. »Kannst du dich noch an die Szene aus Hannibal erinnern? Die mit dem
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