Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
Er küßte sie.
    Sie war jetzt vollkommen ruhig. Alles wurde sehr klar. Das übellaunige, angespannte Singen in ihren Nerven hatte aufgehört, hatte sich in das sachte Vibrieren nachhallender, sanft angeschlagener Engelsharfen verwandelt, und auf einmal fügte sich alles zusammen.
    »Weißt du was, Jerry, vielleicht ist ja das Latex schuld.«
    »Was?«
    »Ich glaube, der Grund für mein Gesundheitsproblem sind die Kondome. Ich bin allergisch auf Latex, oder woraus die Kondome heutzutage gemacht werden, und vor allem deshalb geht's mir nicht gut.«
    »Wieso solltest du nach einem ganzen Jahr auf einmal eine Allergie entwickeln?«
    »Na ja«, meinte sie, »aufgrund wiederholten Kontakts.«
    Er lachte.
    »Ich hab nämlich schon ein paar Allergien, weißt du. Ich meine, nicht so schlimm wie Alex, aber ein paar hab ich schon. Ich finde, wir sollten von jetzt an immer so miteinander schlafen. Es ist toll, es ist wunderbar. Abgesehen davon, daß… na ja, daß alles feucht ist. Aber das macht nichts.«
    »Jane, wenn wir immer so miteinander schlafen, dann wirst du schwanger werden.«
    »Ach du lieber Gott! Daran hab ich nicht gedacht.« Die Vorstellung verblüffte sie. Sie könnte schwanger werden. Sie könnte ein Kind bekommen. Ja, dieses erstaunliche Ereignis könnte tatsächlich eintreten; was geschehen war, ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Sie kam sich wie eine Idiotin vor, weil sie nicht daran gedacht hatte, daß sie schwanger werden könnte; die langen Schatten von Krankheit und Verhängnis hatten diesen Gedanken völlig verdeckt.
    »Genau wie früher. Wie vor den Zeiten der Empfängnisverhütung.« Jerry lachte. »Vielleicht sollten wir schon mal unsere Ersparnisse zählen. Wenn wir das Jahr 1930 schreiben würden, wärst du jetzt eine überlastete Akademikergattin mit fünf Kindern.«
    »Fünf Kinder in weniger als einem Jahr, Herr Professor? Du bist mir schon einer.« Jane gähnte, herzhaft und ungeniert. Der Schlaf war nah, er würde ihr gut tun. »Es gibt doch diese Pillen für solche Fälle. Diese Pillen für danach.«
    »Kontrazeptiva.«
    »Yeah, man schluckt eine Pille, und man kriegt wieder die Regel. Kein Problem! Staatlich subventioniert und alles.« Sie kuschelte sich an ihn. »Das kriegen wir schon hin, Schatz. Jetzt wird alles gut. Alles wird gut. Ich bin ja so glücklich.«
    Die meisten Trouper waren eifrig damit beschäftigt, Daten zu schaufeln. Sie stellten gerade eine größere Netzpräsentation zusammen, um irgendeinen einflußreichen Freund von Juanita zu beeindrucken, der in den nächsten Tagen das Camp besuchen würde.
    Alex hatte den Eindruck, daß sich, abgesehen von Juanita selbst, keiner der Trouper so recht für die Arbeit an der Netzpräsentation begeistern konnte. Eine Netzpräsentation hatte jedoch ein potentielles Publikum von Millionen läppischer Netzabonnenten auf der ganzen Welt, und wer Juanita kannte, wußte auch, daß sie es wahrscheinlich bekommen würde.
    Die allgemeine Hektik ließ Carol Cooper jedoch kalt. Carol Cooper war in der Werkstatt mit Schweißarbeiten beschäftigt. »Computer mag ich nicht«, sagte sie zu Alex. »Ich bin eher ein analoger Typ.«
    »Ja«, sagte Alex und räusperte sich, »das war mir von Anfang an klar.«
    »Was ist denn in dem großen Plastikkanister da drin?«
    »Du bist sehr direkt, das ist mir auch gleich aufgefallen.«
    Carol brachte noch ein paar Schweißpunkte an einem gebogenen, verchromten Rohr an, dann legte sie es zum Abkühlen beiseite. »Für dein Alter bist du wirklich ein raffiniertes kleines Arschloch. Eine Schlinge am Ende eines smarten Seils festzuschweißen, darauf wär nicht jeder gekommen.« Sie nahm die Schweißbrille ab und setzte eine normale Schutzbrille auf.
    »Jetzt ist das ein smartes Lasso. Lassos sind nützlich. Komantschen haben mit Lassos Cojoten gefangen. Im Sattel natürlich.«
    »Klar«, höhnte Carol. »Wußtest du schon, daß Jane die Waffe, die du ihr mitgebracht hast, in die Latrine geworfen hat?«
    »Macht nichts, war wahrscheinlich ziemlich blöd von mir, ihr so ein Ding überhaupt anzuvertrauen.«
    »Du solltest nachsichtiger mit Janey sein«, sagte Carol tadelnd. Sie hob eine eingedellte Stoßstange des Strandbuggys hoch und spannte sie in einen großen Schraubstock. Unter dem geschlitzten Papierärmel sah man ihre Barometeruhr. Am rechten Handgelenk trug sie das Trouperarmband.
    »Klar war sie laut heute nacht«, meinte Carol nachdenklich, während sie den Schraubstock anzog. »Weißt du, als ich

Weitere Kostenlose Bücher