Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar
zu verbergen. Dafür machte sich jetzt ein heftiges Gesichtszucken bemerkbar, das seinen Kranz aus Gänseblümchen jeden dreizehnten Atemzug über seine Augen rutschen ließ – er hatte es gezählt und fand die Zahl entschieden ominös.
Außerdem hatte er nur wenig gegessen und seit heute früh keiner Auspeitschung mehr beigewohnt, so daß seine Nerven in keinem sehr gutem Zustand waren. Immerhin war es schon einen Tag her, daß er das freche Mädchen zur Bestrafung zu Samanda geschickt hatte. Bis jetzt war keine Nachricht von der unverschämten Palastdame gekommen! Glipkerio wußte natürlich um die Wirkung einer hinausgezögerten Bestrafung, aber in diesem Fall bedeutete das sein hinausgeschobenes Vergnügen! Die schreckliche Dicke müßte sich das doch denken können!
Jetzt zählte irgendein schwarzgekleideter Idiot neun Argumente auf, die Priesterschaft des ilthmarischen Rattengottes gegen Geld herzuholen und ihre Gebete aufsagen zu lassen. Glipkerio war nun schon so ungeduldig geworden, daß ihm nicht einmal mehr die schwülstigen Komplimente gefielen, mit der jeder Sprecher seine Rede einleitete, außerdem stand ihm der schlimmste von allen, Olegnya Mingolsbane, noch bevor.
Ein Page näherte sich, kniete nieder und hielt ihm respektvoll ein schmutziges Pergament hin, das zweimal zusammengefaltet und mit Kerzenfett versiegelt war. Er riß es an sich, musterte Samandas großen Daumenabdruck in dem schmutzigen Wachs und las den Text:
Sie wird mit rotglühenden Drähten ausgepeitscht, Punkt drei. Kommen Sie nicht zu spät, mein kleiner Oberherr, denn ich warte nicht.
Glipkerio sprang auf, auf die Frage konzentriert, ob er eben die halbe oder die dreiviertel Stunde hatte schlagen hören.
Er schwenkte das wieder zusammengefaltete Pergament herum – oder vielleicht durchlief seine Hand ein Zucken, das er nicht zu meistern vermochte – und sagte atemlos: »Wichtige Nachrichten über meine Geheimwaffe. Ich muß mich sofort mit dem Absender beraten.« Und ohne auf die Reaktion zu warten, doch mit einem letzten Kopfzucken, das den Blumenkranz auf seine Nasenspitze rutschen ließ, eilte Lankhmars Oberherr durch einen Torbogen hinaus.
Hisvin glitt von seinem Stuhl, machte eine knappe Verbeugung in die Runde und huschte ihm nach. Er holte Glipkerio draußen im Korridor ein, griff nach dem mageren Ellenbogen des Monarchen, sah sich verstohlen um und rief leise: »O freue dich, du kluger Geist, der Lankhmars Führer ist, denn der langsame Planet hat endlich seine Stellung bezogen, hat seine Sternenflotte getroffen, und heute nacht spreche ich die Zauberformel, die Ihre Stadt von den Ratten errettet!«
»Wie? Was? O ja. Gut, gut«, erwiderte der andere und bemühte sich, dem Griff Hisvins zu entkommen. »Aber jetzt muß ich eilig ...«
»Sie wartet auf ihre Strafe«, zischte Hisvin verächtlich. »Ich sagte, daß ich heute um zwölf meinen Spruch aufsage, der Lankhmar vor den Ratten rettet und auch Ihren Thron schützt!«
»Aber darum geht es doch – sie wartet bestimmt nicht«, erwiderte Glipkerio aufgebracht. »Es ist zwölf, sagen Sie? Aber das ist unmöglich! Es kann noch nicht drei gewesen sein!«
»O weiser und geduldiger Herrscher, Meister über Zeit und Raum«, knurrte Hisvin unbeirrbar. Dann grub er seine Fingernägel in Glipkerios Arm und sagte betont: »Ich sagte, daß es heute nacht soweit ist. Meine dämonischen Berater versichern mir, daß die Ratten sich heute zurückhalten wollen, um die Stadt in Sicherheit zu wiegen. Dann um Mitternacht wollen sie einen Großangriff beginnen. Um sicherzugehen, daß sie alle in den Straßen sind und dort bleiben, während ich vom größten Palast-Minarett meinen Zauber verbreite, müssen Sie eine Stunde vorher alle Soldaten und Polizisten in die Südkaserne schicken. Sagen Sie General Olegnya, Sie möchten, daß er ihnen eine stimmungsvolle Rede hält, so etwas ist gut für die Moral. Der alte Schwätzer wird sich diesen Leckerbissen nicht entgehen lassen. Haben ... Sie ... mich ... verstanden ... Oberherr?«
»Ja, ja!« plapperte Glipkerio eifrig und verzog schmerzhaft das Gesicht, weil Hisvins fester Griff sich nicht lockerte.
Er wollte so schnell wie möglich weiter. »Elf Uhr heute nacht ... alle Soldaten und Polizisten von den Straßen ... Lobrede Olegnyas. Und jetzt, bitte, muß ich los ...«
»Um zuzusehen, wie ein Mädchen ausgepeitscht wird«, beendete Hisvin den Satz. Wieder gruben sich seine Fingernägel in Glipkerios Fleisch. »Punkt Viertel
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