Schwere Wetter
viele.
Hartnäckig halten sich die Gerüchte, dass ausländische Mächte rund um den
Globus auf der Jagd nach Datengeheimnissen sind. Angeblich sind dem
amerikanischen Verteidigungsministerium vierundzwanzigtausend geheime Dateien
abhandengekom- men. Hinter vorgehaltener Hand vermutete man, dass die Chinesen
dahinterstecken. Nicht umsonst hat der US -Verteidigungsminister
gedroht, wer Amerikas Computersysteme und Netzwerke angreift, er sprach von
einem Cyberkrieg, muss mit einer konventionellen Vergeltung rechnen, also mit
einem Militärschlag. Die Warnung war deutlich und unmissverständlich. Dagegen
ist der Angriff auf die Homepage des Oppositionsführers im Kieler Landtag nur
ärgerlich gewesen. Die Hacker haben sie lahmgelegt und stattdessen einen Text
eingestellt, dass die Seite gehackt worden sei, sie aber keine weiteren
Angriffe planen würden. Verstehen Sie jetzt, weshalb wir so sensibel sind, uns
schützen und auch auf mögliche unliebsame Besucher achten, auch wenn sie noch
so harmlos aussehen mögen und scheinbar zufällig vor unserem Gebäude auf und ab
stolzieren?«
»Eine letzte Frage
habe ich noch. Wo haben Sie studiert?«
Hundertmarck sah
erstaunt auf. »Bitte?«, fragte er ungläubig.
Lüder wiederholte
die Frage.
»Gehört das zu
Ihren Ermittlungen?«
»Ja. Es ist nicht
auszuschließen, dass das Motiv in der Hochschulszene zu suchen ist.«
»Ach so.«
Hundertmarck lehnte sich entspannt zurück. »Ich habe in Hamburg an der
Hochschule für Angewandte Wissenschaften studiert. Das ist eine sehr
renommierte Hochschule«, betonte er. »Bei Professor Michaelis, einer der
Kapazitäten schlechthin.«
Lüder nickte.
»Und? Was sagt
Ihnen das?«
»Mehr, als Sie
sich vorstellen können«, erwiderte Lüder, trank den Rest des Cappuccinos aus
und verzichtete auf eine Erklärung. »Kennen Sie Professor Eglschwiler?«
»Aus Kiel. Sicher.
Der Mann ist eine Kapazität. Die Koryphäe auf dem Gebiet der Datensicherheit
schlechthin. Man munkelt, dass Eglschwiler kurz vor dem Durchbruch ist, ein
Sicherheitsverfahren zu entwickeln, das alle bisherigen Firewalls in den
Schatten stellt. Damit könnte man Hackern das Leben schwer, wenn nicht gar
unmöglich machen.«
»Hätte das auch
Auswirkungen auf Viren und Würmer?«
Hundertmarck wiegte
den Kopf, als würde er seine Antwort sorgfältig abwägen. »Möglicherweise«, wich
er aus.
»Wenn eine solche
Entwicklung –«
»Algorithmus«,
korrigierte ihn Hundertmarck.
»Wenn eine solche
Entwicklung sich durchsetzen würde, hätte das doch Auswirkungen auf den Markt
für Viren- und Schutzsoftware.«
»Möglicherweise.«
»Und auf Ihr
Geschäft?«
Lüder erwartete,
dass er erneut ein »Möglicherweise« zu hören bekommen würde, aber Hundertmarck
protestierte: »Unser Business ist ein ganz anderes. Der Softwareschild, den wir
implementieren, ist nur ein Baustein bei der Abwendung des worst
case . Wir führen eine umfassende Security-Beratung durch. Consulting ist
unser Business.«
»Wer sind Ihre
Kunden?«
»Dazu gehören
bedeutende Unternehmen aus ganz Europa. Branchenübergreifend.«
»Nennen Sie ein
paar Beispiele.«
Hundertmarck
schüttelte den Kopf, dass der Pferdeschwanz hin und her flog. »Das ist
topsecret.«
Maximilian
Meerwein von der Kieler Uni hatte sich gewundert, dass McCormick nicht nur über
profundes IT -Wissen zu verfügen schien, sondern
sich in besonderer Weise für das Thema Datensicherheit interessierte.
Möglicherweise war das ein Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen, dachte Lüder
und verabschiedete sich.
Er fuhr direkt nach Hause.
In der Einfahrt stand der ältere VW -Bulli, mit dem Margit den Transport
der Kinder bewerkstelligte, aber auch die Einkäufe erledigte. Im Vorgarten
lagen diverse weitere »Verkehrsmittel« kreuz und quer herum. Lüder kletterte
über Jonas' Roller, Thorolfs Skateboard und Sinjes Fahrrad. Direkt vor der
Stufe zum Eingang fand er sein eigenes teures Rennrad, das nicht angeschlossen
war.
Verärgert trat er
ins Haus und wurde von Margit begrüßt, die aus der Küche herausschaute.
»Du?«, fragte sie
und sah demonstrativ auf die Uhr. »Das ist aber früh. Schön.« Er bekam einen
Kuss aufgedrückt. »Dann können wir ja gemeinsam essen.«
»Was gibt's
denn?«, rief er von der Treppe ins Obergeschoss auf dem Weg zum Umziehen und
Duschen.
»Was wohl? Nudeln
mit Tomatensoße.«
Lüder unterdrückte
eine Antwort. Wenn es nach den Kindern ging, gab es im täglichen Wechsel dieses
Gericht oder Pommes
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