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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Anglerbedarf geben. Er fand das Geschäft in der
lebhaften Holtenauer Straße. Die Straße war in jenes diffuse Zwielicht
getaucht, das den Übergang vom Tag zur Abenddämmerung kennzeichnet. Zu dieser
Zeit wurde das Gewusel von Menschen, die noch schnell ihre alltäglichen
Besorgungen erledigen wollten, geprägt.
    Lüder warf einen
Blick in das Schaufenster. Er verstand von der Materie zu wenig, um das bunte
Angebot an Angelruten und -rollen, Outdoorkleidung, Zubehör und Literatur
beurteilen zu können. Im Inneren des kleinen Ladens setzte sich das für einen
Laien verwirrende Durcheinander fort. Im Hintergrund stand ein Tresen, der von
einem Mann »bewacht« wurde, zumindest machte die Gestalt mit der wilden
Haarmähne, die weit über den Kragen reichte, auf Lüder diesen Eindruck. Der mit
einer kräftigen Statur gesegnete Mann – er mochte die sechzig fast erreicht
haben – sah ihm entgegen. Dabei stützte er sich mit beiden Händen auf dem
Tresen ab, der mit Displays vollgestellt war.
    »'n Abend. Mein
Name ist Lüders. Ich komme von der Kripo Kiel.«
    »'n Abend.«
    »Sie haben sich
von einem begabten jungen Mann ein individuelles Softwareprogramm schneidern
lassen«, stellte Lüder als Einleitung fest. »Herr … Wie ist Ihr Name?«
    »Dingens.
Anglerbedarf Dingens. Was ist damit?«
    »Die Software
stammt nicht von einem Unternehmen, sondern aus privater Hand.«
    Dingens nahm seine
Brille ab und ließ sie an einem Band um den Hals vor der Brust baumeln.
    »Kripo, sagten
Sie?«
    Lüder nickte.
    Der Ladenbesitzer
streckte ihm die Hand entgegen. »Können Sie sich ausweisen?«
    Lüder zeigte
seinen Dienstausweis, den Dingens sorgfältig studierte.
    »Dr. Lüders, ja?
Um was geht es? Das war ein Freundschaftsdienst. Das ist nicht durch die
Buchhaltung gelaufen. Deshalb gibt es auch keine Rechnung. Wenn Sie das
meinen.«
    Lüder winkte ab.
»Ich komme nicht vom Finanzamt. Es geht mir einzig um die Software.«
    Dingens straffte
sich. Er holte tief Luft, dabei sah es aus, als würde sein mächtiger Brustkorb
die Knöpfe des bunten Baumwollhemds sprengen.
    »So ein Scheiß«,
polterte er plötzlich los. »Das Programm, das mir Ulf maßgeschneidert hat, ist
ja in Ordnung. Bis auf ein paar Kinkerlitzchen. Der Junge versteht was von
Computern, aber von Buchhaltung und Fakturierung hat er keinen blassen
Schimmer. Da läuft noch einiges unrund. Aber das kriegt er hin. War preiswert,
das Angebot. Dafür hätte mir ein Profi nie ein individuelles Programm
gestrickt. Wenn ich allerdings bedenke, wie viel Zeit ich für Erklärungen
aufwenden musste, bis Ulf die kaufmännischen Zusammenhänge begriffen hat, war
es schließlich doch nicht günstiger als ein gekauftes. Der große Gammel ist, dass,
kurz nachdem ich das System eingesetzt und Kunden und Artikel erfasst hatte –
das war eine Schweinearbeit, kann ich Ihnen sagen –, plötzlich alles ausfiel.
Nix ging mehr. Da hatte ich so 'n Virus im System. Das war eine Scheiße, kann
ich Ihnen sagen. Ich hatte grade die ersten Internetbestellungen angenommen und
… alles zappenduster. Ulf wusste auch nicht weiter, obwohl er wirklich was
auf dem Kasten hat. Da war guter Rat teuer.«
    Dingens setzte
sich die Brille wieder auf und schob sie ganz nach vorn auf die Nasenspitze.
»Teuer. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich stand vor der Frage, alles in die
Tonne zu kloppen oder mir professionelle Hilfe zu holen. Ich werde das Gefühl
nicht los, dass man mich über den Tisch gezogen hat. Aber«, dabei breitete Dingens
die Hände aus, »was willst du machen. Meine Frau war sauer. Von dem Geld
wollten wir eine Woche nach drüben. Auf den Darß. Stattdessen habe ich diese
Leute aus Büdelsdorf bezahlen müssen, die alles wieder zurechtgebogen haben.«
    »Aus Büdelsdorf?«,
fragte Lüder.
    »Ja. Das waren
Profis. Die haben mein Computersystem abgeholt, und nach drei Tagen hatte ich
es wieder. Jetzt läuft es wieder wie geschmiert. Ich habe mir im
Elektronikmarkt ein Virenschutzprogramm gekauft, das mir Ulf installiert hat.
Die Büdelsdorfer aber meinten, das würde im Zweifelsfall nicht helfen. Sie
boten dagegen einen Servicevertrag an. Aber den kann ich mir nicht leisten. So
viel wirft der Laden nicht ab.«
    Lüder glaubte
Dingens. Der Mann schwelgte mit seinem Geschäft sicher nicht in Reichtümern.
    »Hat Ulf
Besenreither den Kontakt zu den Büdelsdorfern hergestellt?«, fragte Lüder. »Ich
nehme an, dass es sich dabei um ›securus consulting‹ handelt.«
    Dingens nickte.
»Ja,

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