Schwere Wetter
Staatsanwaltschaft?«, fragte Lüder.
»Mit
Oberstaatsanwalt Brechmann wird es keinen Dissens geben.«
»Aha«, sagte Lüder
und bekundete damit, dass er verstanden hatte, dass Dr. Starke noch nicht mit
der Staatsanwaltschaft gesprochen hatte. »Wäre es nicht sinnvoller, wenn
Brechmann –«
»Herr Brechmann«,
unterbrach ihn der Kriminaldirektor.
»… direkt mit
dem Ministerpräsidenten das Für und Wider unserer Ermittlungen abstimmen würde?
Wir würden dann warten, wie die Diskussion ausgegangen ist.« Lüder zog
demonstrativ sein Handy aus der Tasche. »Ich rufe den Regierungschef an, Sie
Brechmann.«
»Es kann nicht
sein, dass unsere Arbeit fremdbestimmt wird«, empörte sich Dr. Starke. »Wie
sollen wir den an uns gestellten Anforderungen gerecht werden, wenn hier jeder
das ausführt, was er für richtig hält? Statt verantwortungsbewusst die Ihnen
gestellten Anforderungen zu erfüllen, erweisen Sie sich als ständiger Opponent.
Das ist, in Anbetracht dessen, was man uns abverlangt, kontraproduktiv.«
»Wenn man Zweifel
an der Leistungsfähigkeit unserer Abteilung hätte, würde man uns nicht mit
besonders heiklen Missionen betrauen«, erklärte Lüder.
Diesem Argument
hatte der Kriminaldirektor nichts entgegenzusetzen. Er hatte die Augen zu
schmalen Schlitzen zusammengepresst und musterte Lüder. Als dieser den Blick
erwiderte, wich Dr. Starke sofort aus.
»Mich würde das
Thema Ihrer Doktorarbeit interessieren«, wechselte Dr. Starke abrupt das Thema.
»Ist es nicht eigenartig, dass Sie so lange Zeit dafür benötigt haben? Ich
frage mich, wie Sie Beruf, Familie und Dissertation unter einen Hut gebracht
haben. Das muss doch Probleme gegeben haben. Sie können doch nicht alles gleichzeitig
erledigt haben. Für die Unmöglichkeit eines solchen Tuns gibt es ein
prominentes Vorbild.«
»Ich trage keine
gegelten Haare und gehe nicht ins Sonnenstudio«, erwiderte Lüder.
Der
Kriminaldirektor hatte verstanden, dass die letzte Anmerkung ihm galt. Umgekehrt
hatte er Lüder zu verstehen gegeben, dass er ihn auf Schritt und Tritt
beobachten und Lüders geringsten Fehler gegen ihn verwenden würde. Auch wenn
Lüder sich derzeit noch gegen seinen Vorgesetzten behaupten konnte, das
Arbeitsklima zwischen den beiden Männern war mehr als unterkühlt.
Lüder stand auf.
»Ich werde Sie weiter auf dem Laufenden halten«, erklärte er und verließ den
Raum.
Lüder rief in der
Kriminaltechnik an, aber Frau Dr. Braun war nicht zu sprechen. Einer ihrer
Mitarbeiter erklärte, dass noch keine Ergebnisse zum Mordfall McCormick
vorlägen.
Auch
Hauptkommissar Vollmers hatte keine Neuigkeiten zu berichten.
»Wissen Sie, auf
wen der Mitsubishi Pajero zugelassen ist?«
»Nein«, erwiderte
Vollmers. Es klang gereizt. »Wir sind nur eine kleine, unterbesetzte
Dienststelle. Sie haben im LKA ganz andere
Möglichkeiten. Warum nutzen Sie die nicht?«
Hätte Lüder dem
Hauptkommissar erklären sollen, dass Dr. Starke Lüders Ermittlungsarbeiten aus
persönlichen Motiven zu hintergehen versuchte? Niemand konnte dem
Kriminaldirektor nachweisen, dass er die Arbeit seiner Abteilung sabotierte.
Aber Lüders Erfolge, die letztlich auch ihm zugutekamen, neidete er ihm doch.
Lüder ließ sich
von Vollmers die Identifikationsdaten des Opfers durchgeben. Er musste das amerikanische
Generalkonsulat in Hamburg benachrichtigen, dass einer seiner Bürger einem Mord
zum Opfer gefallen war.
Von einem früheren
Kontakt wusste er, dass man sich in dem weißen Haus an der Außenalster, das
eine Kopie des großen Bruders in Washington zu sein schien, sehr bedeckt gab
und die Zusammenarbeit mit deutschen Behörden nicht sehr intensiv pflegte. Die
Amerikaner schienen grundsätzlich jedem zu misstrauen.
Das galt auch für
seinen Gesprächspartner. Mr. Jo Dellany sprach Deutsch mit deutlichem Akzent.
Die Stimme hätte jeden Talentsucher begeistert, der einen Sprecher für einen
Werbespot für Hamburger gesucht hätte.
»Nennen Sie mir
bitte Ihren Namen und Ihr Amt, Ihre Durchwahl und die Mailadresse«, bat
Dellany.
»Mein Name ist
Lüders.« Es dauerte eine Weile, bis Lüder dem Mann den Umlaut in seinem Namen
erklärt hatte. Als »Luder« wollte Lüder nicht in Dellanys Aufzeichnungen enden.
»Suchen Sie sich die Telefonnummer des Landeskriminalamts Schleswig-Holstein
heraus und fragen Sie nach mir. Dann können Sie sicher sein, dass Sie den
richtigen Ansprechpartner erreicht haben.«
»In Schleswig?«,
fragte
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