Schwerter und Rosen
von Hilgartsberg vernehmen, der eleganter und noch schlanker wirkte als noch vor einem Jahr. »Ich denke, wir sehen uns jetzt öfter«, prophezeite Curd. Denn da sie nun alle Mitglieder des kaiserlichen Hofstaates waren, standen die Chancen darauf besser denn je. »Ach, Arnfried«, warf Blanda ein, bevor sie sich zu den anderen Damen zurückzog, um die Männer in Ruhe über die politischen Ereignisse diskutieren zu lassen. »Könntet Ihr mir eine Abschrift Eures Versepos zukommen lassen?« Als der Ritter leicht errötete, setzte sie ermutigend hinzu: »Ich bin sicher, dass Ihr damit früher oder später sehr berühmt werdet.«
Grafschaft Huntingdon, März 1194
»Der König ist frei, der König ist frei!« Vor Aufregung über seine eigenen Füße stolpernd stürmte der Sohn des Stallmeisters über den vom Frühjahrsregen aufgeweichten Hof des Landsitzes der Huntingdons und trampelte in die Halle, in der Harold, Catherine, Lady Marian und ihr Gemahl vor dem wärmenden Feuer saßen und zwei Kleinkindern dabei zusahen, wie sie sich auf allen Vieren über den strohbedeckten Steinboden jagten. »Er soll nächste Woche in Sandwich landen!« Sowohl Harold als auch Robin of Loxley waren aufgesprungen, um sich bei dieser Nachricht vor Freude in die Arme zu fallen. »Bist du sicher, Robert?«, fragte der Herr des Hauses gezwungen streng. Und als der Knabe heftig nickte, klopfte er ihm überschwänglich auf die Schulter, sodass der Junge erschrocken zusammenzuckte. Über ein Jahr war der König nach der Gefangennahme in Österreich in Haft gewesen, wodurch sich für Harold das böse Omen der Fledermaus, die bei seiner Krönung um den Altar geflattert war, erfüllt hatte. Aber jetzt war er wieder auf freiem Fuß und auf dem Weg nach England, um auch die letzten Wurzeln des Widerstandes auszureißen.
Harold hatte kurz nach seiner Ankunft seinen Bruder Guillaume dank der Männer, die ihm in Leicester unterstanden, in die Flucht geschlagen. Doch nachdem sich dieser – ebenso wie Richards Bruder, John Lackland – nach Frankreich abgesetzt hatte, gab es immer noch genügend bestechbare Männer im Land, welche die für das Lösegeld des Königs erhobene Besitzsteuer in die eigene Tasche hatten wirtschaften wollen. Nur mithilfe der tapferen Recken um Harolds Freund Robin, der den Beinamen Hood inzwischen wieder abgelegt und Lady Marian geehelicht hatte, war es gelungen, die immense Summe aufzubringen und sicher aufs Festland zu befördern. »Dann kehrt vielleicht endlich wieder Frieden ein«, ließ sich Catherine vernehmen, die inzwischen ihre Tochter Aliénor, die ihrem Zwillingsbruder William wie aus dem Gesicht geschnitten war, auf den Schoß genommen hatte, um ihr die Rußflecken von dem zierlichen Näschen zu wischen. Da sich Berengaria von Navarra nach Richards Festsetzung zurückgezogen hatte und wie eine Nonne lebte, hatte sie für ihre ehemaligen Hofdamen keine Verwendung mehr gehabt. Was Catherine als Anlass dafür gesehen hatte, sich um ihren eigenen Haushalt und die Erziehung der quirligen Zwillinge zu kümmern. »Ja«, versetzte Harold mit einem schelmischen Seitenblick auf seinen Freund Robin, den das Gespenst des Nichtstuns ebenso ängstigte wie den Earl of Leicester. »Oder Richard startet einen Feldzug gegen John und Philipp!«
Nachwort
Fakten und Fiktion
Obgleich ich mich in dem vorliegenden Roman so weit wie möglich an geschichtliche Fakten gehalten habe, war es dennoch an manchen Stellen nötig, Ergänzungen vorzunehmen, beziehungsweise Personen und Handlungsorte umzudefinieren. So musste beispielsweise der Erzbischof von Canterbury, Balduin of Exeter, aufgrund des dramatischen Konfliktes in England verbleiben, obwohl er in Wirklichkeit im Sommer 1190 vor der belagerten Stadt Akkon eintraf und im November des gleichen Jahres dort verstarb; der Earl of Arundel musste einige Jahre vor seinem historisch verbrieften Verscheiden das Leben lassen, in Wirklichkeit starb er eines natürlichen Todes; und einer der Helden des dritten Kreuzzuges, Robert Earl of Leicester, musste in Personalunion mit dem Earl of Huntingdon gehen. Die Figur des Harold of Huntingdon ist rein fiktional (der echte Earl of Huntingdon war ein gewisser David of Scotland) und beruht ausschließlich auf meiner Fantasie. Gerade im Fall des Earls of Leicester habe ich mir einige dichterische Freiheiten erlaubt, die aus Anforderungen resultieren, die im zweiten Band dieser Geschichte ( Im Reich der Löwin ) deutlich werden (und die
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