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Schwerter und Eiszauber

Schwerter und Eiszauber

Titel: Schwerter und Eiszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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gegenüber Mädchen, diesen launischen, unschuldigen, berechnenden, eisig blickenden, kaltherzigen, wankelmütigen, heimtückischen kleinen Ungeheuern! Diesen weißen, schmalhalsigen, spitzzähnigen, endlos hüpfenden Wieseln mit den seelenvollen Augen von Lemuren!
    Die blindlings emporgereckte Hand stieß ins Leere, und er erkannte, daß er in seiner temperamentvollen Selbsteinkehr das Ende des Hangs erreicht hatte, ohne es zu merken. Mit verspäteter Vorsicht hob er den Kopf, bis er über die Kante blicken konnte. Die letzten dunkelroten Strahlen der Sonne offenbarten ihm einen von losem Gestein bedeckten Vorsprung von etwa zehn Fuß Breite; dahinter stieg der Berg weiter steil empor, dort aber ohne Schnee. In der kahlen Bergwand klaffte ihm gegenüber eine große Vertiefung oder Höhle, breit wie der Vorsprung und etwa zweimal so hoch. In dieser großen Öffnung war es sehr dunkel, doch er konnte Maras hellroten Mantel erkennen, dessen Kapuze angehoben war, und in dieser Kapuze, in ihrem Schatten liegend, das kleine Gesicht des Mädchens, sehr bleich, mit dunklen Augen – im Grunde nur ein Fleck in der Dunkelheit, der ihn anstarrte.
    Er erklomm den Vorsprung, wobei er sich mißtrauisch umsah, und ging dann, leise ihren Namen rufend, auf das Mädchen zu. Sie antwortete nicht mit Stimme oder Geste, starrte ihn aber weiter an. Aus dem Berg wehte ein warmer, schwach nach Schwefel riechender Wind und bewegte den roten Mantel. Fafhrd ging schneller, erfüllt von einer Vorahnung übler Schrecken, und riß das Tuch zur Seite. Darunter kam ein kleiner grinsender Totenschädel zum Vorschein, den jemand auf ein etwa vier Fuß hohes schmales Holzkreuz gesetzt hatte.
    Schwer atmend machte Fafhrd einige Schritte rückwärts. Die Sonne war untergegangen, und der graue Himmel wirkte plötzlich weiter und bleicher. Die Stille war total. Fafhrd blickte in beiden Richtungen den Felsvorsprung entlang – nichts. Dann starrte er wieder in die Höhle, und seine Wangenmuskeln verkrampften sich. Er ergriff Eisen und Feuerstein, öffnete den Zunderbeutel und entzündete eine Fackel. Er hielt sie mit der Linken in die Höhe und bewegte in der rechten Hand die blanke Axt hin und her – so schritt er in die Höhle hinein, in die Tiefe des Berges, vorbei an der unheimlichen winzigen Vogelscheuche, dem fortgeworfenen roten Mantel ausweichend. Er folgte dem seltsam glatten Gang, der groß genug war für einen Riesen oder ein geflügeltes Monster.
     
    Der Mausling wußte bald nicht mehr, wie lange er den vier gottesfürchtigen Frauen durch die seltsam tunnelähnliche Höhle folgte, die unter dem Gletscher hindurch immer tiefer in das Herz des Vulkans Dunkelfeuer führte. Jedenfalls lange genug, daß er unterwegs die dickeren Enden der drei Äste ankerben konnte, damit die halb aufgerollten Späne sich schneller entzünden ließen. Und auf jeden Fall lange genug, um genug zu haben von dem Todeslied auf die Mingols, das ihm inzwischen nicht mehr nur im Kopf herumging, sondern von den vier gebannt ausschreitenden Frauen ausgesprochen wurde, als handele es sich um ein Marschlied – ähnlich wie Gronigers Männer die Worte vor sich hin gesagt hatten. In diesem Fall brauchte er sich allerdings nicht zu wundern, woher sie die Verse kannten, waren sie doch an jenem Abend in der Flammenhöhle dabeigewesen, als Gott Loki aus dem Feuer sprach, aber das machte die Strophen um keinen Deut erträglicher oder weniger ermüdend.
    Zuerst hatte er auf Cif einzuwirken versucht, die mit den anderen wie eine gehetzte Mänade dahineilte, hatte ihr eingeredet, daß es doch unklug sei, tollkühn in eine unerforschte Höhle vorzudringen, doch sie hatte nur auf Rills Fackel gedeutet und gesagt: »Sieh doch, wie das Feuer voranstrebt! Der Gott befiehlt uns zu gehen.« Und dann hatte sie den Singsang fortgesetzt.
    Nun, er konnte nicht leugnen, daß die Flamme auf unnatürliche Weise nach vorn geneigt war, während sie bei dem hastigen Lauf durch den Tunnel eigentlich nach hinten hätte züngeln müssen; außerdem brannte sie schon länger, als man von einer Fackel erwarten konnte. Der Mausling hatte sich also damit begnügen müssen, sich den durch das Gestein zurückgelegten Weg nach bestem Vermögen einzuprägen, einen Weg, der zuerst recht kalt gewesen war (kein Wunder bei dem über dem Tunnel lastenden Eis!), jetzt aber merklich wärmer geworden war, während von der Luft ein schwacher Schwefelgeruch herbeigetragen wurde. Wie dem auch sein mochte, niemand zwang

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