Schwer verliebt: Roman (German Edition)
»Detective Canavan stellt keine einzige richtige Frage. Er versteht es einfach nicht, Informationen aus den Kids herauszuholen. Ich schon. Und ich schwöre dir, dass es dabei auch bleibt. Ich sammle nur Informationen, und die übergebe ich ihm dann.«
»Hältst du mich wirklich für so leichtgläubig, Heather?« , fragt Cooper.
Er blickt mich böse an. Mein Gesicht prickelt in dem eisigen Wind, und meine Augen brennen, aber ihm scheint die Kälte nichts auszumachen. Vielleicht schützen ihn ja die Bartstoppeln.
»Weißt du, es ist anstrengend, an einem Ort zu arbeiten, der Todestrakt genannt wird«, sage ich. »Tom hat gerade erst seine Stelle angetreten, und er will schon wieder kündigen. Sarah ist sowieso unmöglich. Ich versuche doch nur, Fisher Hall wieder zu einem fröhlichen Ort zu machen. Ich versuche nur, meine Arbeit zu tun.«
»Irgendein Mädchen zu maßregeln, weil es Enthaarungsmittel in die Shampooflasche seiner Zimmergenossin gefüllt hat«, sagt Cooper, wobei er eine häufige Form von Folter unter Zimmergenossinnen am New York College erwähnt, »und die Person zu finden, die dafür verantwortlich ist, dass der Kopf eines Cheerleaders auf dem Herd gestanden hat, sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Eins davon ist dein Job. Das andere nicht.«
»Ich will doch nur mit Doug Winer sprechen«, sage ich. »Was kann es schon schaden, wenn ich mit ihm spreche?«
Cooper wendet den Blick nicht von mir. »Bitte, tu es nicht«, sagt er so leise, dass ich mir nicht ganz sicher bin, ob er es überhaupt gesagt hat. Allerdings habe ich gesehen,
dass er die Lippen bewegt hat. Diese für einen Mann seltsam vollen Lippen, die mich manchmal an ein Kissen erinnern, das ich mir gerne an…
»Du kannst ja mitkommen«, biete ich ihm fröhlich an. »Komm mit mir, dann wirst du schon sehen. Ich rede nur mit ihm. Ich ermittle nicht. Ganz bestimmt nicht!«
»Dir ist nicht zu helfen«, sagt Cooper. »Wirklich, Heather. Sarah hat Recht. Du hast tatsächlich einen Superman-Komplex.«
»Ja, geschenkt«, erwidere ich und ergreife ihn am Arm. »Und? Kommst du mit?«
»Habe ich eine andere Wahl?«, fragt Cooper.
Ich überlege.
»Nein«, sage ich.
10
»Delivery«
Von Heather Wells
Das Verbindungsgebäude, Waverly Hall, ist ein riesiger Bau, der gegenüber von Fisher Hall auf der anderen Seite des Washington Square Parks liegt. Umgeben von einer Steinmauer, die einen Hof von der Straße abschirmt, wirkt es eleganter als die anderen Gebäude um den Platz herum. Deshalb sind wohl in diesem Gebäude auch die Griechischen Bruderschaften des Colleges untergebracht, eine Verbindung pro Etage, die Frauenverbindungen, von denen es weniger gibt, wohnen in einem moderneren Gebäude auf der Third Avenue.
Da ich nie Griechisch gelernt habe, verstehe ich auch nicht, was die Symbole auf den Klingelschildern am Eingang bedeuten.
Tau Phi Epsilon jedoch erkenne ich sofort, weil es nicht
in griechischen Schriftzeichen, sondern in lateinischer Schrift geschrieben ist.
Im Gegensatz zu dem sorgfältig gekehrten Bürgersteig vor Fisher Hall ist der Hof vor Waverly Hall schmutzig, voller leerer Bierdosen. Die Kübelpflanzen vor dem Eingang sind mit Frauenunterwäsche statt mit Weihnachtslichtern dekoriert, von schwarzen Spitzentangas über weiße Calvin-Klein-Unterhosen bis hin zu gepunkteten Bikinihöschen kommt alles vor.
»Man sollte schöne Unterwäsche nicht so verschwenden«, sage ich, aber Cooper reagiert auf meine witzige Bemerkung gar nicht. Mit bösem Gesicht reißt er die Tür auf und lässt mich vorangehen, bevor er selber eintritt.
Drinnen ist es so warm, dass meine Nase sofort auftaut. Wir gehen durch ein relativ sauberes Foyer, das von einem grauhaarigen Wachmann bewacht wird, der so viele geplatzte Äderchen im Gesicht hat, dass man ihm seine Vorliebe für Whiskey (hoffentlich außerhalb der Dienstzeit) deutlich ansieht. Als ich ihm meinen Personalausweis zeige und ihm sage, wir möchten zu Doug Winer von Tau Phi Epsilon, winkt er uns sofort durch, ohne auf der Etage anzurufen, ob Doug überhaupt zu Hause ist. Und als wir vorbeigehen, wird mir auch klar, warum er das tut: Er schaut sich auf einem seiner Monitore eine Soap Opera an.
Schweigend fahren Cooper und ich in dem winzigen Drei-Personen-Aufzug nach oben. Als er nach einer holperigen Fahrt im fünften Stock hält und die Tür aufgeht, springt mir ein riesiger Schriftzug in die Augen, den jemand in fluoreszierenden pinkfarbenen Buchstaben an die Wand
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