Schwerter und Eiszauber
die Landmassen in dunkelsten Grün- und Brauntönungen, doch alles düster schimmernd wie blau, grün und braun angelaufenes Eisen. Insgesamt ergab sich die Illusion, als wäre die Kugel eine Riesenblase, die ewig durch unendlich verschmutztes, öliges Wasser aufstieg – ein Bild, nach dem manche lankhmarischen Philosophen ihre eigene Welt beschreiben. Südlich der Ostländer und des Großen Äquatorozeans war sogar eine ringförmige Wassermauer dargestellt, eine Handspanne breit und drei Finger hoch, eine Mauer, wie sie nach Ansicht eben dieser Philosophen die Sonne der Hälfte Nehwons verbirgt, über der sie schwebt, obwohl am Grunde des flüssigen Kraters jetzt keine grelle Sonnenscheibe lag, sondern lediglich ein bleicher Schimmer, der ausreichte, das Innere der Kugel zu erleuchten.
Soweit die vier langen, sich ständig bewegenden Glieder nicht von einer weiten Robe verdeckt wurden, zeigten sie kurze, steife schwarze Haare, die von Eis angegraut oder eingehüllt waren, während sein schmales Gesicht bösartig wirkte wie das einer Spinne. In diesem Augenblick hob Es die ledrigen Lippen und erforschte auf nervöse Weise mit langnägeligen Fingern ein Gebiet der Landkarte, auf dem ein winziger, schimmernder schwarzer Fleck südlich des Blau und inmitten einer braunen Fläche die Stadt Lankhmar kennzeichnete, an der südlichen Küste des Binnenmeeres gelegen. War es Sein Atem, der sich kalt zeigte, oder beschwor Sein Wille den weißen Hauch herauf, der über den schwarzen Fleck fuhr? Was immer – der Dunst verging wieder.
Auf mingolisch rief das Wesen mit schriller Stimme: »Fort sind sie, die Hexen! Khahkht sieht jede Fliege sterben und schickt Seinen vernichtenden Atem, wohin Es will. Die Mingols plündern, die Welt achtet's nicht. Frauen mengen sich ein, Helden fallen. Und jetzt ist die Zeit, mit dem Bau der Frost-Monstreme zu beginnen.«
Es öffnete eine kreisförmige Falltür in der Gegend des Südpols und ließ sich an einem dünnen Seil in die Tiefe hinab.
Drei Tage vor dem dritten Mond war der Mausling durch und durch angewidert, müde bis zur Erschöpfung und durchgefroren. Füße und Zehen fühlten sich kalt an in den schönen, fellausgekleideten Stiefeln, die sich langsam unter seinen Sohlen hoben und senkten, der Bewegung des kalten Schiffsdecks folgend, das im Takt der langen, flachen Dünung schwankte. Er stand neben dem kurzen Hauptmast, von dessen langer Rah (länger als die Spiere) das locker gereffte Segel in gefrorenen Girlanden herabhing. Vor dem vage erkennbaren niedrigen Bug und Heck und jenseits der Mastspitze wurde die Umwelt durch einen Nebel aus winzigen Eiskristallen ausgelöscht, wir Zirruswolken, die sich aus der Höhe des Stardocks herabgesenkt hatten, durchströmt von dem Licht eines unsichtbaren gewölbten Mondes, noch beinahe voll angeschwollen, perlgraue Helligkeit verströmend. Die Flaute ringsum, die allgemeine Ruhe, die aller Erfahrung widersprach, schien die Kälte noch tiefer wirken zu lassen.
Die Stille war jedoch nicht absolut. Ein leises Rauschen und Tropfen war zu hören, vielleicht sogar das unmerklichste Knacken einer denkbar dünnen Eisschicht – mit jeder Bewegung, mit der die Schiffshülle dem Auf und Ab des Meeres folgte. Daraus ergab sich ein leises Knirschen der Hölzer und Takelage der Treibgut . Und darunter oder darüber hinaus lauerten noch schwächere Geräusche in den Randbezirken des Unhörbaren. Mit einem Teil seines Verstandes, der ohne bewußte Anstrengung arbeitete, bemühte sich der Mausling endlos, diese feinsten Laute wahrzunehmen. Er hatte keine Lust, sich von einer Mingolflotte oder auch nur einem einzelnen Schiff überraschen zu lassen. Die Treibgut war ein Transportschiff und nicht aufs Kämpfen eingerichtet – dies mußte er sich immer wieder vor Augen führen. Sehr absonderlich waren einige dieser leisen realen oder eingebildeten Geräusche, die aus dem kalten Nebel herbeiwehten – das Brechen gewaltiger Eismassen, viele Meilen entfernt, das Dröhnen und Klatschen gewaltiger Ruder in noch größerer Entfernung, ein vages jämmerliches Kreischen und, noch weiter entrückt, ein tiefes drohendes Knurren und ein Gelächter wie von Unholden, die außerhalb der Grenzen Nehwons hausten. Er dachte an die unsichtbaren Flugwesen, die sich in der schneekalten Luft Stardocks herumgetrieben hatten, als Fafhrd und er diesen höchsten Gipfel Nehwons erstiegen.
Die Kälte unterbrach seine Gedankenkette. Nur zu gern hätte der Mausling mit den
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