Schwere Wetter
Selbst das unscheinbare Firmenschild aus Plexiglas
hatte er aufgenommen. Wenig später rollte ein Streifenwagen heran. Die beiden
Polizisten stiegen aus und sprachen McCormick an. Die ganze Aufnahme machte
einen friedlichen Eindruck. Die drei redeten eine Weile miteinander, dann zog
McCormick einen Pass aus der Gesäßtasche und reichte ihn einem Polizisten, der
sich daraus etwas notierte. Mit einem Tippen an die Schirmmütze verabschiedeten
sich die Beamten und fuhren davon. Auch der Amerikaner verschwand aus dem Bild.
»Welche Brisanz
sehen Sie darin, dass jemand vor Ihrem Haus auf und ab geht und die Fassade
fotografiert?«, fragte Lüder. »Der Mann hat sich auf öffentlichem Grund und
Boden befunden.«
»Wir sind in
solchen Dingen sehr sensibel«, erklärte Hundertmarck, nachdem er seinen
Mitarbeiter fortgeschickt hatte. Sie kehrten in das Büro des Geschäftsführers
zurück.
»Möchten Sie einen Coffee ?«, fragte er und sprach es englisch aus.
Lüder nickte.
»Eine bestimmte
Spezialität?«
»Normal.«
Hundertmarck griff
zum Telefon. »Ach, Schätzchen. Ich habe Besuch. Würdest du uns einen Cappu bringen?« Dabei sah er Lüder an. »Ist das recht?« Als
Lüder nickte, fuhr er fort: »Einen Cappu mit Cream und für mich einen Costa mit English Toffee Taste .« Dann sah er Lüder an, als
müsse er sich auf das Thema zurückbesinnen. »Wir machen hier Hightech. Das ist
alles confidential . Wenn die Ergebnisse unserer
Arbeit public würden, hätten viele große Unternehmen
ein ernstes Problem.«
»Können Sie mir
das erklären, wenn möglich auf Deutsch«, bat Lüder.
Hundertmarck warf
ihm einen Seitenblick zu, der besagte, dass er Lüder von diesem Moment an nicht
mehr für einen ernst zu nehmenden Gesprächspartner hielt. Lüder war es recht.
»Heutzutage
bestimmt der Computer unser Leben«, begann der Geschäftsführer. »Das Auto ist
damit bespickt, die Haushaltsgeräte, unser Alltag. Ohne Chip könnten Sie nicht
telefonieren, schon gar nicht mobil. Und wie sähe unsere Welt ohne Computer
aus? Der Supermarkt könnte nichts mehr verkaufen, das Stromnetz bräche
zusammen, kein Verkehrsmittel würde mehr fahren und vieles mehr. Stellen Sie
sich vor, Sie würden diese Infrastruktur zerstören. Erinnern Sie sich an ein
paar größere und kleinere Beispiele? Wir stehen kurz vor einer Panik, wenn
aufgrund eines Softwareproblems für ein paar Stunden die Geldautomaten nicht
funktionieren. Wir haben uns daran gewöhnt, uns auf das GPS zu verlassen. Das muss nicht immer von Vorteil sein. Wenn Sie daran denken,
dass bei Umleitungsempfehlungen auch alle anderen, die sich auf die neue
Technologie verlassen, die Nebenstraßen nutzen, ist ein erneutes Chaos auf viel
engeren Wegen vorprogrammiert. Hier stellt sich die neue Technik selbst in
Frage.«
»Sie haben Zweifel
an solchen Entwicklungen?«
»Die sind noch
nicht perfekt, wie ich eben am Beispiel aufgezeigt habe. Darüber hinaus schafft
die Gewöhnung daran auch Risiken. Das ist wie mit dem Rechenschieber, den heute
niemand mehr beherrscht. Dabei vergessen wir, dass es nicht nur eine Technik
ist, sondern damit auch das Wissen um die Logik, die dahintersteckt, verloren
geht. GPS ist keine Errungenschaft der Natur,
sondern Technik. Die ist manipulierbar. Stellen Sie sich vor, Sie modifizieren
die GPS -Signale. Auf den Straßen entsteht ein
unentwirrbares Chaos, da immer weniger Menschen Karten lesen oder sich
anderweitig orientieren können. Ganz abgesehen von Flugzeugen und Schiffen, die
heutzutage nicht mehr eingesetzt werden könnten. Und das Militär? Wie wollen
Sie Raketen und Lenkwaffen treffsicher ins Ziel bringen? Mit den ballistischen
Kenntnissen der alten Kanoniere schaffen Sie es nicht. In solchen Dingen liegen
die Risiken der Zukunft, in der Abhängigkeit unseres Alltags von der Technik,
über die wir uns viel zu wenig Gedanken machen. Wenn Sie all diese Fragen offen
diskutieren und in das Bewusstsein der Menschen bringen würden, dann würde dort
draußen Panik ausbrechen. Wie gut, dass die Menschen sich über solche Dinge
keine Gedanken machen.«
»Und Sie beraten
Unternehmen und Institutionen, wie man sich gegen solche Angriffe wehren kann.«
»Im Prinzip – ja.«
»Können Sie meine
Frage nicht mit Ja oder Nein beantworten?«, fragte Lüder.
»Das Thema ist so
diffizil, dass es mehr Schattierungen als nur Schwarz und Weiß gibt.«
»Wer könnte daran
interessiert sein, an Informationen aus Ihrem Unternehmen zu gelangen?«
»Da gibt es
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