Schwere Wetter
Dellany.
»Schleswig-Holstein. Capital ist Kiel. Capital ist aber nicht gleichzusetzen mit Kapital. Darüber verfügt das Land nicht«,
fügte er leise hinzu und unterließ es, Dellanys Nachfrage zu diesem kleinen
Wortspiel zu beantworten.
Der Amerikaner
fragte noch einmal nach Mailadresse und »Mobeilnamber«, aber Lüder versagte ihm
diese Auskunft. Er wusste, dass er vom Konsulat keine Unterstützung erwarten
durfte. Auch wenn es für seine eigenen Ermittlungen hinderlich war, hatte er in
gewissem Maße Verständnis für die Verschlossenheit der Amerikaner, da US -Bürger in vielen Ländern der Welt aus niederen
Beweggründen verfolgt wurden.
Es war schwierig,
die Identität Dustin McCormicks zu überprüfen. Vorerst gab es keine weiteren
Anhaltspunkte als das, was sie dem Pass hatten entnehmen können. Wie erwartet
waren im Polizeicomputer keine Informationen über ihn vorhanden.
Häufig war es bei
neuen Fällen schwierig, einen konkreten Ansatzpunkt zu finden. Hätte Lüder von
McCormicks Interesse an dem Büdelsdorfer IT -Unternehmen
gewusst, wäre ihm die zweite Fahrt Richtung Rendsburg erspart geblieben. Mit
Sicherheit würde das zu Diskussionen mit dem Abteilungsleiter führen, wenn Lüder
seine Fahrtkostenabrechnung einreichen würde. Dr. Starke nahm sich die
Unterlagen stets persönlich vor und prüfte sie akribisch auf Notwendigkeit und
Plausibilität. Der Kriminaldirektor suchte an vielen Enden gleichzeitig nach
Punkten, die er Lüder vorwerfen könnte.
Die »securus
consulting« residierte in der Fehmarnstraße, die dem gleichnamigen
Gewerbegebiet am östlichen Stadtrand den Namen gegeben hatte. Gleich zu Beginn
lag das große Druckzentrum des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages, in
dem viele der großen Tageszeitungen des Landes gedruckt wurden. Neben dem
futuristisch anmutenden Verwaltungsbau des Druckzentrums, das auf Stelzen zu
schweben schien, lag ein Gebäude aus dunkelblauem Glas, das von einem hohen
Metallzaun eingefriedet war. Man hatte sich Mühe gegeben, den Zaun durch eine
entsprechende Bepflanzung zu verstecken, aber bis das gelungen war, würden noch
ein paar Jahre vergehen.
Während andere
Unternehmen stolz ihren Firmennamen zur Schau stellten und damit warben,
begnügte sich dieser Betrieb mit einem fast unscheinbaren Schild aus Plexiglas,
das neben der Einfahrt montiert war.
Bereits der
Besucherparkplatz wurde durch eine Kamera überwacht. Lüder beobachtete, wie das
Gerät seinen Weg verfolgte. Die Tür war aus Sicherheitsglas, stellte er fest,
als er davor wartete und einer unsichtbaren Stimme seinen Wunsch vortragen
musste. Nach einer Weile tauchte ein älterer Mann in der Uniform eines Wach-
und Sicherheitsdienstes auf. Er forderte Lüder auf, den Dienstausweis gegen die
Glasscheibe zu halten. Mit Belustigung sah Lüder, wie der Mann seine Brille
zurechtschob, die Stirn runzelte und versuchte, das Dokument zu lesen. Er war
sich nicht sicher, ob der Security-Mann alles verstanden hatte. Der
Uniformierte wollte sich aber keine Blöße geben und öffnete die Tür.
»Zu wem wollen
Sie, äh?«, fragte er und zog die Nase hoch.
»Zur
Geschäftsleitung.«
»Zu Herrn äh …
Warum denn, äh?«
»Melden Sie mich
bitte an. Ich glaube nicht, dass Ihr Chef begeistert ist, wenn er hört, dass
Sie nicht die Vertraulichkeit wahren, die von Ihrem Unternehmen erwartet wird.«
»Wenn Sie meinen,
äh.« Der Mann schlurfte voran und verschwand hinter einem Tresen. Dahinter
verbarg sich eine Reihe von Monitoren.
»Beobachten Sie
auch die Umgebung? Und wird das aufgezeichnet?«
»Das ist ein
Geheimnis, äh.« Erneut zog der Mann die Nase hoch und suchte in einer
abgegriffenen Kladde. »Ach, hier«, murmelte er, rückte seine Brille zurecht,
bis es ihm im zweiten Anlauf gelang, das Telefon zu bedienen.
»Ja, äh, hier der
Empfang. Da ist ein Mann für Sie.« Er lauschte in den Hörer. »Ja, Herr …« Er
sah Lüder an. »Wie war noch gleich Ihr Name, äh?«
»Lüders.
Landeskriminalamt.«
»Ein Rüders vom
Kriminalamt.« Dann legte er auf und bat Lüder zu warten.
Der Vorraum war,
abgesehen von ein paar Grafiken an der Wand, karg und nur mit zwei modern, aber
unbequem aussehenden Stühlen möbliert. Von ihm führte eine weitere Tür aus
Sicherheitsglas ins Gebäude, die durch ein elektronisches Schloss gesichert
war. Lüder erkannte ein Touchpad, eine Fläche, auf die der Zugangsberechtigte
seine Hand legte und über die Fingerabdrücke identifiziert wurde.
Kurz
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