Schwester der Finsternis - 11
mehr gab, würde die Konfessor-Magie nur weiterexistieren, wenn Kahlan Kinder bekam.
Gewöhnlich brachten Konfessoren Mädchen zur Welt, aber nicht immer. Ursprünglich war die Kraft einer Konfessor ausschließlich dafür geschaffen und bestimmt gewesen, von Frauen eingesetzt zu werden. Wie alle anderen Zaubermittel, die den Menschen von der Natur nicht vorgesehene Fähigkeiten eröffneten, hatte auch dieses unvorhergesehene Folgen: Es stellte sich heraus, dass auch die männlichen Kinder einer Konfessor diese Kraft besaßen. Nachdem man hatte erfahren müssen, wie tückisch sich diese Kraft bei Männern auswirken konnte, sonderte man alle männlichen Kinder bedenkenlos als minderwertig aus.
Dass Kahlan ein männliches Kind zur Welt bringen könnte, entsprach exakt den Befürchtungen der Hexe Shota. Shota war sich sehr wohl bewusst, dass Richard niemals wegen früherer Schandtaten männlicher Konfessoren der Tötung seines und Kahlans Sohn zustimmen würde. Auch Kahlan würde niemals zulassen, dass Richards Sohn getötet wurde. Die Unfähigkeit einer Konfessor, aus Liebe zu heiraten, hatte früher stets als eine der Begründungen dafür herhalten müssen, dass sie die Praxis der Kindestötung gefühlsmäßig ertrug. Indem er herausfand, wie er und Kahlan sich vereinigen konnten, hatte Richard auch diese Gleichung verändert.
Aber Shota hatte nicht einfach nur Angst, Kahlan könnte einen männlichen Konfessor gebären, ihre Befürchtungen bezogen sich auf etwas von möglicherweise weitaus größerem Gewicht – sie konnte einen männlichen Konfessor zur Welt bringen, der Richards Gabe besaß. Shota hatte geweissagt, Kahlan und Richard würden ein männliches Kind zeugen; ein solches Kind galt in Shotas Augen als bösartiges Ungeheuer, dessen Gefährlichkeit jedes Begriffsvermögen sprengte, daher hatte sie geschworen, ihren Nachwuchs zu beseitigen. Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, hatte sie ihnen jene Halskette geschenkt, die verhindern sollte, dass Kahlan schwanger wurde…
Kahlan fiel auf, dass Captain Meiffert die Andacht ein drittes Mal sprach, während Caras Lippen sich synchron zu seinen bewegten. Das leise Psalmodieren ließ Kahlan schläfrig werden.
Für Kahlan war es ein Luxus, unten im geschützten Lager bei Richard und Cara neben dem warmen Feuer liegen zu können, statt im Wagen bleiben zu müssen, zumal die Nacht kalt und feucht geworden war. Dank der Trage fiel es ihnen leichter, sie zu transportieren, ohne ihr übermäßig wehzutun.
Sie befanden sich weit abseits der schmalen, einsamen Straße, auf einer kleinen, in einem Spalt einer steilen Felswand verborgenen Lichtung hinter einem dichten, ausgedehnten, mit Kiefern und Fichten bestandenen Waldstück. Eine kleine Wiese nahebei diente als versteckte Koppel für die Pferde. Richard und Cara hatten den Wagen von der Straße herunter und hinter ein Gewirr aus abgestorbenem Holz gezogen und unter Fichten und Balsamzweigen versteckt. Niemand außer einem seinem Lord Rahl über die Bande verbundenen D’Haraner hatte mehr als eine geringfügige Chance, sie in dem ebenso end- wie weglosen Wald jemals aufzuspüren.
Der geschützte Flecken besaß eine Feuergrube, die Richard bei einem früheren Aufenthalt vor fast einem Jahr ausgehoben und mit einem Ring aus Steinen versehen hatte; seitdem war sie nicht mehr benutzt worden. Eine vorstehende Felsplatte ungefähr sechs oder sieben Fuß über ihnen verhinderte, dass der Schein des Lagerfeuers die Felswand hinaufleuchtete, und trug dazu bei, dass das Lager versteckt blieb. Dank ihrer Schräge blieben sie trotz des leichten Nieselregens, der mittlerweile eingesetzt hatte, geborgen und trocken. Da obendrein noch Nebel aufkam, war der Ort der geschützteste und sicherste Lagerplatz, den Kahlan je gesehen hatte. Richard hatte also Wort gehalten.
Es hatte eher sechs als vier Stunden gedauert, den Lagerplatz zu erreichen. Kahlan zuliebe hatte Richard nur ein langsames Tempo angeschlagen. Es war spät, und der lange Reisetag hatte sie alle ermüdet, von dem Überfall ganz zu schweigen. Richard hatte ihr erklärt, dass es so aussah, als könnte es ein oder zwei Tage lang regnen, und dass sie im Lager bleiben und sich ausruhen würden, bis das Wetter aufklarte. Sie hatten es nicht eilig, an ihr Ziel zu gelangen.
Nach der dritten Andacht erhob sich Captain Meiffert wankend. Er klopfte sich mit seiner rechten Faust zum Gruß auf das Leder über seinem Herzen. Richard lächelte, woraufhin sich die beiden
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