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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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darauf
erschien ein jüngerer Mann in abgewetzter Jeans und sportlichem Hemd, dessen
Ärmel hochgerollt waren. Er blieb in der Türöffnung stehen und hielt seinen Fuß
davor.
    »Hi.« Er sah Lüder
an. »Sind Sie der Besucher?«
    Lüder nickte und
hielt dem Mann seinen Ausweis hin.
    Der warf einen
kurzen Blick darauf. »Zu wem wollen Sie?«
    »Zur
Geschäftsleitung.«
    »Zu Frank«,
stellte der junge Mann fest. »Kommen Sie«, forderte er Lüder auf und ging
voran.
    Durch die offenen
Türen konnte Lüder einen Blick in die Büros werfen. Es sah futuristisch aus.
Alle Arbeitsplätze waren mit Bildschirmen vollgestellt. An manchen saßen
Angestellte und starrten auf die Mattscheibe, an anderen Arbeitsplätzen hatten
sich mehrere um einen Computer geschart und schienen in lebhafte Diskussionen
verwickelt zu sein. Lüder fiel auf, dass die gesamte Belegschaft ausschließlich
aus jüngeren Mitarbeitern zu bestehen schien. Als sie einen Raum passierten, in
dem eine Minibar aufgestellt war, auf deren Tresen ein moderner Kaffeeautomat
blinkte, und ein Mann auf einer Relaxliege zu schlafen schien, die Ohren durch
einen Kopfhörer von der Umwelt abgeschirmt, bemerkte Lüders Begleiter seinen
Blick.
    »Hier wird hoch
konzentriert gearbeitet. Sie brauchen zwischendurch eine Phase zum Relaxen. Das
soll durch dieses Ambiente bewirkt werden.«
    »Klappt das?«,
fragte Lüder interessiert und verglich im Geiste diese Arbeitsplätze mit den
Büros in seiner Behörde.
    »Ja«, lachte sein
Begleiter.
    Lüder stieß fast
mit einem asiatisch aussehenden Mann zusammen.
    »Sie haben eine
internationale Belegschaft?«
    »Die
Informationstechnologie ist weltumspannend. Da gibt es keine Ländergrenzen.
Dank Satellitentechnik sind Sie in Echtzeit an fast jedem Platz der Erde.
Denken Sie an die Möglichkeiten, die Internet und Handys den Menschen in
Libyen, Ägypten oder Syrien, dem Iran oder China schenken. Wo Despoten früher
ihr Volk unterdrücken konnten, erfährt heute die ganze Welt vom Unrecht.« Er hielt
so abrupt an, dass Lüder auflief. »Hier sind wir.«
    Wie zu den anderen
Räumen stand auch hier die Tür offen.
    »Frank«, sagte
sein Führer. »Besuch für dich.« Zu Lüder gewandt erklärte er: »Unser
Geschäftsführer.«
    Der Angesprochene
stand auf. Er trug eine Edeljeans, die im Unterschied zu der seines
Mitarbeiters nicht zerschlissen war, und ein Poloshirt von Ralph Lauren. Er war
groß und von sportlicher Gestalt. Das blonde Haar trug er zu einem
Pferdeschwanz gebunden, der hinten über den Kragen hing.
    Er kam Lüder
entgegen, streckte die Hand aus und sagte: »Hi, ich bin Frank Hundertmarck.«
    Auch wenn sich
hier alle offenbar mit einem lässigen »Hi« begrüßten, erwiderte Lüder den Gruß
mit einem »Moin«.
    »Dr. Lüders ist
vom Landeskriminalamt«, erklärte sein Führer, nickte Lüder zu und verschwand
diskret mit einem »Tschau«.
    Diese Erklärung
genügte Hundertmarck, um Lüder ins Büro zu bitten und hinter ihm die Tür zu
schließen. Dann zeigte er auf den modernen Besucherstuhl, der bequemer war, als
das Design vermuten ließ.
    »Ich untersuche
einen Mordfall«, sagte Lüder. »Vom Opfer führen Spuren zu Ihnen.«
    »Zu uns?«
Hundertmarck sah Lüder erstaunt an.
    »Der Mann ist in
der vergangenen Woche vor Ihrem Firmensitz herumspaziert. Ihr Sicherheitsdienst
hat daraufhin die Polizei gerufen, die aber nichts Verdächtiges hat feststellen
können.«
    »Der war das? Ich
habe am nächsten Tag bei der Polizei nachgefragt.«
    »Kannten Sie den
Mann?«
    »Nein! Wie kommen
Sie darauf?«
    »Sie haben sich
doch Ihr Überwachungsvideo angesehen. Haben Sie ihn darauf erkannt?«
    »Das war ein
Fremder, ein Unbekannter«, behauptete Hundertmarck. Ihm war nicht aufgefallen,
dass Lüder nicht gefragt, sondern unterstellt hatte, dass der Geschäftsführer
sich das Video angesehen hatte.
    »Ich möchte es
auch sehen«, sagte Lüder mit Bestimmtheit.
    Mit Genugtuung
stellte er fest, dass Hundertmarck in seinem Hightech-Unternehmen jemanden
bestellen musste, der die Überwachungsanlage bedienen und das Video vorführen
konnte. Lüder hatte McCormick nur auf dem Seziertisch gesehen. Daher bedurfte
es einiger Phantasie, um ihn wiederzuerkennen.
    Der Amerikaner war
langsam an der Straßenfront des Firmengebäudes entlanggegangen, hatte gewendet
und dieses Manöver mehrfach wiederholt. Zwischendurch war er stehen geblieben,
und deutlich war zu erkennen, dass er das Haus aus unterschiedlichen
Perspektiven fotografierte.

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