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Schwerter und Eiszauber

Schwerter und Eiszauber

Titel: Schwerter und Eiszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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gefallen.«
    Das Schimmerwesen am Heck pfiff dreimal. Die sich nervös windende, durchscheinende, silbrige Lichtgestalt war in der dunklen Nacht ebenso deutlich zu erkennen wie ihre Schwester am Bug.
    »Das ist das Zeichen!« rief Fafhrd heiser. »Fertig zum Wenden!« Und er warf sich mit dem ganzen Gewicht gegen die Ruderpinne und wendete sie zur Steuerbordseite, und das Ruder folglich nach Backbord, um einen nördlichen Kurs einzunehmen. Der Schwarze Renner reagierte sehr behäbig, entwand sich aber dem Griff von Strömung und Wind soweit, daß sich der Bug um ein oder zwei Grad nach Norden wendete, nicht mehr.
    Ein langer, flacher Blitzstrahl teilte den Himmel und zeigte das graue Meer bis zum Horizont, wo nun zwei riesige Wassersäulen auszumachen waren, die eine im Süden, die andere aus dem Westen herbeistürmend. Der Donner grollte wie Armeen oder Flotten, die zu einem eisenhallenden Armageddon zusammenstießen.
    Dann gab es nur noch loderndes Feuer und Chaos in der Nacht, gewaltige hochschwemmende Wellen und Winde, wie Riesen kämpfend, deren Köpfe den Himmel berührten. Während rings um das Schiff die Schimmerwesen ebenfalls kämpften, nun endlich zu viert, sich umkreisend, herniederstoßend und einander jagend. Das erstarrte Meer wurde aufgerissen, große Stücke davon wurden zum Himmel geschleudert, Abgründe taten sich auf, die bis zu dem schlammigen schwarzen Meeresgrund hinabzureichen schienen, von Menschenaugen noch nie geschaut. Blitze und ohrenbetäubende Donnerschläge gingen beinahe ineinander über und offenbarten alles. Und diese urzeitlichen Gewalten überlebte der Schwarze Renner auf irgendeine Weise, ein Strohhalm im Chaos, während Fafhrd und der Mausling ihr seemännisches Können bis auf das Äußerste strapazierten.
    Aus dem Südwesten eilte nun die zweite riesige Wassersäule wie ein sich bewegender Berg herbei und schickte gewaltige Dünungswellen vor sich aus, die Fafhrds Kurs sehr unterstützten, wurden sie davon doch nach Norden getrieben, immer weiter nach Norden. Während der erste Riese aus dem Süden abdrehte – so sah es jedenfalls aus – und diese beiden (Mondsäule und Sonnensäule?) zu kämpfen begannen.
    Und plötzlich fühlte es sich an, als wäre der Schwarze Renner gegen eine Mauer geprallt. Fafhrd und der Mausling wurden auf das Deck geschleudert. Als sie sich hastig wieder aufgerappelt hatten, stellten sie zu ihrer großen Verblüffung fest, daß das Leopardenboot in ruhigem Wasser schwamm, während Blitz und Donner in die Ferne gerückt waren, für ihre betäubten Ohren und halb geblendeten Augen kaum noch wahrzunehmen. Sterne und Mond waren nicht zu sehen, sie waren von undurchdringlicher Nacht umgeben. Schimmerwesen gab es auch nicht mehr. Das Segel war in Fetzen gerissen, das zeigte sich im schwachen Licht der Blitze. Unter seiner Hand spürte Fafhrd eine gewisse Lockerheit des Ruders, als habe die gesamte Steuereinrichtung den Beanspruchungen nicht standgehalten.
    »Wir hängen ein wenig tief an Heck und Steuerbord, meinst du nicht auch?« fragte der Mausling. »Wir müssen ein Leck haben. Vielleicht hat sich unter Deck auch etwas verschoben. An die Pumpe! Später können wir ein neues Segel setzen.«
    Und so arbeiteten sie mehrere Stunden stumm miteinander, wie oft in früherer Zeit, und machten Ordnung an Bord des Leopardenbootes und reparierten es, wo immer möglich, im Licht von zwei Laternen, die Fafhrd an den Mast gehängt hatte. Darin verbrannte er reinstes Leviathan-Öl, was kein Problem mehr war, denn der Sturm hatte sich zusammen mit den Blitzen verzogen, und die dunklen Wolken hingen tief am Himmel.
    Wie in dieser Nacht (und am Tag auf der anderen Seite) über ganz Nehwon. In den folgenden Monaten und Jahren liefen Gerüchte über die Große Dunkelheit um, wie sie allgemein genannt wurde, eine Dunkelheit, die stundenlang ganz Nehwon eingehüllt hatte, so daß niemals wirklich bekannt wurde, ob der Mond tatsächlich auf ungeheuerliche Weise halb um die Welt gereist war, um gegen die Sonne zu kämpfen und dann an seinen vorgesehenen Platz zurückzukehren, oder nicht; obwohl immer wieder behauptet wurde, es habe Zeugen gegeben, die eine solche Reise durch schmale Spalten in der Wolkendecke beobachten konnten und daß sogar die Sonne selbst sich kurz von ihrem Weg entfernt habe, um gegen den Mond anzutreten.
    Nach einer gewissen Zeit legten die beiden Freunde eine Pause ein, und Fafhrd sagte leise: »Ohne die Schimmerwesen ist es einsam, meinst du nicht

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