Schwerter und Eiszauber
dem nach Osten wehenden dünnen Rauchstreifen. Das Gestein war diamanthart, schien aber mit seinen zahlreichen Vorsprüngen wie für das Bergsteigen gemacht. Trotzdem war er erschöpft und begann sich Vorwürfe zu machen, weil er seine Männer in großer Gefahr zurückgelassen hatte (darauf lief es hinaus), um hier eine wildromantische Schnitzeljagd zu veranstalten. Der Wind kam von Westen und traf ihn also von der Seite.
Dies hatte er nun davon, daß er ein Mädchen auf eine gefährliche Expedition mitnahm und auf Frauen hörte – in diesem Fall auf eine Frau. Afreyt war sich ihrer Sache ganz sicher gewesen und hatte sich dermaßen königlich-kommandierend geäußert, daß er gegen sein besseres Wissen eingewilligt hatte. Genau genommen jagte er jetzt in erster Linie wegen Afreyt hinter dem Mädchen her – aus Sorge, was sie von ihm halten würde, wenn der Kleinen etwas zustieß. O ja, er wußte sehr wohl, mit welchen Gründen er sich am Morgen dazu gebracht hatte, diese Aufgabe selbst zu übernehmen, anstatt einige seiner Leute loszuschicken. Er hatte vorschnell geschlossen, daß Prinz Faroomfar Mara entführt hatte, und hegte nun die Hoffnung (gestützt durch Afreyts und Cifs Schilderung, wie sie durch fliegende Bergprinzessinnen vor Khahkhts Zauber gerettet worden waren), daß Prinzessin Hirriwi, seine Geliebte aus einer weit zurückliegenden Nacht, unsichtbar herbeifliegen und ihm gegen ihren verhaßten Bruder Hilfe anbieten würde.
Das war noch so ein Ärger mit den Frauen – sie waren nie zur Stelle, wenn man sie sehen wollte oder dringend brauchte. Sie halfen sich untereinander, das stimmte schon, doch von den Männern erwarteten sie unmögliche Heldentaten, mit denen sie sich des großen Geschenks ihrer Liebe als würdig erweisen sollten (und worin bestand dieses Geschenk, wenn man es schließlich erhielt? In einer hastigen und schnell beendeten Umarmung im Dunkeln, erleuchtet nur durch die stumme, unverständliche Vollkommenheit einer zarten Brust, die eher verwirrte und traurig stimmte).
Der Hang wurde steiler, das Licht färbte sich röter, und Fafhrd begannen die Muskeln zu schmerzen. So wie die Dinge sich entwickelten, würde die Dunkelheit ihn am Hang überraschen, der dann auch noch den Mond mindestens zwei Stunden lang verdeckte.
Unternahm er diese Suche nach Mara nur wegen Afreyt? Ging es nicht auch darum, daß sie denselben Namen hatte wie seine erste junge Geliebte, die er mit seinem ungeborenen Kind im Stich gelassen hatte, um Schneewinkel mit einer anderen zu verlassen, die er dann ebenfalls verließ – oder ahnungslos in den Tod führte, was im Grunde dasselbe war? Lag ihm nicht vielmehr daran, jene andere Mara zu beschwichtigen, indem er diese kindliche Mara rettete? Auch das war lästig bei den Frauen, zumindest bei den Frauen, die man liebte oder einmal geliebt hatte – sie hörten nicht auf, einem Mann Schuldgefühle einzugeben, selbst über den Tod hinaus. Ob man sie nun liebte oder nicht, unsichtbar war man an jede Frau gekettet, mit der man je zusammen gewesen war.
Aber war das auch schon die höchste Wahrheit, die hinter seiner Suche nach dem Mädchen steckte? Er zwängte seine Analyse in den nächsten verschlungenen Spalt, so wie seine gefühllos werdenden Hände im schmutzigen roten Licht nach den nächsten Vorsprüngen des steiler werdenden Felshangs suchten. Erregte ihn nicht eigentlich der Gedanke an sie, so wie es Gott Odin passierte in seiner senilen Gier? War das der Grund, warum er und kein anderer auf Faroomfar Jagd machte – weil er den Prinzen als lüsternen Rivalen ansah bei diesem leckeren Stück Mädchenfleisch?
Wo er schon dabei war, fragte er sich auch gleich noch, ob er nicht schon im fernen Lankhmar von Afreyts Mädchenhaftigkeit angelockt worden war – ihrer Schlankheit trotz der Größe, ihren kleinen und vielversprechenden Brüsten, ihren Geschichten über verträumte Jugendspiele mit Cif, ihrer violettäugigen Romantik, ihrem verrückten Mut? Das und ihr Reifinsel-Silber hatten ihn an die Kette gelegt und ihn mit dem die Einsamkeit suchenden Gefährten Mausling den Weg beschreiten lassen, der dazu führte, daß er ein verantwortungsbewußter Anführer geworden war. Heute aber hatte er den Schritt zurück vollzogen, hatte er seine Männer im Stich gelassen. (Er erflehte bei den Göttern, daß Skor einen klaren Kopf behielt und daß wenigstens einige seiner Predigten und Übungen Wirkung gezeigt hatten!) Aber oh! – seine lebenslange Ergebenheit
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