Schwerter-Zylus 01 - Schwerter gegen den Tod
hatte. Ohne sich rühren zu können, beobachtete er dumpf die langsame, monströse Geburt. Unter dem dunkler werdenden Himmel sah er, wie der Tod, der ihm und seinem Begleiter zugedacht war, aus der Schale schlüpfte.
Einen ersten Eindruck von der Beschaffenheit der Wesen gab ihm eine lange, schwertähnliche Klaue, die sich durch einen Riß schob und ihn weiter verbreiterte. Jetzt regneten die Bruchstücke der Eierschalen förmlich zu Boden.
Die beiden Wesen, die sich in der Dämmerung aufrichteten, kamen selbst den betäubten Sinnen des Mauslings riesig vor. Schlenkrig gehend, standen sie aufrecht wie Menschen, waren jedoch größer und hatten knochige Reptilienköpfe, Klauenfüße wie Eidechsen, spitzenbewehrte Schultern, und die Vorderglieder endeten jeweils in einer meterlangen Klaue. Im Halbdämmer machten sie sich wie Karikaturen zweier schwerbewaffneter Menschen aus. Der Abend verhüllte nicht das Gelb ihrer blinzelnden Augen.
Dann rief die Stimme erneut: »Den Kriegern ein geziemendes Ende.«
Und mit diesen Worten fiel die Lähmung vom Mausling ab. Einen Augenblick lang hatte er das Gefühl, aus einem Traum zu erwachen. Doch dann sah er die eben ausgeschlüpften Wesen mit schrillen Schreien auf ihn zurasen. Neben sich vernahm er ein kurzes knirschendes Geräusch: Fafhrd riß sein Schwert aus der Scheide. Sofort zog der Mausling auch seine Klinge, und Sekunden später klirrte sie gegen eine stahlharte Klaue, die auf seinen Hals gezielt war. Gleichzeitig wehrte Fafhrd einen ähnlichen Schlag des anderen Ungeheuers ab.
Es folgte ein Alptraum. Klauen hieben und stachen nach den beiden Menschen. Allerdings nicht so schnell, daß man ihnen nicht noch ausweichen konnte, obwohl hier vier Klingen gegen zwei kämpften. Die Gegenangriffe prallten an den undurchdringlichen Knochenpanzern ab. Beide Wesen fuhren plötzlich herum und hieben nach dem Mausling. Fafhrd stürzte von der Seite herbei und rettete ihn im letzten Augenblick. Langsam wurden die beiden Freunde zurückgetrieben – auf die Küstenklippen zu. Die Ungeheuer schienen nicht zu ermüden, sie schienen aus Metall zu bestehen und nicht aus Fleisch.
Der Mausling sah das Ende kommen. Er und Fafhrd schafften es vielleicht, die Gegner noch eine Weile im Zaum zu halten, doch schließlich würde die Müdigkeit sie übermannen; ihre Abwehr würde erlahmen, und dann hatten die Monstren die Oberhand.
Wie um seine Vermutung wahr werden zu lassen, spürte der Mausling, wie eine Klaue sein Handgelenk ritzte. Und in diesem Augenblick erinnerte er sich an die dunklen, tiefliegenden Augen, die sie über das Äußere Meer gelockt hatten, an die Stimme, die dieses Unheil auf sie herabbeschworen hatte.
Eine seltsame Wut überkam ihn – nicht auf die beiden Ungeheuer, sondern auf ihren Herrn. Er vermeinte die schwarzen toten Augen wahrzunehmen, die ihn vom Sand herauf anstarrten. Dann verlor er die Beherrschung. Als die beiden Ungeheuer ihren nächsten Doppelangriff auf Fafhrd konzentrierten, sprang er nicht für seinen Freund in die Bresche, sondern huschte an den Kämpfenden vorbei in die Senke hinab – auf die dort begrabenen Eier zu.
Auf sich allein gestellt, kämpfte Fafhrd wie ein Wahnsinniger gegen die beiden Monstren, sein großes Schwert pfiff, und er verausgabte sich bis zum Letzten. Er merkte es kaum, als sich eines der Wesen umwandte, um seinen Begleiter zu verfolgen.
Der Mausling stand zwischen den Eiern und beäugte ein Exemplar, das etwas kleiner war als die übrigen und mehr glänzte. Aufgebracht ließ er sein Schwert darauf niedergehen. Der Schlag lähmte seine Hand, ließ jedoch die Schale zerplatzen.
Und da kannte der Mausling das schlimme Geheimnis der öden Küste – den Quell des Bösen, der von hier aus seine tödlichen Impulse aussandte und seinen Geist in ferne Länder schickte und Menschen in ihr Verderben lockte. Hinter sich hörte er das Hasten und aufgeregte Kreischen des Ungeheuers. Doch er wandte sich nicht um. Statt dessen hob er das Schwert und schlug mit einem pfeifenden Hieb nach dem Wesen, das sich dort in halb-embryonalem Zustand an den Geschöpfen weidete, die es in den Tod gerufen hatte, ließ die Klinge niedergehen auf die vorspringende Stirn des bleichen kleinen Mannes mit den dünnen Lippen.
Dann wartete er auf den tödlichen Klauenhieb. Doch es geschah nichts. Er wandte sich um und sah das Ungeheuer ausgebreitet im schwarzen Sand liegen. Ringsum zerfielen die schwarzen Eier zu Staub. Eine Silhouette vor dem dunklen
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