Schwere Wetter
reine Routineangelegenheit. Vielleicht kann Ihr
Sohn uns mit einer Information behilflich sein?«
»Ja, aber … Wenn
die Polizei nach ihm fragt, dann muss doch etwas vorliegen. Das kann nicht
sein, das muss ein Irrtum sein. Ulf hat doch nicht …?« Sie sah Lüder
ungläubig an. »Nein. Der hat bestimmt nichts getan.«
»Frau
Besenreither. Sie können unbesorgt sein. Wir möchten von Ihrem Sohn nur ein
paar Auskünfte, die uns vielleicht weiterhelfen können.«
»Aber doch nicht
von Ulf. Wirklich. Ulf …« Sie brach mitten im Satz ab.
»Ist Ihr Sohn zu
Hause?«
Sie schüttelte den
Kopf. »Nein. Er ist unterwegs.« Sie sah auf die Uhr. »Er ist noch in der
Schule. Dreizehnte Klasse. Humboldt-Gymnasium.« Sie sah erneut auf die Uhr.
»Was ist heute? Mittwoch? Nein, dann ist er schon raus. Vielleicht ist er
direkt zum Club gefahren.«
»Zu welchem Club?«
»Na, zu seinen
Computerfreunden. Da verbringt er jede freie Minute. Er war kaum in der Schule,
da hat er sich für Computer interessiert. Mein Mann hat auch damit zu tun.
Vielleicht steckt das an. Aber Ulf hat eine Begabung dafür, er ist ein
Naturtalent. Was das Wissen anbetrifft … Da hat er meinen Mann schon lange
überholt. Schon seit Jahren. Das will Jürgen aber nicht wahrhaben.« Sie
kicherte ein wenig in das Handtuch hinein, das sie sich vor den Mund hielt.
»Sie glauben gar nicht, was das für Diskussionen bei uns gegeben hat. Väter
sind da eigen. Die mögen das nicht gern, wenn ihre Söhne schlauer sind und auf
einem Gebiet besser Bescheid wissen. Das fing schon damit an, dass Ulf nie eine
Bedienungsanweisung lesen musste. Er hat das sofort begriffen. Jetzt macht er
sein Abitur, und dann studiert er Computer.«
»Sie meinen
Informatik.«
»Genau. Hier in
Kiel. Das passt ganz gut. Dann kann er bei uns wohnen bleiben. Ist ja sonst
eine schöne Belastung für Durchschnittsverdiener wie uns, wenn man dem Kind das
Studium in einer anderen Stadt bezahlen muss. Obwohl … Ulf ist so gut, dass
er sich schon manchen Euro dazuverdient hat. Mit der Computerei.«
»Was macht er denn
genau?«, fragte Lüder, der immer noch vor der Wohnungstür stand.
»Ich weiß nicht,
ob ich das sagen darf.« Frau Besenreither wirkte plötzlich verunsichert. »Von
wegen der Steuer. Ich kümmere mich nicht darum. Aber was ist, wenn dem Jungen
irgendetwas unter der Hand zugesteckt wurde?« Ihre Augen blitzten auf. »Kommen
Sie deshalb?«
»Nein«, sagte
Lüder mit Entschiedenheit. »Ich bin nicht vom Finanzamt. Ulf ist also ein
außergewöhnliches Talent.«
»Ganz sicher«,
bestätigte die Mutter. »Er hat mir gezeigt, wie man Mails verschickt und seine
Bankdaten verwaltet. Ich kann nach Kochrezepten suchen und überhaupt … Ulf
hat mir die Angst vor dem Computer genommen. Aber das ist nur ein kleiner
Teil.« Sie beugte sich zu ihm hin und senkte die Stimme. »Einmal hat er mir
einen Riesenschrecken eingejagt. Ich kam nicht mehr an mein Konto. Der Schelm
hat mir nichts, dir nichts mein Passwort geändert. Ich fand das gar nicht
lustig, obwohl es ja in der Familie geblieben ist. Er hat gelacht und gesagt:
›Mama, du musst vorsichtiger sein.‹ Dafür ist er ja auch in diesem Club, wo er
jetzt wahrscheinlich hingegangen ist. Lauter nette junge Leute. Alles
Computerfreaks. Aber sonst … Zwei Straßen weiter ist ein Geschäft für
Anglerbedarf. Alles, was mit Computern zu tun hat, Einkauf, Rechnungsschreibung
und was weiß ich, das hat Ulf gemacht. Praktisch aus dem Hemdsärmel
geschüttelt.«
»Sie können stolz
auf Ihren Sohn sein«, sagte Lüder. »Ist das die einzige Software, die Ihr Sohn
betreut?«
»Nein. I wo. Da
ist ein Anglerverein, der alles über den Computer abwickelt, ein
Handelsvertreter, und jetzt, glaube ich, macht er sogar etwas für einen gut
betuchten Mann. Ich habe das nicht ganz verstanden, aber da geht es um die
Verwaltung von Aktien und solchen Dingen. Irgendetwas mit einer Verbindung zur
Bank und der Börse. Aber da sollten Sie Ulf selbst fragen. Der kann es Ihnen
besser erklären.«
»Wo ist dieser
Club?«
Ratlosigkeit
überzog Frau Besenreithers Gesicht. »Irgendwo nördlich des Kanals. Genau kann
ich es Ihnen aber nicht sagen. Ulf hat immer wenig Zeit. Und dann sprechen wir
über andere Dinge, nicht über den Club. Außerdem ist er volljährig und kann tun
und lassen, was er will. Um meinen Ulf mach ich mir keine Sorgen, der geht
seinen Weg. Und Unrechtes tut er auch nicht.«
Lüder ließ sich
noch die Adresse des Ladens für
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