Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts
zitterte.
Das wurde auch nicht besser, als die Priesterin ihren Stab senkte.
Eine nach der anderen knieten die Nonnen sich außer Sichtweite nieder und machten einige nicht allzu ausgedehnte Bewegungen. Dann senkte jede für kurze Zeit den Kopf, und schließlich erhoben sich alle gemeinsam.
Eine nach der anderen tat jede der sechs Nonnen das gleiche.
Die Priesterin berührte die letzte Nonne mit ihrem Stab an der Schulter, um sie auf sich aufmerksam zu machen, und reichte ihr ein weißes Seidenband. Letztere kniete nieder und hatte, als sie aufstand, das Band nicht mehr in der Hand.
Eher schnell als feierlich hob die Priesterin ein weiteres Mal den Stab mit der Sternspitze, die Mädchenpagen gingen in einem fröhlichen Geschwindmarsch voran, die Nonnen falteten eilig das Leichentuch, das sie so feierlich getragen hatten, die ganze Prozession machte kehrt und eilte im Geschwindschritt zum Wolkenschiff zurück, nicht weniger schnell, als man es niederschreibt, und schon setzte die Mannschaft die Segel.
Und noch immer konnte Finger sich nicht bewegen.
In der Zwischenzeit war der Himmel merklich heller geworden, bald würde die Sonne aufgehen, und während das Wolkenschiff überraschend schnell nach Westen davonsegelte, nahm es samt seiner Besatzung für eine kurze Zwischenzeit einen Anschein zunehmender Unwirklichkeit an und stand plötzlich kurz vor dem endgültigen Verblassen, während gleichzeitig die Musik von Wellen herzlichen Gelächters abgelöst wurde.
Finger spürte, daß ihre gefesselten Muskeln plötzlich befreit waren. Sie rannte los und blickte scheinbar schon im nächsten Augenblick in die flache Senke hinein, wo die tanzenden Nonnen ihre menschliche Bürde niedergelegt hatten.
Auf einem Beet junger, milchweißer Pilze lag gelassen ausgestreckt und mit einem leisen Lächeln der hochgewachsene gutaussehende Mann, den sie als Kapitän Fafhrd kannte und dem gegenüber sie eine so verwirrende Mischung von Gefühlen empfand. Er war doppelt nackt, denn zum einen war sein Körper vor kurzem komplett rasiert worden, abgesehen von den nur gestutzten Augenbrauen und Wimpern, und zum anderen war er völlig unbekleidet, mit Ausnahme von Bändern in den sechs Spektralfarben und Weiß. Sie zierten mit großen Schleifen sein schlaffes Glied.
»Andenken seiner sechs Gespielinnen, der Sargträgerinnen oder Tänzerinnen – und ihrer Herrin oder Anführerin«, sprach das Mädchen weise.
Und als sie die besondere Schlaffheit seines Organs und sein tief befriedigtes Lächeln bemerkte, fügte sie mit geschulter Anerkennung hinzu: »Gründlichst geliebt.«
Anfangs hatte ein heftiger Kummer sie überfallen, da sie ihn für tot hielt, doch eine genauere Untersuchung zeigte, daß seine Brust sich leise hob und senkte, und brachte sie auch in den Bereich seines warmen Atems.
Sie stupste ihn sanft über dem Brustbein in die Brust und sagte: »Wacht auf, Kapitän Fafhrd.«
Überrascht stellte sie fest, wie warm seine Haut war, jedoch nicht so warm, daß sie an Fieber denken mußte.
Wirklich verblüfft war sie von der Glätte seiner Haut. Die war schärfer rasiert, als sie es für möglich gehalten hätte, mit dem edelsten Stahl des Ostens. Genau in dem Augenblick, als die aufgehende Sonne eine Welle der Helligkeit ausschickte, beugte sie sich über ihn, erkannte jedoch nur ganz schwache kupferfarbene Tupfer wie von frisch gescheuertem Metall. Gestern hatte sie noch graue und weiße Haare unter den roten bemerkt. Da hatte er Gales ›Onkel‹ voll und ganz verdient. Jetzt aber – wirkte er wie verjüngt, die Haut geradezu kinderglatt, so makellos wie ihre eigene. Noch immer lächelte er im Schlaf.
Finger packte ihn fest an den Schultern und rüttelte ihn.
»Wacht auf, Kapitän Fafhrd«, rief sie. »Erhebt Euch wie die Sonne!« Und fügte dann in spitzbübischer Stimmung hinzu, da sein Lächeln, das allmählich ganz und gar dümmlich wirkte, sie reizte: »Kajütenmädchen Finger meldet sich zur Stelle.«
Sobald sie die Worte gesprochen hatte, wußte sie schon, daß es ein Fehler war, denn nun regte er sich zwar auf ihr Rütteln, richtete sich zum Sitzen auf, öffnete aber nicht die Augen und änderte auch seinen Gesichtsausdruck nicht. Plötzlich jagte das alles ihr Angst ein.
Um sich eine Denkpause zu verschaffen und sich über ihren nächsten Schritt klar zu werden, ging Finger zurück und holte Fafhrds Bademantel von der Stelle, wo sie ihn bei der Monduhr auf dem nassen Gras ausgebreitet hatte. Sie glaubte kaum,
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