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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Persönliches preisgeben. Sehen
Sie einmal ins Internet.«
    Lüder bekundete
durch ein angedeutetes Kopfnicken, dass er Thiel zustimmte.
    »Da stehen
Geburtsdaten, Anschriften, Vorlieben, manche bekennen sich zu religiösen,
politischen oder weltanschaulichen Ansichten. Das kann zukunftszerstörend sein.
Das Internet vergisst nichts, wenn Sie wollen, auf hundert Jahre nicht. Was
einmal publiziert ist, bleibt für die Ewigkeit erhalten. Wer sich im
jugendlichen Überschwang freimütig zu einer – sagen wir einmal – progressiven
politischen Ansicht bekennt, wundert sich vielleicht in zwanzig Jahren, dass er
die angestrebte Führungsposition nicht bekommt. Politische Stimmungen und
Tendenzen können sich ändern, Ihre im Netz wie in Stein gemeißelten
Bekenntnisse haften Ihnen an wie ein Tattoo. Wenn Sie sich im Überschwang der
Gefühle in jungen Jahren den Namen einer Frau in die Haut ritzen lassen, was
meinen Sie, wie oft Sie sich in späteren Jahren bei neuen Partnerinnen
rechtfertigen müssen. Sie werden immer wieder gefragt werden: Wer war Sabine?
Warum trägst du ausgerechnet ihren Namen als Tattoo? Im Internet ist es
ungleich kritischer. Der künftige Personalchef stellt Ihnen diese Frage nicht.
Er lehnt Sie gleich ab. Stellen Sie sich vor, Sie outen sich mit einer – nennen
wir es – von der Norm abweichenden sexuellen Identität. Man sollte es in
unserer heutigen aufgeklärten und liberalen Gesellschaft nicht glauben, aber
wenn Sie Pech haben, haftet es Ihnen wie Schwefelgestank an. Man könnte diese
Liste beliebig fortsetzen. Wenn man mich fragen würde, so würde ich jedem
raten, sich mit der Preisgabe seiner persönlichen Daten zurückzuhalten.«
    Lüder schmunzelte.
»Das ist vielen Menschen vermutlich gar nicht bewusst, was sie im Netz
preisgeben. Niemand würde auf die Idee kommen, dem Nachbarn bei der zufälligen
Begegnung am Gartenzaun zu berichten, dass er Probleme mit dem Stuhlgang hat,
die letzte Lieferung Viagra zwei Tage zu spät kam und kurz vor Ultimo drei
Überweisungen von der Sparkasse wegen mangelnder Deckung nicht ausgeführt
wurden. Dem Netz wird aber alles anvertraut.«
    Thiel nickte.
»Probieren Sie es einmal aus. Klicken Sie Schüler- VZ an und suchen Sie nach Ihren Kindern. Mit ein wenig Glück werden Sie dort
Informationen finden, die Ihnen Ihr Nachwuchs nie anvertrauen würde. Da steht,
dass die letzte Mathearbeit verhauen wurde, die Kids Stress mit diesem oder
jenem haben, manchmal finden Sie auch eine Einschätzung des Verhältnisses zu
den Eltern. Wenn Sie wissen möchten, was Ihr Kind über Sie denkt … Fragen Sie
das Internet.«
    Lüder war
erschrocken. Darüber machten sich Eltern keine Gedanken. Natürlich wusste man
um die Gefahren des Internets, um die Gefährlichkeit der freiwilligen Einträge
in den sozialen Netzwerken. Aber wie so oft, wie bei Erdbeben und Taifunen …
Die Gefahr war unendlich weit entfernt. Er nahm sich vor, dieser Sache
nachzugehen.
     
    Nachdenklich
verließ er das Büro des Hauptkommissars. In der weltumspannenden Kommunikation
lagen viel mehr Gefahren, als der Bürger ahnte, sich vorstellen konnte, zumal
stets nur die zweifelsohne vorhandenen Vorzüge einer globalen Kommunikation und
Informationsfreiheit propagiert wurden.
    Nur wer restriktiv
und verantwortungsbewusst mit diesem Medium umging, überlegte Lüder,
profitierte von den Vorteilen. Viele Menschen ließen es an der nötigen
Sensibilität missen. Und darauf bauten Leute, die es zu ihrem Vorteil
ausnutzten und dafür große kriminelle Energie aufwandten. Nun befand er sich
mitten in der Cyberwelt, doch schon zwei Menschen hatten ihr Leben in der
realen Welt lassen müssen.
    Er musste
unbedingt mit der Gruppe »personality protecting« Kontakt aufnehmen. Bisher
kannte er nur einen Namen: Ulf Besenreither. Der junge Mann wohnte noch bei
seinen Eltern.
     
    Eine knappe halbe
Stunde später klingelte Lüder an einer Wohnungstür in der Schönberger Straße
auf der anderen Seite der Förde.
    Eine
gertenschlanke Frau im Jogginganzug öffnete ihm und sah ihn fragend an. Sie
hatte sich die langen Haare mit einem Stirnband zusammengebunden. Über ihrer
Schulter lag ein Handtuch.
    »Ja? Bitte?«
    »Frau
Besenreither?«
    »Ja?«
    »Mein Name ist
Lüders. Polizei. Ich hätte gern Ihren Sohn Ulf gesprochen.«
    Erschrecken
blitzte in den Augen der Frau auf.
    »Polizei? Ulf?
Mein Gott. Ist was passiert?« Sie griff zum Handtuch und presste es vor den
Mund.
    »Nein. Keine
Sorge. Es handelt sich um eine

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