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Schwerter und Eiszauber

Schwerter und Eiszauber

Titel: Schwerter und Eiszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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ihn, Spaß zu haben an seiner Rolle als Werkzeug und Spielball geheimnisvoller Kräfte, die mächtiger waren als er, Kräfte, die sich nicht einmal die Mühe machten, ihm die Worte zu offenbaren, die sie durch ihn sprachen (die Angelegenheit mit der Rede, die er gehalten hatte, ohne ein Wort davon mitzubekommen, machte ihm immer mehr zu schaffen). Und vor allem brauchte er seine Unterwerfung unter das Unergründliche nicht auch noch dadurch zu feiern, daß er wie die Frauen geistlos Worte über Tod und Verderben wiederholte.
    Außerdem gefiel es ihm ganz und gar nicht, Frauen verpflichtet zu sein und immer mehr in ihre Angelegenheiten hineingezogen zu werden, ein Gefühl, das sich verstärkt hatte, seit er vor drei Monaten Cifs Auftrag angenommen hatte, einen Auftrag, der dann wiederum zu seiner Abhängigkeit von Pshawri und Mikkidu und all den Männern geführt hatte und weg von seinen persönlichen Zielen und seiner Selbstachtung.
    Vor allem anderen mißfiel ihm seine Abhängigkeit von der Idee, er sei ein ungeheuer schlauer Bursche, der alle kleinen und großen Götter um den kleinen Finger wickeln könne, ein Mann, von dem jedermann gottesgleiche Taten erwartete. Warum konnte er nicht zumindest Cif eingestehen, daß er kein Wort von seiner angeblich so großartigen Rede mitbekommen hatte? Und wenn er wirklich so mächtig war, warum zeigte er den Göttern nicht, was eine Harke war?
    Der lange Tunnel, dem sie gefolgt waren, mündete in einer von Dämpfen durchzogenen größeren Höhle und endete plötzlich vor einer mächtigen Felswand, die nach beiden Seiten und nach oben kein Ende zu nehmen schien.
    Die Frauen unterbrachen ihr dumpfes Lied, und Rill rief: »Wohin jetzt, Loki?«, und Hilsa sprach mit zitternder Stimme dieselben Worte. Mutter Grum knarrte: »Sag es uns, Wand!«, und Cif forderte laut: »Sprich, o Gott!«
    Während die Frauen diese Worte sagten, trat der Mausling leise vor und legte eine Hand an die Felswand. Sie war so heiß, daß er beinahe zurückgezuckt wäre, aber eben nur beinahe, und unter Handfläche und ausgebreiteten Fingern spürte er einen gleichmäßigen kräftigen Pulsschlag, einen Rhythmus im Gestein, als tönte das Lied der Frauen auch durch den ganzen Berg.
    Wie zur Antwort auf das Verlangen der Frauen flammte die Loki-Fackel, die inzwischen bis auf einen kleinen Stummel abgebrannt war, zu einer gewaltigen siebenfachen Flamme empor, die beinahe unerträglich hell loderte – ein Wunder, daß Rill sie halten konnte. Das Licht offenbarte die erschreckende Ausdehnung der Felsfläche, vor der sie standen. Im gleichen Augenblick schien das Gestein unter der Hand des Mauslings mit jedem Taktschlag des Liedes auf ungeheure Weise zu zucken, und auf gleiche Weise bewegte sich auch der Boden. Plötzlich wölbte sich die gewaltige Felsfläche vor, und die Hitze steigerte sich ebenfalls ins Ungeheure, und der Schwefelgeruch nahm dermaßen zu, daß alle würgten und husteten, während sie vor ihrem inneren Auge ein Erdbeben sahen und Fluten roter Lava, die aus dem Innern des Berges herausbrachen und die Höhle überschwemmten.
    Es spricht für die Umsicht des Mauslings, daß er in den Sekunden der Panik und erschrockenen Ungewißheit daran dachte, einen seiner Äste in die grelle Flamme zu halten. Und das war nur gut so, denn die mächtige Gottesflamme erstarb plötzlich so schnell, wie sie aufgelodert war, und ließ das schwache Licht des brennenden Zweiges aus ganz gewöhnlichem Holz zurück, den er mit beiden Händen hielt. Rill ließ den kurzen Rest der ausgebrannten Fackel mit einem Schmerzensschrei zu Boden fallen, als merke sie erst jetzt, daß sie Verbrennungen davongetragen hatte, während Hilsa zu wimmern begann und die Frauen wie betäubt herumtasteten.
    Als sei das Kommando mit der Fackel wortlos auf den Mausling übergegangen, führte er sie den Weg zurück, auf dem sie gekommen waren, fort von den üblen Dämpfen, durch die jetzt beunruhigend düsteren Gänge, die er als einziger sich gemerkt hatte und in denen noch immer die schreckliche Felsmusik dröhnte als Echo des Menschenliedes, eine Symphonie drohender Vernichtung, die auf monströse Weise in solidem Gestein weitergegeben wurde, der segensreichen Außenwelt voller Licht, Luft und Himmel entgegen, voller Felder und weitem Ozean.
    Die Voraussicht des Mauslings war damit aber noch nicht erschöpft (ein so weitreichendes Vorgefühl, daß er manchmal nicht zu sagen wußte, was er eigentlich spürte), denn im Augenblick größter

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