Schwester der Finsternis - 11
Augen, während er fortfuhr. »Wir sind besorgt, Lord Rahl könnte seinen Kampfeswillen verloren haben – und dass ihn das einfach alles nicht mehr interessiert. Oder hat er … vielleicht Angst, zu kämpfen?«
Der Ausdruck auf seinem Gesicht verriet Kahlan, dass er Repressalien befürchtete, weil er diese Dinge ansprach und diese Fragen stellte, doch offenbar war das Bedürfnis nach einer Antwort so groß, dass er bereit war, dieses Risiko einzugehen. Aus demselben Grund war er vermutlich selbst gekommen, um Bericht zu erstatten, statt einfach einen Boten zu schicken.
»Ungefähr sechs Stunden, bevor er diesen netten Eintopf aus Reis mit Bohnen fürs Abendessen kochte«, erwiderte Cara in beiläufigem Ton, »tötete er mehrere Dutzend Männer. Ganz allein. Hackte sie in Stücke, wie ich es noch nie gesehen habe. Die Grausamkeit hat sogar mich schockiert. Nur einen einzigen Mann ließ er für mich übrig, was ziemlich unfair von ihm war, wie ich finde.«
»Diese Neuigkeiten wird man gerne hören. Vielen Dank, dass Ihr mir davon erzählt, Herrin Cara.«
»Er kann keine Befehle erteilen«, sagte Kahlan, »weil er felsenfest davon überzeugt ist, dass seine Beteiligung an der Truppenführung im Kampf gegen die Armee der Imperialen Ordnung derzeit zu einer Niederlage unsererseits führen würde. Er glaubt, wenn er sich vorzeitig in den Kampf einmischt, haben wir keine Aussicht, jemals zu gewinnen. Er glaubt, den richtigen Augenblick abwarten zu müssen, das ist alles. Mehr steckt nicht dahinter.«
Kahlan fühlte sich ein wenig zerrissen, dass sie dazu beitrug, Richards Verhalten zu rechtfertigen, wo sie doch selbst nicht völlig damit einverstanden war. Im Moment hielt sie es für erforderlich, die Vorhut der Armee der Imperialen Ordnung im Auge zu behalten und ihr keine Gelegenheit zu geben, die Völker der Neuen Welt nach Belieben auszuplündern und abzuschlachten.
Der Captain ließ sich das durch den Kopf gehen, während er ein Stück Fladenbrot verspeiste. Die Stirn in Falten gelegt, gestikulierte er mit dem Stück, das übrig blieb. »Es existiert eine Schlachttheorie für diese Art von Strategie. Solange man noch Einfluss darauf hat, greift man nur an, wenn man selbst die Bedingungen bestimmt und nicht der Feind.« Er dachte einen Augenblick darüber nach und wurde immer lebhafter. »Trotz der Schäden, die der Feind in der Zwischenzeit anrichten kann, ist es besser, für einen Angriff den rechten Zeitpunkt abzuwarten, als zur Unzeit in die Schlacht zu ziehen. Ein solches Vorgehen wäre ein Zeichen von Unbeherrschtheit.«
»Das ist wohl wahr.« Kahlan zog ihren Arm zurück und drückte das rechte Handgelenk gegen die Stirn. »Vielleicht könnt Ihr es den anderen Offizieren in ebendiesen Worten erklären – dass es noch nicht an der Zeit ist, Befehle auszugeben, und er erst den richtigen Augenblick abwarten will. Ich denke, das unterscheidet sich nicht wirklich von der Erklärung, die Richard uns gegeben hat, aber vielleicht stößt eine solche Formulierung auf größeres Verständnis.«
Der Captain verspeiste seinen Fladenbrotrest und schien darüber nachzudenken. »Ich vertraue Lord Rahl mein Leben an und weiß, die anderen tun das auch, aber ich denke, eine solche Erklärung für seine Zurückhaltung bei der Befehlsausgabe wird alle beruhigen. Jetzt verstehe ich, warum er uns verlassen musste – er wollte damit der Versuchung widerstehen, sich in den Kampf zu stürzen, bevor die Zeit gekommen ist.«
Gerne wäre Kahlan von der Begründung ebenso überzeugt gewesen wie der Captain. Sie musste an Caras Frage denken, die hatte wissen wollen, wie sich das Volk Richard gegenüber beweisen konnte. Sie wusste, dass eine zweite Abstimmung für ihn nicht in Frage kam, andererseits sah sie keine andere Möglichkeit.
»Ich würde Lord Rahl gegenüber nichts davon erwähnen«, sagte sie. »Es fällt ihm schwer – keine Befehle erteilen zu können. Er versucht zu tun, was er für richtig hält, aber es ist nicht einfach, dieser Linie treu zu bleiben.«
»Verstehe, Mutter Konfessor. ›Seine Weisheit erfüllt uns mit Demut. Wir leben nur um zu dienen. Unser Leben gehört ihm.‹«
Kahlan betrachtete die glatten Züge und den schlichten Schnitt seines jungen, vom tanzenden Schein des Feuers beleuchteten Gesichts. Sie erkannte in diesem Gesicht etwas von dem, was Richard ihr vorhin hatte erklären wollen. »Richard ist nicht der Ansicht, dass Euer Leben ihm gehört, Captain, vielmehr glaubt er, dass es jedem
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